Читать книгу Von seelischer Selbstvergiftung und Hasskonserven - Barbara Gründler - Страница 8

2. Genese und Phänomenologie des Ressentiments 2.1 Französische Wortgeschichte

Оглавление

Da es unmöglich ist, den aus dem Französischen stammenden Begriff Ressentiment ins Deutsche zu übersetzen, wird er in seiner Ursprungsform verwendet. Er leitet sich von dem Verb ressentir ab und trägt die Bedeutung eines „nachhaltigen und so auch nachwirkenden Empfindens“.1

Dem Substantiv Ressentiment, das seit dem 16. Jahrhundert in der französischen Literatur nachgewiesen werden kann, kam längere Zeit eine inhaltlich neutrale Bedeutung zu. Molière verwendete den Begriff später sowohl mit der positiven Konnotation einer „dankbaren Zuneigung“,2 als auch mit der negativen Bedeutung einer „Empfindung des Beleidigten, der auf Rache sinnt“.3 Bei Michel de Montaigne überwog dann der eindeutige Negativakzent des Wortes, bei dem sich das nachhaltige und schmerzhafte Kränkungserleben mit einem Rachegedanken verbindet, der aufgrund von „Feigheit“4 nicht ausgeführt wird, und sich durch den Aufschub bis hin zur „Tötungsabsicht“5 steigern kann.

In der französischen Wortbedeutung erkennt der Philosoph Max Scheler ein „Immer-wieder-Durch- und -Nachleben der Emotion, (…) ein Nachfühlen, ein Wiederfühlen“,6 das in der wörtlichen Übersetzung des Verbes re-sentir deutlich wird. Da der Gekränkte sein Rachevorhaben nicht umzusetzen vermag, senkt sich das Wiedererleben des Schmerzes langsam in sein Inneres ein und führt nach Scheler zu einem dunkel durch die Seele wandelnden „‚Grollen‘ (…) und (…) Zürnen“.7 Auf die mit den feindseligen Gefühlen einhergehende Unfähigkeit zu reagieren, hat auch der französische Philosoph Gilles Deleuze hingewiesen, der feststellt: „Im Wort ‚Ressentiment‘ steckt ein überdeutlicher Hinweis: die Reaktion hört auf, ausagiert zu werden und wird statt dessen gefühlt (senti).“8

Von seelischer Selbstvergiftung und Hasskonserven

Подняться наверх