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18. Der Keksdosentrommler

Aber dann bist du auf die Anzeige von Wolfgang und Michael gestoßen?

Es war ’n paar Tage nach dem Pfannkuchen-Festival, und es muss draußen weiterhin kalt gewesen sein. Meine Mutter bat mich nämlich am frühen Abend, doch etwas Papier in den Kohleofen zu stecken. Dazu lagerte neben dem Ofen immer ’n Stapel alter Tageszeitungen. Ich setzte mich neben dem Ofen, und fing aus Langeweile, zwischendurch ’n paar alte Artikel zu überfliegen, um sie dann zusammengeknüllt in den Ofen zu stecken.

Dann kam die Seite mit den Kleinanzeigen, die mich eigentlich nicht interessierten, und eher zufällig entdeckte ich beim Zusammenknüllen in der Sparte „Vermischtes“ die Anzeige, die mein Leben verändern sollte: „Ambitioniertes Rock-Duo (Orgel, Gitarre und Gesang) mit eigenen Songs sucht ambitionierten Drummer mit einer Mischung aus Keith Moon, Buddy Rich und Ginger Baker zwecks Erweiterung zum Trio“.

Aber das bin ja ich, das bin ja ich, sagte ich zu mir. Hier schien alles zu passen: eine Band mit eigenen Songs, die jemanden suchten, der wie meine Lieblingsdrummer spielte. Innerlich stieß ich ’nen Freudenschrei aus, dann rutschte mir beim Blick auf das Zeitungsdatum das Herz in die Hose: Die Anzeige war bereits 14 Tage alt. Oh nein, die haben bestimmt schon längst jemanden gefunden, dachte ich panisch. Ich rannte sofort zum Telefon und wählte die Nummer. Michaels Mutter war am Apparat, die ihren Sohn an den Apparat holte.

„Hallo, meine Name ist Stefan“, sprach ich atemlos vor Aufregung in den Hörer, „wenn ihr euren Drummer noch nicht gefunden habt, dann bin ich derjenige, den ihr sucht.“

Was hast du gedacht, als Stefan anrief?

Riggbert: Zunächst nur: Na endlich! Wolfgang und ich sahen uns schon ein bisschen in der Sackgasse. Dennoch wollte ich ihm nicht auf die Nase binden, dass er der erste überhaupt war, der sich nach 14 Tagen auf eine erneute Anzeige hin meldete. Ich teilte Stefan deshalb mit, dass wir momentan noch mehrere Kandidaten testen würden und noch nichts entschieden sei. Ich bot ihm aber an, am nächsten Tag vorbeizukommen.

Theyler: Als ich von Michael hörte, dass der Posten noch frei war, fiel mir ein Stein vom Herzen. Doch dann kam der Satz, vor dem ich mich gefürchtet hatte: „Und bring bitte dein Schlagzeug mit, wir haben nämlich keins.“

„Klar Mann.“

Der Traum schien beendet, bevor er begonnen hatte. Ich blickte auf die beiden einzigen Übrigbleibsel meines so tollen Ginger-Baker-Doppel-Drumsets. Becken und Hi-Hat waren ziemlich ramponiert, aber zumindest noch einigermaßen brauchbar. Dazu besaß ich noch ’n paar Drumsticks, mehr nicht.

Adrian: Ich erinnere mich noch daran, als Michael mich anrief, um mir von Stefans Anruf zu erzählen.

„Und das ist tatsächlich so einer, der wild wie Keith Moon, technisch so gut wie Ginger Baker und virtuos wie Buddy Rich spielt?“, fragte ich ungläubig.

„Darüber haben wir nicht gesprochen. Ich denke, wir warten erst mal ab. Wir sollten flexibel bleiben“, meinte Michael.

„Ja, sicher“, erwiderte ich und ärgerte mich gleichzeitig, dass Michael bestimmen wollte, wie wir uns verhalten sollten. Mir war wichtig, dass wir ein echtes Team waren und keiner den Anführer spielte.

Während Michael und Wolfgang mehr oder weniger entspannt auf dich warten konnten, musst du doch panisch gewesen sein?

Theyler: Panisch wäre jetzt übertrieben. Obwohl, wenn ich so recht überlege: Ich wurde panisch. Ich konnte ja schlecht ohne Schlagzeug zum Vorspielen kommen. Noch war ich kein Buddy Rich, der gut genug war, nur mit Becken und Hi-Hat zu glänzen. Was also tun? Weder für ’n neues noch für ’n gebrauchtes Schlagzeug besaß ich genug Geld.

Es blieb in der kurzen Zeit nur eine peinliche Möglichkeit: Ich musste wieder auf Waschtrommel und Bonbondose zurückgreifen, denn ich brauchte schließlich ’ne Snare und ’ne Floor-Tom. Ich musste eben einfach so gut sein, dass ich sie trotzdem überzeugen konnte. Also ging ich in den nächsten Supermarkt und kaufte den billigste 5-Kilo-Waschmittel-Eimer, aber keine Quality-Street-Bonbondose, weil ich im Wohnzimmerschrank noch ’ne Blechdose mit dänischen Butterkeksen entdeckt hatte.

Kekse und Waschmittel kippte ich bei Muttern ab, die hat vielleicht komisch geguckt. Am nächsten Tag packte ich Keksdose und Waschmitteleimer zusammen mit der Hardware, oder was davon übrig war, auf meinem Fahrradanhänger. Ich muss es schaffen, ich will endlich in ’ner vernünftigen Band spielen, sagte ich zu mir.

Adrian: Ich war an dem Abend mächtig aufgeregt, denn endlich würden wir mit einem Drummer zusammenspielen. Ich freute mich wahnsinnig darauf. Wenn das Zusammenspiel klappen würde, wären wir dem Bandziel ein Stück näher gekommen.

Michael, wie war dein erster Eindruck von Stefan?

Riggbert: Tja, wie war das damals? Die Tür zu unserem Proberaum ging auf und ich war zunächst geschockt, denn Stefan wirkte auf mich optisch sehr jungenhaft. Der ist ja fast noch ein Kind, dachte ich. Stefan erinnerte mich an Alain Delon, wie er mit 13 Jahren ausgesehen haben könnte, ein hübsches, ebenmäßiges Gesicht, aber auch noch sehr kindlich.

Theyler: Wolfgang und Michael waren beim ersten Mal offensichtlich bemüht, mich zu beeindrucken. Wolfgang saß wie ’n Kirchenorganist mit erhabenem Gesicht hinter seinem Keyboard und wirkte durch seine körperliche Größe zunächst etwas respekteinflößend. Sein Gesicht war damals noch ziemlich verpickelt. Neben ihm stand Michael mit umgehängter E-Gitarre, sehr gut aussehend, sehr selbstbewusst wirkend und sehr ernst dreinblickend. Wir begrüßten uns mit ’nem kurzen Handschlag und von Beiden kam ein erstes Lächeln.

„Das Schlagzeug hast du dabei?“, fragte Michael.

„Ja, steht noch draußen auf dem Fahrradanhänger.“

„Na, dann hol’s doch mal rein“, drohte als nächster Satz, und damit das vorzeitige Ende. Glücklicherweise meinte Wolfgang, dass wir uns doch erstmal ’n bisschen über unsere musikalischen Vorlieben austauschen sollten. Ich setzte mich auf das zerschlissene Sofa, das in dem kargen Proberaum die einzige Sitzgelegenheit war und harrte der Dinge, die da kommen sollten.

„Es ist schon wichtig, dass wir über die Musik sprechen, denn wir sind nicht irgendeine Beatband, sondern haben einen hohen Anspruch“, fuhr Wolfgang fort. „Den hab’ ich auch“, entgegnete ich flapsig.

„Was hörst du denn für Musik?“, fragte jetzt Michael.

„Also, ich mag die Beatles, Cream, The Who, Pink Floyd, The Nice und Blood, Sweat & Tears”, zählte ich auf, „das Schlagzeugsolo von Bobby Colomby bei ‚Blues Part II‘“ auf dem zweiten Album gefällt mir sehr gut.“

„Das ist aber sehr jazzig“, meinte Michael argwöhnisch.

„Aber technisch brillant, ich persönlich bevorzuge allerdings mehr den rockigen Groove“, erklärte ich betont lässig.

„Hört sich gut an, also musikalisch liegen wir schon mal auf einer Wellenlänge“, meinte Wolfgang, aber Michael hob die Hand, als wolle er sagen: Moment, nicht so schnell. „Hast du schon in Bands gespielt?“, fragte Michael.

„Ich war zuletzt bei der Superband Baden-Württemberg“, antwortete ich grinsend. Michael dachte wohl, ich wollte ihn verarschen: „Wo du gespielt, nicht wo du gewohnt hast!“

„Die Band hieß wirklich Baden-Württemberg. Wir sind zuletzt beim Laughing-Pancake-Festival aufgetreten, davon habt ihr doch bestimmt gehört.“

„Da sind wir sogar gewesen“, meinte Wolfgang.

„Dann habt ihr mich ja geseh’n“, freute ich mich, obwohl ich gleichzeitig zweifelte, ob das bei diesem Auftritt wirklich ein Vorteil war.

„Kann mich an dich nicht erinnern“, sagte Michael.

„Wir sind als letzte Band aufgetreten.“

„So lange sind wir nicht geblieben. Die Bands haben uns nämlich überhaupt nicht gefallen, alles irgendwie Kraut- und Rüben-Rock. Da höre ich lieber meine eigene Musik“, meinte Michael, der mir zunächst wie ein ziemlich arroganter Schnösel vorkam, aber mir damit eine Vorlage lieferte.

„Eigene Musik machen will ich auch. In der Anzeige stand, dass ihr nur Eigenkompositionen spielt.“

„Ja, wir haben schon ein paar Songs geschrieben“, meinte Wolfgang.

„Das heißt, eigentlich brechen wir aus dem gängigen Songschema aus“, dozierte Michael, „was uns vorschwebt, sind sozusagen kleine Symphonien, sehr komplex mit vielen Takt- und Tonartwechseln, dazu noch aussagekräftige Texte über Politik und Gesellschaft und nicht diese ständige Junge-trifft-Mädchen-Thematik. Für diesen hohen musikalischen und lyrischen Anspruch benötigen wir einen Drummer mit dem nötigen Feingefühl, aber auch mit reichlich Power.“

Na, wenn’s weiter nichts ist, dachte ich.

„Der Sound ist durchaus orgelorientiert, ohne dass wir wie The Nice oder Ekseption klingen, weil Michael ja Gitarre spielt. Wenn mehr Geld da ist, will ich mir auch ein Mellotron und ein E-Piano holen. Wir wollen Musik mit tausend Soundfarben kreieren“, erklärte Wolfgang.

„Unsere Musik soll ein mögliches breites Spektrum bieten, wir wollen uns da nicht einschränken. Alles ist möglich und machbar“, fuhr Michael fort.

Klang zwar alles ziemlich hochgestochen, aber auch spannend.

„Gefällt mir“, antwortete ich knapp und ehrlich.

„Dann lass uns endlich mal was gemeinsam spielen, ich bin mächtig gespannt, wie unsere Musik mit einem Drummer klingt“, sagte Wolfgang.

Wie war dein Gefühl nach dem ersten Gespräch?

Adrian: Gemischt. Stefan war mir durchaus sympathisch. Er wirkte unbekümmert, allerdings auch ein wenig oberflächlich. Aber das konnte täuschen, schließlich hörte er ja Sachen von Pink Floyd.

Und dann brachte Stefan sein Schlagzeug in den Proberaum.

Und damit brachen für mich mit einem Schlag die Welteroberungspläne wie ein Kartenhaus zusammen. Was er reinbrachte, war ein zerbeultes Becken, eine ramponierte Hi-Hat-Maschine, dann eine leere Waschtrommel sowie eine Keksdose. „Ah, du hast was zu Naschen mitgebracht, das wäre aber nicht nötig gewesen“, meinte ich.

„Is nix zu Naschen, is meine Snare“, antwortete Stefan ungerührt.

Wieder fühlte ich mich vom Leben verhöhnt. Da hatten wir uns seit Wochen mit Kompositionslehre beschäftigt, intensiv geprobt, mit Sounds experimentiert, an Texten gefeilt, um dann mit einem Keksdosentrommler zu spielen. Bitte?

Theyler: Ich versuchte, die Peinlichkeit mit Witz zu überspielen: „Das ist übrigens die neue Ludwig-Snare Modell Danish Cookie“.

Keiner von Beiden lachte – weder Wolfgang noch Michael. Okay, jetzt musste die Katze aus dem Sack, aber so schnell wollte ich nicht aufgeben, denn die beiden Jungs gefielen mir trotz ihrer etwas zu demonstrativen Selbstsicherheit. Ich erzählte von meinem Konzert mit Baden-Württemberg und traf offensichtlich den richtigen Ton.

„Ach du Armer, wie konnten dir das die beiden Arschlöcher nur antun, so eine Schweinerei. Aber sowas ähnliches hat Michael auch schon erlebt. Erzähl doch mal“, meinte Wolfgang.

Und dann erzählte Michael von dem Schulfest-Konzert. Ich hörte ebenso fasziniert wie fassungslos zu. Michael sah aus wie ’n Filmschauspieler, hielt sich aber offensichtlich für ’nen Revoluzzer. Ich wusste gerade mal, dass Kurt Georg Kiesinger Bundeskanzler und Richard Nixon Präsident der USA ist, war aber immer verwundert, wieso der SPD-Politiker Georg Leber ständig „Leber-Partys“ abhielt.

Du hast Georg Leber mit der Labour-Party verwechselt?

Ich war ja noch jung, aber den Quatsch wirst du ja wohl nicht schreiben.

Riggbert: Langsam schien zwischen uns das Eis zu brechen. Wir mussten gemeinsam über die Macken von Larry und Albert lachen. Stefan schien wirklich ein witziger und netter Typ zu sein. Das konnte neben so zwei eher ernsthaften Typen wie Wolfgang und mir für die Bandchemie nur positiv sein.

Theyler: Ich erzählte von meinem Erlebnis mit Ada und erntete von Wolfgang neidvolle und von Michael anerkennende Blicke.

Adrian: Verdammt, dachte ich, der jungenhafte Kerl hat schon mit ’nem Mädchen rumgeknutscht. Ich konnte höchstens meine Orgel knutschen.

Theyler: Über die persönliche Ebene kamen wir uns auch musikalisch schon ’n wenig näher. Wir schwärmten uns gegenseitig vor, wie großartig wir doch „Astronomy Domine“ von Pink Floyd, „The Thoughts Of Emerlist Davjack“ von The Nice oder „A Day In The Life“ von den Beatles fanden.

Es gab nur ’n kleines Problem: Wir hatten immer noch keinen Ton miteinander gespielt. Ich ging in die Offensive: „Hört zu, ich werde mir natürlich ’n neues Schlagzeug holen, aber lasst es uns doch mal jetzt ausprobieren. Meine Keksdose klingt fast wie ’ne Snare und zusammen mit dem Hi-Hat kann ich dann auf jeden Fall schon mal ’nen guten Groove erzeugen, auch wenn noch die Bassdrum fehlt.“

Riggbert: Wir spielten ihm zunächst die „Cannonball-Symphony“ vor, die ja später auf dem ersten Alben landete und zu diesem Zeitpunkt noch in einer Rohfassung existierte. Aber weil der Track instrumental war, konnten wir uns erstmal auf die Musik konzentrieren und Stefan ausgiebig testen.

Theyler: Ich hörte also zum ersten Mal die „Cannonball Symphony“ und war schwer beeindruckt. Die beiden hatten tatsächlich ’ne klassische viersätzige Symphonie verfasst, mit Andante, Allegro und dem ganzen Pipapo. Das Stück besaß Kraft und Raffinesse, obwohl ich den Bass vermisste, denn Michael spielte zur damaligen Zeit ausschließlich Gitarre.

Das war schon ’ne andere Liga als das sphärische Gedudel von Albert und Larry. Und es dauerte nicht lange, bis ich einstieg und mit Becken und Snare, äh Keksdose ’ne ordentliche Wucht reinbrachte.

Adrian: Keksdose hin oder her: Stefans Spiel besaß Power und Swing.

Riggbert: Man sagt ja, eine Band ist nur so gut wie ihr Drummer. Und dass Stefan ein guter Drummer war, das spürte ich schon nach den ersten Takten, obwohl er aufgrund des begrenzten Arsenals nur wenige Variationsmöglichkeiten besaß. Aber was er spielte, hörte sich super an. Und wie super mochte er erst klingen, wenn er wieder ein richtiges Drumset besaß?

Theyler: Jetzt kam mir die freie Improvisation mit Larry und Albert zugute, denn dadurch hatte ich gelernt, auf die Musik intuitiv zu regieren. Zusammen mit meinen erworbenen Kenntnissen beim Unterricht und dem ständigen Üben ergab das ’ne explosive Mischung.

Zuletzt spielten wir noch die Urfassung von „Prelude To Power“, und das war Rock mit klassischen Elementen in ’ner und nie zuvor gehörten packenden Kombination. Wir klangen wie ’ne Superband der europäischen Musikgeschichte, in der Johann Sebastian Bach mit John Lennon und Ginger Baker rockten. Wir nickten uns beim Spiel anerkennend zu und dann …

Und dann?

Theyler: …dann war die Keksdose kaputtgeschlagen. Aber das spielte schon keine Rolle mehr. Michael erzählte mir anschließend über den Text von „Prelude To Power“, dass es dabei um den Mechanismus der Machtstrukturen geht und wie sie entstehen, also sozusagen als Vorspiel dazu, die Prelude eben.

Ich verstand zwar nicht mal die Hälfte, nickte aber eifrig. Der lyrische Anspruch schien mir anfangs etwas überdreht, aber die Musik war toll, wenn auch ganz schön herausfordernd.

„Also, wenn ihr mich haben wollt, ich bin dabei“, erklärte ich.

Stefan erzählte mir, dass die musikalische Chemie bei eurem ersten Zusammentreffen trotz Keksdose und Waschtrommel von Anfang an stimmte.

Riggbert: Musikalisch war das schon sehr vielversprechend, menschlich konnte es auch passen. Trotzdem wollte ich noch einmal mit Wolfgang drüber sprechen. „Morgen kommen noch ein paar andere Drummer zum Vorspielen, wir rufen dich übermorgen an“, schwindelte ich. Dabei war Stefan der einzige, der je gekommen war.

Michael berichtete mir, dass ihr nach Stefans Vorspiel noch eine Lagebesprechung abhieltet.

Adrian: War doch naheliegend. „Und was hältst du von ihm?“, fragte ich.

„Ich halte ihn für sehr fähig und er könnte genau unser Mann sein, aber es gibt da ein Problem“, antwortete Michael.

„Ich kann mir denken, was du meinst.“

„Wir können doch keinen Drummer nehmen, der auf Keksdosen trommelt. Wir machen uns ja lächerlich“, schüttelte Michael den Kopf.

„Aber er will sich doch ein neues Drumset holen.“

„Bloß wann und wie, er ist ja noch Schüler. Du weißt doch selbst, dass das Taschengeld dafür nicht reicht.“

Wolfgang berichtete mir, dass du anfangs skeptisch bei Stefan warst, weil er kein richtiges Drumset mehr besaß.

Riggbert: Stimmt. Aber nicht nur das. Obwohl ich von seiner Art, wie er als Schlagzeuger intuitiv auf unsere Musik regierte, sehr beeindruckt war, stellte sich jedoch für mich eine entscheidende Frage: Inwieweit war er bereit, für die Musik und für unseren Traum persönliche Opfer zu bringen? Würde er die Schule schmeißen, wenn sich in naher Zukunft ein Plattenvertrag ergab?

Irgendwie muss Stefan ja doch wieder zu einem richtigen Drumset gekommen sein.

Wir grübelten noch länger rum, wie wir das Problem lösen konnten und ich sah nur eine Möglichkeit: „Hör mal, ich denke, wenn Stefan wirklich bereit ist, mit uns ernsthaft Musik zu machen, wäre ich bereit, ihm das Geld für ein neues Schlagzeug vorzustrecken. Wenn wir mit unserer Musik Geld verdienen, kann er es uns ja zurückzahlen.“

„Und wenn wir es nicht schaffen?“, fragte Wolfgang.

„Wir werden es schaffen“, sagte ich bestimmt.

Theyler: Michael rief zwei Tage später an und sagte: „Du bist unser Mann. Aber wir müssen wir vorher noch etwas bequatschen.“ Ich jubelte vor Freude und bequatschen mussten wir ja sicher ’ne Menge.

Zwei Tage später fuhr ich mit meinem Fahrrad samt Anhänger, auf dem ich das Schlagzeug samt neuer Keksdose auflud, zum Proberaum. Wolfgang und Michael waren schon da und machten ziemlich ernste Gesichter.

„Bau dein Schlagzeug erst gar nicht auf“, meinte Michael.

Was war das denn jetzt? Hatten Sie doch ’nen anderen gefunden?

Adrian: Wir redeten dann auf Stefan förmlich ein, wie wichtig uns die Musik war, dass wir die Schule geschmissen hatten, um Geld zu verdienen, damit wir uns Instrumente kaufen konnten. Wir wollten die Musikwelt erobern und wären dafür zu allem bereit. Zu allem! Damals war mir allerdings noch nicht so klar, zu was das noch führen sollte.

Theyler: Ich dachte anfangs: Erobern? Zu allem bereit? Auch zu ’nem Mord oder was? Geht’s auch ’ne Nummer kleiner? Aber ihre absolute Entschlossenheit, wirklich die größte Band der Welt zu werden, faszinierte mich.

Riggbert: Ich meinte zu Stefan: „Wenn wir es machen, dann machen wir es richtig. Wie wären bereit, dir ein Schlagzeug vorzufinanzieren, weil wir von deinen Fähigkeiten überzeugt sind. Aber bist du bereit, unseren Weg mit zu gehen, und das mit allen Konsequenzen? Wenn nicht, dann bist du der falsche Mann.“

Theyler: Mir wurde es schon ein wenig mulmig. Auf was lasse ich mich da ein? Ich kannte Wolfgang und Michael kaum, und schon bekam ich ’n Ultimatum gestellt. Michael spielte sich schon ’n bisschen wie der Boss auf, obwohl ich beim ersten Zusammenspiel bereits festgestellt hatte, dass Wolfgang der bessere Musiker war. Aber gleichzeitig faszinierte mich Michael, denn der Typ wusste offensichtlich, was er wollte. Und davon konnte ich vielleicht profitieren: Tolle Musik machen, viel Geld verdienen und Mädels ohne Ende bekommen. Ada hatte mich auf den Geschmack gebracht, obwohl danach mit Mädchen nichts mehr gelaufen war.

Ungewöhnliche Gedanken für einen 16-Jährigen.

Wir waren ja auch drei ungewöhnliche Menschen. Ich meinte nach kurzem Überlegen: „Okay, ich bin dabei und lasse notfalls alles hinter mir. Ja, auch ich will es mit der Musik schaffen und ja, ich bin zu allem bereit.“

Äh, und ja, wie sage ich’s meinen Eltern?, dachte ich.

Adrian: Und dann wurde es feierlich, denn dann sprach Michael: „Gebt mir eure Hände, wir versprechen uns gegenseitig, dass jeder sein Bestes gibt, damit wir mit unserer Musik die Welt erobern. Wir wollen und wir werden es schaffen. Einer für alle und alle für einen!“

Riggbert: Nachdem wir das hinter uns hatten, meinte Wolfgang: „Und jetzt besorgen wir dir erstmal ein vernünftiges Schlagzeug.“

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