Читать книгу Sex, Drugs & Symphonies - Bernd Franco Hoffmann - Страница 36

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28. Die neuen Cream

Adrian: Dass Essex beileibe kein Schaumschläger war, zeigte sich kurz danach, als er uns das labeleigene Studio zeigte. Es befand sich im Basement des sechsstöckigen Gebäudes und war modern und großzügig eingerichtet. Wir lernten direkt unseren künftigen Produzenten Kenny Tischler kennen, der gerade was mit Rain Garden aufnahm.

Lord Essex stellte uns mit den Worten vor: „Kenny, diese drei Jungs hier sind die neuen Cream.“

Kenny schaute kurz vom Mischpult auf, sah uns Milchbubis leicht verächtlich an und sagte ziemlich entgeistert: „Really?“.

Uns mit Cream zu vergleichen, war wohl für ihn dasselbe, als hätte Essex die „Mama“-Heulboje Heintje als neuen Elvis angekündigt. Es war dennoch der Beginn einer sehr kreativen Zusammenarbeit.

Ich habe viel darüber gelesen, dass die Musiker früher oft ausgebeutet und nur sehr gering prozentual beteiligt wurden. Wie sah euer erster Vertrag aus?

Maxner: Ich muss sagen, der Vertrag war im Vergleich, zu dem, was ich später von anderen Bands erfuhr, sehr großzügig. Für die Band gab es insgesamt zwanzig Prozent von den Plattenerlösen.

20 Prozent, das ist allerdings enorm.

Und ich war nicht einer dieser Managertypen, der seine Band ausbeutete. Wir teilten uns das innerhalb der Band so auf, dass von den Verkäufen jeder fünf Prozent erhielt. Die Band bekam zudem die vollen Songwritertantiemen und die Songrechte. Ich erhielt Rechte am Merchandising und einen Anteil aus den erhofften Tournee-Erlösen. Alles machte einen seriösen Eindruck.

Ich war zudem wahnsinnig erleichtert, dass uns Essex nach der Vertragsunterzeichnung direkt einen größeren Vorschuss bewilligte, sodass unsere Existenz jetzt für die nächsten Monate gesichert war.

Adrian: Wir waren so aufgekratzt, das wir danach in einen Club gingen, um zu feiern. Das hatten wir uns einfach verdient. Und an diesem Abend gingen gleich mehrere Wünsche in Erfüllung. Wir waren so ausgelassen, dass sich nach kurzer Zeit ein paar Mädchen zu uns gesellten, mit denen wir dann weiterfeierten. Und die Mädchen nahmen wir dann auch mit nach Hause. Ich weiß nicht mehr, was mit den anderen war, aber ich verlor an diesem Abend endlich meine Jungfräulichkeit. Jetzt werde ich ja sehen, ob durch Sex die Pickel verschwinden, wie mein Vater immer behauptete, dachte ich am nächsten Morgen.

Und …verschwanden die Pickel?

Nein.

Theyler: Eine Woche, nachdem wir den Plattenvertrag unterzeichneten, ging’s schon los. Wir schleppten unsere Instrumente ins Studio, wo uns Kenny erwartete. Allerdings mit einer Miene, als müsste er jetzt mit Caterina Valente ’n Doppelalbum aufnehmen.

Einschub: Ich sitze bei Kenneth „Kenny“ Tischler in seinem Haus auf seinem Anwesen im Südwesten Englands. Kenny ist ein freundlicher älterer Herr, der sich schon längst aus der Musikwelt zurückgezogen hat. Mittlerweile züchtet er mit seiner charmanten Frau, die uns während der Interviews mit Tee und selbst gebackenen Biskuits bewirtet, auf seinem großen Anwesen seltene Rosensorten.

Tischler: Das heutige Business ist nicht mehr mein Fall. Zu hektisch, zu unkreativ und nur noch auf schnellen Profit ausgerichtet. Und so traumhafte Zustände wie bei Essex, wo praktisch alles machbar war, wird es ohnehin nie mehr geben.“

Du hast später nicht nur alle erfolgreichen Alben von Adrian, Riggbert & Theyler produziert, sondern auch Bands wie Duran Duran, Def Leppard und Tears For Fears betreut.

Aber Adrian, Riggbert & Riggbert waren einfach unvergleichlich. Schön, dass endlich jemand ein Buch über die Band schreibt. Es war alles wie ein Märchen. Ein Märchen, das leider in einen Albtraum mündete. Und ich frage mich schon seit Jahren, wo die Jungs abgeblieben sind.“

Wie hast du Wolfgang Adrian, Michael Riggbert und Stefan Theyler erlebt? Wolfgang erzählte mir, dass Essex sie dir als die neuen Cream vorstellte.

Das stimmt, und ebenso stimmt es, dass ich dabei wieder mal die Cognac-Fahne des Lords roch. Klar, der Lord war mal wieder euphorisch angeschwipst, dachte ich damals. Die Jungs waren ja schließlich gerade mal 17 oder 18 Jahre alt. Anfangs befürchtete ich das Schlimmste. Als ich die drei Jungs das erste Mal sah, wollte ich mich erst weigern, sie zu produzieren. Dann überreichte mir Michael mit bedeutungsvoller Miene das Demoband mit einigen Songs.

Die Musik krachte aus den Boxen so kraftvoll und packend, wie ich es noch nie gehört hatte: Ungewöhnliche Harmonieparts, kraftvolles Schlagzeug, mitreißende Soli und eine tolle Tenorstimme.

Als das Band endete, war ich verblüfft: „Und das seid wirklich ihr drei?“

„Traust du uns das etwa nicht zu?“, erwiderte Wolfgang verärgert.

„Sorry, ich wollte euch nicht zu nahe treten, aber das ist gut, sehr gut, um nicht zu sagen, beängstigend gut für Jungs eures Alters.“

„Steve Winwood war doch auch erst 15, als er die Spencer Davis Group mitbegründete“, meinte Michael altklug und ich dachte: frühreife Wunderknaben mit einem Hang zur Arroganz und Überheblichkeit, das kann ja heiter werden.

„Dann biste ja schon reif für die Rente, Michael“, rief Stefan und wir lachten. War witzmäßig eigentlich nicht der große Brüller, brach aber das erste Eis zwischen uns. Okay, die Jungs können also auch über sich selbst lachen – oder zumindest einer von ihnen. Die Demos beeindruckten mich jedenfalls. Für Teenager spielten sie ihre Instrumente erstaunlich brillant und überlegt.

Vielleicht zu überlegt? Kritiker attestierten Adrian, Riggbert & Theyler ja oft eine gewisse Kopflastigkeit.

Klar, viele Kritiker wollten immer den Blues, die Emotion und die Bodenständigkeit – in diesem Kontext wirkten Adrian, Riggbert & Theyler schon ziemlich abgehoben. Aber es kann ja nicht verkehrt sein, den Kopf zu benutzen. Adrian, Riggbert & Theyler komponierten schon zum Anfang ihrer Karriere sehr außergewöhnliche Songs. Und mich beeindruckten die intelligenten Texte von Michael, der sich mit Philosophie, Psychologie und Politik beschäftigte. Adrian, Riggbert & Theyler arbeiteten hart und konzentriert, und das noch ohne Drogen, Nikotin und Alkohol. Hier waren ohne Zweifel absolute Vollblutmusiker am Werk.

Vielleicht sogar Genies?

Vielleicht, aber Genies mit einem Hang zum gefährlichen Größenwahn, wie sich noch herausstellen sollte.

Adrian: Kenny brachte uns vom ersten Tag an entscheidend weiter. „Da können wir aber noch einiges rausholen“, meinte er ständig. Kenny, zudem ein hervorragender Toningenieur, zeigte uns eine Menge Tricks. Und die Mehrspurtechnik war natürlich grandios.

Theyler: Ich erinnere mich noch, wie er am Anfang stöhnte, als er mein riesiges Schlagzeug sah: „Was willst du denn mit diesem Trommelgebirge?“

„Na, was wohl?“, lachte ich, „drauf trommeln.“

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