Читать книгу Sex, Drugs & Symphonies - Bernd Franco Hoffmann - Страница 28
Оглавление20. Buddy Holly stirbt ein zweites Mal
Riggbert: Vor dem Auftritt probten wir eine Woche lang jeden Tag, bis uns die Hände schmerzten. Um auf eine Stunde Spieldauer zu kommen, bauten wir Stefans Drum-Solo und ein Instrumentalstück ein, bei dem ich Akustik-Gitarre spielte und Wolfgang mich dezent auf der Orgel begleitete. Stefan spielte dazu mit Mallets auf seiner Standtom, um Kesselpauken zu simulieren – wie damals Erwin bei The Electrics auf „Don’t Kill The Father“.
Theyler: Dann begann an einem Samstagvormittag unsere Konzertkarriere. Glücklicherweise waren meine Eltern einverstanden, auch weil Holger mit dabei war. Das war ’n älterer Typ aus der Nachbarhaft, der so nett war, uns mit seinem Transporter zum Konzert hin und nachts wieder heimzufahren. Holgers Roadiedienste wurden danach nie mehr benötigt, aber er war der erste. Leider habe ich seinen Nachnamen vergessen.
Adrian: Ich war hypernervös, als wir zu unserem ersten Auftritt fuhren. Die andere Band war schon da, und empfing uns mit unverhohlener Verachtung. Die Typen waren wesentlich älter als wir, trugen Lederklamotten, hatten Pomade im Haar und machten auf gefährlich. Ich hasste diese Rockabilly-Typen und verstand nicht, wie man sich so verunstalten konnte. Außerdem hatten sie anscheinend eine ganze Truppe von Freunden oder Speichelleckern dabei.
„Ach, da kommen ja Adria, Regensburg und Töle“, begrüßte uns einer der Lederjackengeckos, der sich später als der Gitarrist herausstellte.
Riggbert: Meine Befürchtungen über Monsterbeef wurden leider bestätigt: Eine Gitarrenband, bestehend aus vier arroganten Idioten, die auf Elvis Presley, Gene Vincent und Carl Perkins standen. Eine Schande für die Musikerzunft und eine Beleidigung für unsere hochsensiblen Gemüter. Für diese Prollrocker war die Musik nach Buddy Hollys Tod wohl auch gestorben, wie es Don McLean später in seinem Superhit „American Pie“ verzapfte. Das war natürlich Blödsinn, denn mit der Musik ging’s doch gerade erst richtig los.
Adrian: Die Monsterbacken hörten nicht auf, uns zu verspotten. „Adrian, Riggbert & Theyler? Was is ’n das für ’n Scheißname? Nennt euch doch gleich Tick, Trick und Track, viel älter seid ihr ja sowieso nicht“, meinte einer, den die anderen Manni riefen. Die ganze Clique johlte.
„Adrian, Riggbert & Theyler sind unsere Nachnamen“, erklärte Michael ungerührt, „und deshalb wirst du uns ab sofort mit Herr Adrian, Herr Riggbert und Herr Theyler ansprechen.“
Verdammt, Michael, dachte ich, warum hältst du nicht deine Klappe? Ich fand es riskant, sich mit diesen Rockertypen anzulegen. Und Manni war entsprechend fassungslos: „Soso, Herren, seid ihr? Guckt euch doch mal an: ’Ne Pickelfresse, die aus der Regenrinne schlabbern kann und ein Zwerg, der wahrscheinlich noch in die Windeln scheißt.“
Dann schaute Manni beinahe hasserfüllt zu Michael: „Apropos scheißen, da hätten wir als dritten dich noch: ’n richtiges Arschloch. Und ihr wollt auch noch frech werden oder was?“
„Das würden wir niemals wagen bei einer Band mit dem originellen Namen Monsterpuff“, erwiderte Michael.
„Wir heißen Monsterbeef und nicht Monsterpuff“, schrie Manni mit Zornesröte im Gesicht.
„Die Metzger werden euch jedenfalls mögen“, antworte Michael ungerührt.
„Häh, warum denn die Metzger?“, fragte Manni, aber Michael konnte ihn leider nicht weiter verarschen, weil Bernie auf uns zukam: „Fangt jetzt mal langsam an, eure Sachen aufzubauen.“
Wie von uns befürchtet, kamen als Besucher nur Rock'n'Roll -Typen. Wir hatten wie wild plakatiert, während ich von Monsterbeef kein einziges Plakat gesehen hatte. Was läuft da schief? Dann erkannte ich, dass offenbar viele Freunde und Fans der Band da waren. Wir dagegen hatten keine Freunde und nur einen Fan: unseren Fahrer Holger, der sich alles schweigend ansah.
Theyler: Pünktlich um 20 Uhr fingen die Monsterbeefer an. Zuerst spielten sie „Blue Suede Shoes“ von Carl Perkins, dann „Hound Dog“ von Elvis und weiter die Rock'n'Roll-Palette rauf und runter, aber unglaublich schludrig, wie ich fand.
Als Tiefpunkt dann ’ne fürchterlich eingedeutschte Version von „Tutti Frutti“ mit ’nem selten dämlichen deutschen Text:
„Tutti Frutti von Mutti, Tutti Frutti von Mutti, Tutti Frutti von Mutti, Tutti Frutti von Mutti!
Ein Sahnetörtchen gibt’s sicherlich auch dazu.
„Ich sah ein Girl namens Sue,
und ich verliebte mich im Nu.
Ich sah ein Girl namens Sue,
sie kam zum Rendezvous.
Ich gab ihr sofort einen Kuss
und danach war noch lange nicht Schluss.
Tutti Frutti von Mutti…“
Die Menge grölte vor Vergnügen. Dann ging es bei „Peggy Sue“ von Buddy Holly mit dem Eindeutschen weiter.
„Hör gut zu,
Peggy Sue,
Du musst wissen,
dass I love you.“
„Heute stirbt Buddy Holly ein zweites Mal“, brüllte mir Michael verächtlich ins Ohr.
Riggbert: Der Laden war gut gefüllt mit Rockern, und die Stimmung ausgelassen. Und genau das war leider das Problem, denn die Schwachköpfe hörten einfach nicht auf, zu spielen. Es war schon 22 Uhr. Wir wurden langsam sauer und fragten Bernie, wann er mal einschreiten würde. „Gleich“, meinte er immer wieder nur.
Der Wirt dachte wohl rein geschäftlich. So lange die Stimmung gut war, wurde natürlich auch ordentlich gesoffen.
Was lernte ich damals bei unserem Auftritt auf dem Schulfest: Willst du Musik beenden, musst du das Steckerziehen verwenden.
Der Stromanschluss für die Instrumente und Verstärker war in dem kleinen Laden nicht zu übersehen. Die Band spielte gerade ein sehr gestelzte Version von Presleys „Return To Sender“ als „Zurück zum Absender“:
„Zurück zum Absender, weil die Adresse nicht stimmt.
Zurück zum Absender, was mir alle Hoffnung nimmt.“
Der Sänger formte den Mund gerade zu einem „Zurü… als ich den Stecker zog.
Theyler: Die Sängervisage vergess ich nie, als die Musik schlagartig verstummte. Und dann ’ne Sekunde später das wutverzerrte Gesicht, als er entdeckte, warum der Saft plötzlich weg war.
Adrian: Bevor der Typ reagieren konnte, ging Michael auf die Bühne und sprach zum Publikum: „Ladies und Gentleman, das war die Lieblingsband der Fleischermeister. Gleich geht es weiter mit der Zukunft der Rockmusik, und die heißt Adrian, Riggbert & Theyler!“
Theyler: Die Typen wollten sich gerade auf Michael stürzen, aber glücklicherweise gab’s ja noch good old Bernie: „Ihr habt jetzt lange genug euren Spaß gehabt. Jetzt sind die anderen Jungs mal dran.“
„Aber ich lasse mir doch von diesen Fuzzis nicht einfach den Strom abdrehen, der Typ kriegt von mir eins auf die Fresse“, meinte Manni.
Doch Bernie hielt ihn zurück: „Hier kriegt keiner was auf die Fresse. Ihr packt jetzt eure Sachen.“ Glücklicherweise war Bernie ein Typ, der genügend Autorität ausstrahlte und auch die Rocker entsprechend einschüchterte.
„Okay, wir hauen jetzt ab und zwar alle. Ich hab keinen Bock mehr auf den Scheißladen“, schrie Manni.
Im Rekordtempo war die Band verschwunden, mitsamt ihrer Anhängerschaft. So konnte das Konzertdebüt von Adrian, Riggbert & Theyler doch noch stattfinden, wenn auch erheblich verspätet.
Adrian: Endlich war der Moment unseres ersten Auftritts gekommen. Aber was war das für ein Auftritt? Als wir unsere Instrumente aufgebaut und angeschlossen hatten, war es schon nach Mitternacht. Und es waren nur noch drei Zuschauer da: Holger, ein Gammlertyp, der ständig „Yeah!“ rief und an einem Tisch sitzend ein seltsamer junger Mann mit kurzen Haaren, Anzug und Krawatte. Werden wir etwa eine Band für Bankkaufleute?, fragte ich.