Читать книгу Sex, Drugs & Symphonies - Bernd Franco Hoffmann - Страница 33

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25. Eine von vielen Bluesrock-Kapellen

Wie hast du dich nach dieser Abfuhr gefühlt?

Na wie wohl? Ich war fix und fertig, mit so was hatte ich nicht gerechnet. Ich schlich mich davon wie ein geprügelter Hund. Ich durfte noch nicht mal das Band vorspielen. Dass im Musik-Business noch so viele Aversionen gegen Deutschen existieren, hatte ich nicht vermutet.

Als ich für das Geschäft meines Vaters unterwegs war, gab es nie irgendwelche Probleme. Und jetzt prophezeite dieser Typ mir allen Ernstes, dass wir als Deutsche niemals einen Plattendeal bekämen.

Musik ist eben was anderes als Haushaltsgeräte.

Aber im Endeffekt war es gut, dass es mit Immediate nicht klappte, denn das Label ging ja ein Jahr später Bankrott und einige Künstler haben wohl nie ihre Tantiemen erhalten.

Adrian: Als Max uns von der Abfuhr bei Immediate berichtete, waren wir natürlich zerknirscht.

Riggbert: Aber die Deutschen haben eben während des Dritten Reichs praktisch damals die halbe Welt angegriffen und wollten ganze Rassen auslöschen. Dieses maschinelle Morden wird niemals vergessen, und das zu Recht.

Maxner: Ich war dennoch fest davon überzeugt, dass dieses Erlebnis eine Ausnahme wäre.

„Nicht aufregen Jungs“, sagte ich, „das war erst der Anfang. Es gibt noch genug andere Labels. Ich werde weiter Klinken putzen, und ihr werdet weiter üben und komponieren.“

Theyler: So ging’s erstmal die nächsten Tage weiter. Max war ständig unterwegs und erzählte uns, dass er Gespräche mit mehreren Labels führen würde, die alle sehr vielversprechend wären.

Mit welchen Labels warst du denn damals im Gespräch?

Maxner: Nun, jetzt kann ich es dir ja sagen: mit keinem. Ich wurde einfach nirgendwo vorgelassen. Heute wird immer erzählt, dass damals angeblich jeder einen Plattendeal bekam. Aber bei uns war das ein Problem, da wir zu diesem Zeitpunkt über keine Beziehungen verfügten, keine Konzerte gaben, und uns dadurch niemand kannte. Ich war wohl doch zu naiv gewesen. Egal, ob nun EMI, Vertigo oder Decca, ich kam schon am Pförtner nicht vorbei.

Riggbert: Keine Beziehungen, keine Konzerte – so konnte das ja nicht klappen. Viele Bands verschafften sich ja gerade durch Konzerte eine treue Anhängerschaft, waren in der Szene bekannt und kamen so an einen Plattenvertrag.

Schau dir beispielsweise Jack Bruce, Eric Clapton und Ginger Baker an, die vor Cream schon in Bands wie John Mayalls Bluesbreakers oder der Graham Bond Organisation spielten. Oder Jimmy Page und Jeff Beck, die bei den Yardbirds waren. Bei denen war alles organisch gewachsen. Wir existierten ja praktisch nicht, und hatten bislang nur ein Konzert gespielt, und das auch nur vor drei Leuten.

Und nach ein paar Wochen fühlten wir uns doch etwas zermürbt, dass rein gar nichts passierte. So langsam fiel uns auch die Decke auf den Kopf. In den letzten Monaten hatten Wolfgang, Stefan und ich praktisch nur geschlafen, gegessen und musiziert. Dasselbe passierte jetzt wieder in London. Wir komponierten und probten praktisch Tag und Nacht. Vom Leben draußen bekamen wir überhaupt nichts mit.

Ich fühlte mich allmählich unbehaglich ohne Kontakt zur Außenwelt, was auf Dauer nie gut ist. Wir hatten noch nichts erlebt, keinen Sex gehabt, und nicht mal gemeinsam ein Glas Bier getrunken. Das war meiner Meinung nach auf Dauer Gift für das Songwriting, so konnte es nicht weitergehen.

Adrian: Ich war der gleichen Meinung wie Michael. Obwohl ich sagen muss, dass diese Phase auch sehr wichtig war. Wir machten uns mit den Instrumenten immer vertrauter, und ich bekam allmählich dieses verdammte Mellotron in den Griff. Stefan übte nebenbei fleißig Congas, Pauken und Glockenspiel, was uns ja später sehr zugute kam. Michael machte sich mit der PA und Gesangsanlage vertraut und übte verbissen Bass und Gitarre. Wir hatten genug zu tun. So kreisten wir ständig um uns selber, was uns eigentlich genügte.

Riggbert: Was Wolfgang genügte. Dennoch verspürten wir alle den Drang, unseren Horizont zu erweitern. Es war wichtig, auch mal Konzerte zu besuchen, um andere Bands zu sehen und sich einen Überblick zu verschaffen. Wir mussten mitbekommen, was um uns herum passierte und raus aus dieser Isolation. Max war davon zunächst gar nicht begeistert: „Das wird zu teuer, jetzt ständig auszugehen.“

Theyler: Dann entdeckte ich im MELODY MAKER die Ankündigung vom Gratiskonzert der Rolling Stones, das am Samstag, den 5. Juli 1969 im Londoner Hyde-Park stattfand und dem verstorbenen Ex-Stones-Mitglied Brian Jones gewidmet war. „Da gehen wir hin“, sagte ich. Und da waren wir dann auch: Wolfgang, Michael, Max und ich.

Da wart ihr ja wirklich an einem historischen Tag anwesend.

Riggbert: In der Tat. Ich muss dazu sagen, dass ich nie ein Stones-Fan war. Blues mochte ich sowieso nicht. Für mich war das immer nur die die gleiche ermüdende Akkordfolge mit immer den gleichen Themen wie Sex, Alkohol und Frauen.

Adrian: Es war das erste Konzert mit dem neuen Gitarristen Mick Taylor.

Riggbert: Vorher spielten noch Bands wie Family und King Crimson. King Crimson gefielen mir gut, aber bis dato war noch nicht ihr epochales Debütalbum „In The Court Of The Crimson King“ erschienen. Und dann spielten die Stones, genauer gesagt, Mick Jagger zitierte zunächst aus einem Gedicht von Percy Shelley. Dann wurden weiße Schmetterlinge freigelassen, was optisch schon beeindruckend war.

Adrian: Weniger beeindruckend fand ich allerdings das Spiel der Stones. Ohne die Ausstrahlung von Mick Jagger als Frontmann wären die Stones nur eine von vielen Bluesrock-Kapellen.

Theyler: Aber um die Musik ging’s an diesem Tag ja gar nicht. Es war die Atmosphäre, die faszinierte. Erstmal dieser riesige Hyde-Park, in dem endlich mal der ständige Lärm Londons verstummte. Wir sind kreuz und quer mit der U-Bahn dorthin gefahren und hatten uns vorher ’n paar Lagerbier gegönnt. Weil wir Alkohol kaum gewöhnt waren, kamen wir schon ziemlich high im Hyde-Park an.

Riggbert: Zum ersten Mal erlebten wir, was Swinging London bedeutete. Wir befanden uns inmitten von rund 250.000 Zuschauern.

Manche Quellen sprechen auch von 500.000 Zuschauern.

Adrian: Jedenfalls kletterten wir alle drei auf einen Baum, und erhielten so einen guten Blick auf die Bühne. Überall sahen wir Jungs mit langen Haaren und Mädchen mit den bunten wallenden Kleidern, engen Jeans oder kurzen Röcken. Es war für uns eine neue Welt. Die berüchtigten „Hells Angels“ sahen als Ordner furchterregend aus mit ihren Stahlhelmen, auf denen auch mal ein Hakenkreuz prangte.

Theyler: Ich war total gespannt auf Charlie Watts, und ich fand ihn auf seinem kleinen Kit total langweilig. Was der spielt, trommel ich im Schlaf, sagte ich mir.

Adrian: Ich verspürte auch den Wunsch, so umjubelt zu werden wie die Stones. Anderseits fühlte ich mich besonders an diesem Tag noch wie ein kleiner Junge. Ich spielte in meinem persönlichen Sandkasten ohne großen Kontakt zu anderen. Ich hatte bis dato weder eine Freundin gehabt noch echte Freunde.

Es gab so viele hübsche Mädchen, aber ich hätte mich mit meinen Pickeln niemals getraut, eine anzusprechen. Sie schienen für mich unerreichbar. Und deshalb empfand ich während des Konzertes zwischendurch eine tiefe Traurigkeit.

Theyler: Ich wollte Teil der Szene werden oder besser noch: Ich wollte da oben auf der Bühne spielen und nicht unten in der Masse verschwinden. Und da ich mich besser fand als der berühmte Charlie Watts, schien mir das möglich. Frisch motiviert kehrte ich in unser Hauptquartier zurück. Ich schlug den anderen vor, endlich auch Gigs zu spielen und wenn’s nur in kleinen Clubs war.

Riggbert: Ich war mir unsicher, ob wir uns mit Gigs in kleinen Clubs nicht verschleißen. Andererseits hielt ich es für ein gutes Training und vielleicht wurde auch jemand auf uns aufmerksam. Bisher hatte Max ja nichts erreicht.

War die Band eigentlich damals sauer auf dich, weil der Plattenvertrag auf sich warten ließ?

Maxner: Wenn es so war, dann ließen sie es sich nicht anmerken. Aber dass die Jungs jetzt anfangen wollten, Konzerte in kleinen Clubs zu spielen, davon war ich überhaupt nicht begeistert. Ich bekam ein wenig Angst, dass mir die Band entgleiten könnte.

Ich bat die Jungs deshalb, noch zu warten. Wir einigten uns auf einen Kompromiss: Wenn ich in den nächsten zwei Wochen nicht an einem Plattenvertrag dran war, dann meinetwegen sollten sie ein paar Gigs spielen, obwohl ich nicht wusste, wozu das gut sein sollte.

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