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3.Elemente der Straftat

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58Eine Straftat kann in verschiedene Elemente zerlegt werden, die nicht nur unterschiedlich heißen, sondern die auch unterschiedliche Funktionen erfüllen und unterschiedlichen Prüfungsanforderungen unterliegen. Der sich daraus ergebende zwingende Prüfungsaufbau ist dabei in den strafrechtlichen Klausuren stets einzuhalten. Im Wesentlichen durchgesetzt hat sich dabei in Deutschland der sog. dreigliedrige Straftataufbau. Wesentlich ist dabei, dass sämtliche dieser nachfolgend genannten drei Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine Person – im Strafrecht spricht man üblicherweise vom Täter – auch tatsächlich bestraft werden kann. Die betreffende Person wird also strenggenommen erst deshalb zum Täter, weil alle Voraussetzungen der nachfolgend genannten Ebenen vorliegen.

Prüfungsschema

I. Tatbestand

II. Rechtswidrigkeit

III. Schuld

59a) Anknüpfungspunkt jeder Strafbarkeit ist ein menschliches Verhalten, die Handlung eines Menschen. Ohne sie gibt es keine Straftat. Dabei versteht man unter einer Handlung jedes willensgetragene menschliche Verhalten. Es kann sich dabei sowohl um ein aktives Tun, als auch um ein Unterlassen handeln.17

60b) Die Handlung muss einen gesetzlichen Tatbestand erfüllen. Wie gerade erwähnt, versteht man unter einem Tatbestand die gesetzlich normierten Voraussetzungen eines bestimmten Delikts, d. h. den „Wortlaut“ des Gesetzes. Hier umschreibt der Gesetzgeber Verhaltensweisen, die in aller Regel – d. h. wenn keine besonderen Umstände hinzutreten – als sozialschädlich angesehen werden und mit einer Strafe zu ahnden sind.18

Bsp.: Peter zertrümmert einen Kristallglasaschenbecher auf Josefs Kopf. – Hier ist der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung, §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, erfüllt. Stand der Aschenbecher nicht in Peters Eigentum, liegt zudem eine Sachbeschädigung, § 303 StGB, vor.

61c) Um zu einer Bestrafung zu gelangen, muss die Erfüllung des Tatbestandes zudem rechtswidrig sein. Denn nicht immer stellt ein Verstoß gegen eine strafrechtliche Vorschrift auch ein unrechtmäßiges Verhalten dar. Erfüllt der Täter einen Straftatbestand, so muss allerdings regelmäßig ein besonderer Grund vorliegen, der dem Täter ein solches Verhalten gestattet. Diese speziellen „Erlaubnistatbestände“ nennt man Rechtfertigungsgründe.19

Bsp.: Wenn Peter im gerade genannten Beispiel den Aschenbecher nur deswegen auf Josefs Kopf zertrümmert, weil Josef kurz zuvor ein Messer gezogen und dem Peter gedroht hat, ihn „abzustechen“, ändert dies nichts daran, dass Peter den Straftatbestand der gefährlichen Körperverletzung, §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt. Sein Verhalten ist jedoch durch den Rechtfertigungsgrund der Notwehr, § 32 StGB, gedeckt, da ihn Josef gerade rechtswidrig angegriffen hatte und der Schlag ein geeignetes, erforderliches und gebotenes ­Mittel war, diesen Angriff abzuwehren.20 Das Vorliegen dieses Rechtfertigungsgrundes schließt nun im Ergebnis die Strafbarkeit Peters wegen der begangenen Körperverletzung aus, ändert aber nichts daran, dass der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt ist. Die Aufgabe in einem juristischen Gutachten ist es nun, nicht nur festzustellen, dass Peter sich nicht strafbar gemacht hat, sondern genau zu bestimmen, an welcher Voraussetzung eine Strafbarkeit scheitert.

62d) Auch ein tatbestandsmäßiges und rechtswidriges Verhalten reicht für eine Strafbarkeit noch nicht aus, hinzukommen muss weiter, dass die Tat auch schuldhaft begangen wurde.21 Dies ist dann zu bejahen, wenn eine Verhaltensweise nicht nur gegen die Rechtsordnung verstößt, sondern wenn man sie dem Täter auch persönlich zum Vorwurf machen kann, er also persönlich für das von ihm begangene Unrecht verantwortlich gemacht werden kann.22

Bsp.: Zertrümmert Peter den Aschenbecher auf Josefs Kopf, ohne dass ihm ein Rechtfertigungsgrund zur Seite steht, scheidet eine Strafbarkeit dennoch aus, wenn er zum Zeitpunkt der Tat nicht schuldfähig war. Dies kann seine Ursache u. a. darin haben, dass Peter geistesgestört oder völlig betrunken war (vgl. § 20 StGB). Auch wenn es sich bei Peter um ein 13-jähriges Kind handelt, scheidet eine Bestrafung infolge Schuldunfähigkeit aus (vgl. § 19 StGB). Im Gegensatz zur fehlenden Rechtswidrigkeit kann ein lediglich schuldloses Verhalten jedoch eine Maßregel der Besserung und Sicherung nach sich ziehen, also z. B. die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, §§ 63, 64 StGB.23

63e) Liegen sämtliche dieser Elemente vor, dann spricht man vom Vorliegen einer Straftat. Der Täter kann aus der jeweiligen Strafvorschrift, die als Rechtsfolge in der Regel einen bestimmten Strafrahmen vorgibt, bestraft werden.

64In diesem Zusammenhang soll kurz noch darauf hingewiesen werden, was mit dem im StGB teilweise verwendeten Begriff der rechtswidrigen Tat gemeint ist.

Gesetzestext

§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB: Im Sinne dieses Gesetzes ist […] rechtswidrige Tat: nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht.

65Erforderlich sind also die Erfüllung eines Straftatbestandes und das Vorliegen der Rechtswidrigkeit. Auf die persönliche Schuld des Täters kommt es nicht an. In diesen Fällen spricht man auch vom Vorliegen von Unrecht. Wer eine rechtswidrige Tat begeht, begeht also Unrecht. Insoweit kann es durchaus Unrecht ohne Schuld geben. Zwar kann der Täter in diesen Fällen nicht bestraft werden, dennoch hat das Vorliegen einer „rechtswidrigen Tat“ einige wesentliche Konsequenzen:

So darf z. B. gegen eine Person, die eine rechtswidrige Tat begeht, im Wege der Notwehr vorgegangen werden. Ein schuldhaftes Verhalten des Angreifers ist nicht erforderlich. Auch kann man zu einer rechtswidrigen Tat anstiften oder Hilfe leisten (vgl. §§ 26, 27 StGB). Dass der Haupttäter schuldhaft handelt, ist auch hier nicht erforderlich. Schließlich kann sich an die Begehung von Unrecht die Verhängung einer Maßregel der Besserung und Sicherung knüpfen, §§ 63 ff. StGB.

66Die genannte Prüfungsreihenfolge (das Unrecht ist vor der Schuld zu prüfen) beruht auf dem Gedanken, dass das Unrecht der Schuld sachlogisch vorausgehen muss. Denn es kann zwar Unrecht ohne Schuld geben (z. B. wenn ein Geisteskranker einen Menschen tötet), das Vorliegen einer strafrechtlichen Schuld ohne Unrecht ist jedoch ausgeschlossen (wer kein Unrecht begeht, kann auch nicht „schuld sein“, man kann ihm das Verhalten jedenfalls strafrechtlich nicht vorwerfen).

Strafrecht Allgemeiner Teil

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