Читать книгу Strafrecht Allgemeiner Teil - Bernd Heinrich - Страница 26
Teil 2:Der strafrechtliche Tatbestand Kapitel 2:Der strafrechtliche Tatbestand – Überblick und Deliktsarten I.Grundlagen
Оглавление75Wird mit der modernen Lehre der dreigliedrige Straftataufbau (Tatbestandsmäßigkeit [objektiv; subjektiv] – Rechtswidrigkeit – Schuld) gewählt, muss man auf der ersten Stufe den Tatbestand in den Blick nehmen. Dabei muss stets ein gesetzlicher Straftatbestand (z. B. der Tatbestand des Diebstahls, § 242 StGB) als Anknüpfungspunkt für die strafrechtliche Prüfung dienen. Dies folgt bereits aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz „nulla poena sine lege“.31 In diesem Tatbestand müssen sämtliche Merkmale umschrieben sein, die ein bestimmtes strafrechtliches Verbot (oder Gebot) begründen. Der Einzelne soll dadurch erkennen können, was grundsätzlich von der Rechtsordnung als „verboten“ angesehen wird und wonach er sich demnach richten muss (man spricht daher auch von der „Appellfunktion des Tatbestandes“).
Bsp.: Der Tatbestand des Diebstahls wird in § 242 StGB wie folgt umschrieben: „Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird […] bestraft.“
76Die für die juristische Ausbildung relevanten Tatbestände befinden sich vorwiegend im Besonderen Teil des StGB. Im Normalfall ist ein solcher Tatbestand in sich abschließend und regelt die Voraussetzungen, unter denen ein bestimmtes Verhalten strafbar ist, vollständig. Dabei sind die vor die Klammer gezogenen Vorschriften des Allgemeinen Teils des StGB stets ergänzend heranzuziehen (z. B. das Erfordernis vorsätzlichen Verhaltens, § 15 StGB). Darüber hinaus ist zu beachten, dass manche Tatbestände (Qualifikationen, Privilegierungen) auf anderen Tatbeständen (den sog. „Grundtatbeständen“) aufbauen.32 Die Tatbestände (insbesondere im StGB) sind insoweit regelmäßig als sog. Volltatbestände konstruiert, enthalten also selbst alle Voraussetzungen, die zur Ermittlung der Strafbarkeit erforderlich sind. Es gibt jedoch auch Tatbestände, die für sich genommen nicht abschließend sind, sondern ausdrücklich auf andere Tatbestände oder Vorschriften verweisen (sog. Blankett-Tatbestände).
Bsp.: So ist eine Luftverunreinigung, § 325 StGB, nur strafbar, wenn die Verschmutzung der Luft „unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten“ erfolgt. Welche Pflichten das sind, ergibt sich erst unter Heranziehung von verwaltungsrechtlichen Vorschriften im Einzelfall. – Es gibt jedoch auch Tatbestände, die zwar keine ausdrückliche Verweisung auf andere Vorschriften vornehmen, für deren Auslegung man jedoch Normen aus anderen Rechtsgebieten braucht. So knüpft der Diebstahl, § 242 StGB, an die Wegnahme einer „fremden“ beweglichen Sache an. Wann eine Sache „fremd“ ist, lässt sich aber erst unter Heranziehung der Eigentumsordnung des BGB ermitteln.