Читать книгу Wie im richtigen Leben - Bettina von Clausewitz - Страница 12
Einladungen zu Predigten und Vorträgen blieben aus
ОглавлениеAnsonsten war diese Zeit ziemlich anstrengend für mich, was die Öffentlichkeit der christlichen Familie betrifft, vor allem einige besonders evangelikale Kreise. Damals war ich schon examinierte Theologin und habe freiberuflich als Predigerin gearbeitet. Später hatte ich eine halbe Stelle als Referentin im Amt für Gemeindeentwicklung und missionarische Dienste bei der Evangelischen Kirche im Rheinland. Ich habe oft in evangelistischen Veranstaltungen gesprochen, habe viele Jugendgottesdienste und Jugendwochen organisiert und bundesweit Vorträge gehalten. Gleichzeitig habe ich nebenbei geschrieben und Lesungen gehalten. Es gab jedoch einige Gemeinden, für die war es ganz wichtig, dass die Vortragende moralisch integer war – und das war ich dann als geschiedene Frau in ihren Augen nicht mehr. In dieser christlichen Familie wollten alle Brüder und Schwestern sein, aber sie haben die Scheidung hart verurteilt. Manche haben gesagt: „So etwas darf einem gläubigen Menschen nicht passieren.“ Deshalb wurde ich nicht mehr zum Predigen oder zu Veranstaltungen eingeladen, obwohl die Leute mich vorher geschätzt hatten.
Aus manchen Gruppen habe ich mich völlig ausgeschlossen gefühlt, aus manchen bin ich freiwillig gegangen. Da sind wirklich Beziehungen kaputtgegangen und ich habe diese Kreise nicht als Familie erlebt oder irgendwelchen Schutz dort erfahren. Im Gegenteil, viele haben mir das Gefühl gegeben: Bisher warst du ein Vorbild für mich oder meine Tochter, und das bist du jetzt nicht mehr. Dann habe ich gesagt: Ich bin kein Vorbild mehr dafür, wie man in einer Ehe zusammenbleibt, aber jetzt kann ich vielleicht etwas dazu sagen, wie man trotz Scheitern weiterlebt und weiter glaubt.
Manche haben das verstanden und manche gar nicht. Dann habe ich mich selbst auch von ihnen distanziert. Ich konnte diese Erklärungsversuche und gutgemeinten Sprüche nicht länger ertragen. Ein paar Beispiele: „Der Herr möchte dir dadurch etwas zeigen“ oder „Das liegt daran, dass du dich nicht untergeordnet hast“. Die lustigste Erklärung war aber: „Die Satanisten im Ruhrgebiet beten gegen christliche Ehen an, die beten die kaputt.“ Dann habe ich gedacht: Wieso kann denn das Gebet der Satanisten wirkmächtiger sein als das der Christen? Meine Eltern haben garantiert für meine Ehe gebetet, jeden Tag, und meine Großmütter auch, solange sie lebten. Mit solchen Erklärungen wollte ich dann auch nicht mehr weiterleben.