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„Ich will es einmal besser machen“ Zerrissene Familie
ОглавлениеSarah Vecera
Ohne ihre Großeltern hätte Sarah Vecera (29) wohl keinen guten Start ins Leben gehabt und wäre auch nicht Sozialarbeiterin geworden: der Vater im Drogengeschäft, die Mutter alkoholkrank – beide wollten nichts von der Tochter wissen. „Hätte ich dich doch abgetrieben“, bekam Sarah als Kind von der Mutter zu hören. Aber da lebte sie schon in relativer Geborgenheit in Oberhausen bei den Großeltern, die all das mit viel Liebe auszugleichen versuchten. Eine zerrisse Familie, in der auch die beiden jüngeren Zwillingsbrüder nur mit Mühe Halt fanden. Und doch sind sich die Geschwister darin einig, dass die Großeltern wie Engel für sie waren – und sie selbst versuchen wollen, es besser zu machen als ihre Eltern.
Familie ist für mich Geborgenheit, aber auch viel Stress – ein geborgener Dauerstress könnte man sagen. Als Teenager habe ich mir oft gewünscht, eine ganz normale Familie zu haben. Ich kann mich sehr genau daran erinnern, dass ich im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren abends oft auf meiner Bettkante saß und manchmal bitterlich geweint habe. Es gab Tage, an denen ich mir nichts mehr gewünscht habe als eine Familie wie meine beste Freundin und Nachbarin Katrin, die einfach eine richtige Kleinfamilie mit Mama, Papa, Kind hatte und mit den Eltern zusammen in den Urlaub fuhr. Alles war in Ordnung bei ihr. Aber bei mir war nie alles in Ordnung.
Nicht, weil ich dunklere Haut und diese lockigen schwarzen Haare habe – mein Vater kommt aus Pakistan, meine Mutter ist Deutsche –, das habe ich nie als Benachteiligung empfunden. Ich habe nie ausländische Freunde gehabt, sondern bin unter lauter blonden kleinen Mädchen aufgewachsen, ohne mich selbst als anders oder fremd wahrzunehmen. Heute merke ich schon häufiger, dass ich auffalle – aber das liegt ja nicht nur an meinem Äußeren, sondern auch an meiner großen Klappe und meiner ganzen Art.