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„Weitergeben, was ich selbst bekommen habe“
ОглавлениеAuch meine Berufswahl als Sozialarbeiterin ist sehr von den Erfahrungen aus der Kindheit geprägt und hat auch viel mit meinen Großeltern als Vorbildern zu tun. Ich fand es immer toll, ihnen sozusagen nachzustreben und dafür auch noch Geld zu bekommen. Mir war schon früh klar, dass ich mit Menschen arbeiten wollte, deshalb auch der Job im Mädchenheim. Da arbeite ich immer noch, obwohl ich ja mittlerweile einen vollen Job habe, weil ich merke: Das sind Mädchen, die Bezugspersonen brauchen. Sie landen im Heim, weil sie nicht so tolle Großeltern haben wie ich. Ich hatte immer ein Zuhause, auch wenn ich nicht die besten Startmöglichkeiten hatte, aber diese Mädchen haben das nicht.
Ich bin immer abends im Heim, und das ist die Zeit, in der die meisten Emotionen hochkommen. Es gibt Situationen, da sitzen die Mädchen auf der Bettkante und weinen. Sie fragen nach dem Sinn und nach Gott und warum irgendwer das zulässt, dass sie keine normale Familie haben. Manchmal gibt es schon Momente, da erkenne ich mich selbst mit 13 in diesen Mädchen wieder. Dann ist es toll, davon etwas zurückgeben zu können, was ich selbst im Leben bekommen habe.
Das ist auch im „Weigle-Haus“ so, wo ich mit 13 Jahren hingekommen bin. Es war für mich und meine Entwicklung ein riesiger Schatz, den ich dort entdeckt habe, denn in der Kirchengemeinde meiner Großeltern war in Bezug auf Angebote im Jugendalter Schluss. Das Weigle-Haus war dann zur richtigen Zeit eine Anlaufstelle, sodass ich Anschluss hatte und auch im Glauben gewachsen bin. Ich war bei den Freizeiten dabei, in der Jugendgemeinde aktiv und ehrenamtliche Mitarbeiterin. Im WH habe ich auch eine Art Zuhause und Geborgenheit gefunden und daher viel mit auf den Lebensweg bekommen. Wenn das nicht so gewesen wäre, wäre ich vielleicht auf die schiefe Bahn geraten. Stattdessen habe ich so viel mitbekommen, was ich heute weitergeben darf. Und das Tolle ist, dass ich dafür auch noch Geld bekomme und davon leben kann. Jetzt gerade habe ich zusätzlich einen Ordinationskurs begonnen und werde voraussichtlich nächstes Jahr als Prädikantin (Laienpredigern) ordiniert.