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Das Experiment WG bewährt sich als tragfähige Lebensform

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Die Wohngemeinschaft, in der ich heute lebe, besteht seit fast 15 Jahren. Mein Mann hat sie damals mitbegründet, wir haben zusammen das Haus gesucht und gefunden, in das wir zuerst mit fünf Leuten eingezogen sind. Das waren zwei Ehepaare und ein Single damals. Dieses kleine Haus in Essen-Rüttenscheid haben wir 1997 gemietet und hatten das Ideal vor Augen – auch aus den Erfahrungen in der Wuppertaler und der südafrikanischen WG heraus –, so etwas wie die ersten christlichen Gemeinden in der Bibel zu versuchen: „Sie teilten alles miteinander“, heißt es da. Wir haben uns nichts versprochen und keine Gelübde abgelegt. Wir hätten das auch niemals Kommunität genannt, wie wir das heute tun, sondern sind einfach in eine WG gezogen und haben uns gesagt, wir versuchen einmal, miteinander gemeinschaftlich zu leben. Wir haben damals, anders als in der Wuppertaler WG, nicht unser Geld geteilt, sondern erst einmal vorsichtig mit dem Leben-Teilen angefangen. Als Experiment, sozusagen.

Für diese Gruppe war das sicherlich eine sehr schwierige Phase, als unsere Ehe auseinanderging und mein Mann ausgezogen ist. In derselben Zeit hat aber unser Single überlegt zu heiraten, und das war ein schöner neuer Schwung, der damit ins Haus kam. Es war eine Zeit mit Abschied, Stress, Streit und Traurigkeit, denn auch die anderen haben einen Freund verloren, nicht nur ich. Doch es war kein Tod, sondern eine Trennung, an der man auch irgendwie mitschuldig war, und wir haben gemerkt, wir können niemanden halten. Er geht jetzt wirklich, wir müssen ihn lassen. Der Wandel kam dann, als dieser ehemalige Single eben heiraten wollte und seine Frau überlegte, direkt Mitglied der WG zu werden. Sie wollte sofort mit einziehen, und damit bekam die ganze Gruppe wieder neuen Schwung. Wir dachten: Wir glauben noch an die Ehe. Auch wenn eine gescheitert ist, heißt das nicht, dass wir nie wieder Hochzeiten feiern. Ich habe die beiden getraut und bin mit vollem Herzen dabei gewesen, weil ich immer noch an die Liebe geglaubt habe.

Jetzt sind wir also seit fast 15 Jahren zusammen. Ich habe eine Weile als Single in dieser Gruppe gelebt. Wir sind irgendwann in ein größeres Haus im selben Stadtteil umgezogen, das wir dann auch gekauft haben, weil die beiden Ehepaare davon träumten, Kinder zu haben. Inzwischen haben wir hier vier Kinder, ist noch ein Paar dazugekommen und ich habe wieder geheiratet. Dass wir unser Zusammenleben nicht länger nur als Experiment betrachten, zeigt sich auch darin, dass wir Kommunität geworden sind, evangelische Gemeinschaft. Unsere indischen Geschwister haben uns einen Namen gegeben: „Kirubai“. Das ist das tamilische Wort für „Gnade“. Es bedeutet: Gnade soll jede Person in unserem Haus erfahren. Und die Gnade wohnt mit unter unserem Dach. Sie ist sogar die wichtigste Mitbewohnerin.

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