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III.Objektiv untrennbare Auftragsteile (§ 111 Abs. 4 GWB)

16§ 111 Abs. 4 GWB bestimmt die anwendbaren Vorschriften bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, die objektiv nicht in Auftragsteile trennbar sind. Die Entscheidung, ob ein Auftrag objektiv untrennbar ist, erfolgt nach den Richtlinien auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung, bei der es allerdings nicht ausreichen soll, dass die Absicht des öffentlichen Auftraggebers, die verschiedenen Teile eines gemischten Auftrags als untrennbar zu betrachten, zum Ausdruck gebracht oder vermutet wird; diese Absicht muss sich vielmehr auf objektive Gesichtspunkte stützen, die sie rechtfertigen und die Notwendigkeit begründen können, einen einzigen Auftrag zu vergeben. Die Notwendigkeit für die Vergabe eines Gesamtauftrags kann sich sowohl aus Gründen technischer als auch wirtschaftlicher Art ergeben.15

1.Hauptgegenstand, geschätzter Wert (§ 111 Abs. 4 Nr. 1 GWB)

17§ 111 Abs. 4 Nr. 1 GWB dient der Umsetzung von Art. 3 Abs. 6 VRL, Art. 5 Abs. 5 SRL und Art. 20 Abs. 5 KVR. Danach bestimmen sich die anwendbaren Vorschriften zur Vergabe eines gemischten öffentlichen Auftrags, der nicht objektiv trennbar ist, in erster Linie nach dem Hauptgegenstand des Auftrags.16 Nur für den Fall, dass ein Auftrag sowohl Elemente einer Dienstleistungskonzession als auch eines Lieferauftrags umfasst, wird der Hauptgegenstand anhand des geschätzten, höheren Wertes der Dienstleistungen oder der Lieferungen ermittelt.17

2.Ausnahmen des § 107 Abs. 2 GWB (§ 111 Abs. 4 Nr. 2 GWB)

18§ 111 Abs. 4 Nr. 2 GWB dient der Umsetzung von Art. 16 Abs. 4 VRL, Art. 25 Abs. 4 SRL und Art. 21 Abs. 3 KVR. Ausweislich der amtlichen Begründung18 bestimmt die Vorschrift, dass ein Auftrag, bei dem ein Auftragsteil in den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift des § 107 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 GWB19 oder der Vorschriften zur Vergabe von verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen öffentlichen Aufträgen fällt, im ersten Fall ganz ohne Beachtung der Vorschriften des vierten Teils des GWB und im zweiten Fall gemäß den Vorschriften zur Vergabe verteidigungs- oder sicherheitsspezifischer öffentlicher Aufträge vergeben werden kann.20 Die Vorschrift ist insoweit unklar gefasst, als sie sowohl die Nichtanwendung des vierten Teils des GWB als auch die Ausschreibung nach der VSVgV davon abhängig macht, dass § 107 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 GWB anwendbar ist, nachdem sich der zweite Halbsatz auf beide Fälle bezieht. Das Verständnis der amtlichen Begründung bestätigen jedoch die Richtlinien, wonach der Auftrag „ohne Anwendung der Richtlinie vergeben werden kann, wenn er Elemente enthält, auf die Art. 346 AEUV Anwendung findet; ansonsten kann er gem. der 2009/81/EG vergeben werden.“21

19Für die Anwendung des § 111 Abs. 4 Nr. 2 GWB genügt es, wenn der Auftrag Elemente der Ausnahmebereiche22 enthält. Eine Abgrenzung nach dem Hauptgegenstand oder dem geschätzten höheren Wert sieht § 111 Abs. 4 Nr. 2 GWB nicht vor.

IV.Umgehungsverbot (§ 111 Abs. 5 GWB)

20§ 111 Abs. 5 GWB dient der Umsetzung von Art. 16 Abs. 2 UAbs. 4 VRL, Art. 25 Abs. 2 UAbs. 4 SRL und Art. 21 Abs. 2 UAbs. 4 KVR. Die Vorschrift stellt klar, dass die Entscheidung, einen Gesamtauftrag oder getrennte Aufträge zu vergeben, nicht zur Umgehung von vergaberechtlichen Vorschriften erfolgen darf.

21Die Richtlinienvorschriften sprechen mit dem Umgehungsverbot nur die Vergabe eines einzigen Auftrags an. § 111 Abs. 5 GWB erweitert demgegenüber das Dokumentationserfordernis für den öffentlichen Auftraggeber, der nicht nur bei einem Gesamtauftrag, sondern auch bei der getrennten Vergabe von Aufträgen, mit denen sinnvollerweise ein einziges Unternehmen beauftragt werden könnte, objektive Gründe23 dokumentieren muss. Die getrennte Vergabe wird dabei schon im Hinblick auf § 97 Abs. 4 GWB im Regelfall leichter zu begründen sein.

V.Vergabe von Konzessionen (§ 111 Abs. 6 GWB)

22§ 111 Abs. 6 GWB erklärt die Regelungen in den Absätzen 1, 2, 3 Nr. 1 und Nr. 2 sowie in den Absätzen 4 und 5 des § 111 GWB, die sich aus Gründen der Verständlichkeit und der Übersichtlichkeit nur auf die Vergabe öffentlicher Aufträge beziehen, auf die Vergabe von Konzessionen für entsprechend anwendbar. Insofern dient § 111 Abs. 6 GWB der Umsetzung von Art. 20 Abs. 2 bis 5 und Art. 21 KVR.24

§ 112 GWBVergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen, die verschiedene Tätigkeiten umfassen

(1) Umfasst ein öffentlicher Auftrag mehrere Tätigkeiten, von denen eine Tätigkeit eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 darstellt, dürfen getrennte Aufträge für die Zwecke jeder einzelnen Tätigkeit oder darf ein Gesamtauftrag vergeben werden.

(2) Werden getrennte Aufträge vergeben, so wird jeder einzelne Auftrag nach den Vorschriften vergeben, die auf seine Merkmale anzuwenden sind.

(3) 1Wird ein Gesamtauftrag vergeben, unterliegt dieser Auftrag den Bestimmungen, die für die Tätigkeit gelten, für die der Auftrag hauptsächlich bestimmt ist. 2Ist der Auftrag sowohl für eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 als auch für eine Tätigkeit bestimmt, die Verteidigungs- oder Sicherheitsaspekte umfasst, ist § 111 Absatz 3 Nummer 1 und 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Entscheidung, einen Gesamtauftrag oder getrennte Aufträge zu vergeben, darf nicht zu dem Zweck getroffen werden, die Auftragsvergabe von den Vorschriften dieses Teils auszunehmen.

(5) Ist es objektiv unmöglich, festzustellen, für welche Tätigkeit der Auftrag hauptsächlich bestimmt ist, unterliegt die Vergabe

1. den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber, wenn eine der Tätigkeiten, für die der Auftrag bestimmt ist, unter diese Vorschriften fällt,

2. den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber, wenn der Auftrag sowohl für eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 als auch für eine Tätigkeit bestimmt ist, die in den Anwendungsbereich der Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen fallen würde,

3. den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber, wenn der Auftrag sowohl für eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 als auch für eine Tätigkeit bestimmt ist, die weder in den Anwendungsbereich der Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen noch in den Anwendungsbereich der Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge durch öffentliche Auftraggeber fallen würde.

(6) 1Umfasst eine Konzession mehrere Tätigkeiten, von denen eine Tätigkeit eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 darstellt, sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. 2Ist es objektiv unmöglich, festzustellen, für welche Tätigkeit die Konzession hauptsächlich bestimmt ist, unterliegt die Vergabe

1. den Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen durch Konzessionsgeber im Sinne des § 101 Absatz 1 Nummer 1, wenn eine der Tätigkeiten, für die die Konzession bestimmt ist, diesen Bestimmungen und die andere Tätigkeit den Bestimmungen für die Vergabe von Konzessionen durch Konzessionsgeber im Sinne des § 101 Absatz 1 Nummer 2 oder § 101 Absatz 1 Nummer 3 unterliegt,

2. den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber, wenn eine der Tätigkeiten, für die die Konzession bestimmt ist, unter diese Vorschriften fällt,

3. den Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen, wenn eine der Tätigkeiten, für die die Konzession bestimmt ist, diesen Vorschriften und die andere Tätigkeit weder den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber noch den Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge durch öffentliche Auftraggeber unterliegt.

Übersicht Rn.
A. Vorbemerkungen 1
B. Regelungsbereich der Vorschrift 2–16
I. Sektorentätigkeit (§ 112 Abs. 1 und 2 GWB) 4, 5
II. Gesamtauftrag (§ 112 Abs. 3 GWB) 6, 7
III. Umgehungsverbot (§ 112 Abs. 4 GWB) 8
IV. Objektive Unmöglichkeit (§ 112 Abs. 5 GWB) 9–11
1. Vorrang der öffentlichen Auftragsvergabe (§ 112 Abs. 5 Nr. 1 GWB) 10
2. Vorrang der Sektorenauftragsvergabe (§ 112 Abs. 5 Nr. 2 und Nr. 3 GWB) 11
V. Mehrere Tätigkeiten bei Konzessionen (§ 112 Abs. 6 GWB) 12–16
1. Vorrang der Konzessionsvergabe durch öffentliche Auftraggeber (§ 112 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 GWB) 14
2. Vorrang der öffentlichen Auftragsvergabe (§ 112 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 GWB) 15
3. Vorrang der Konzessionsvergabe (§ 112 Abs. 6 Satz 2 Nr. 3 GWB) 16
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