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Bearbeitungsbeispiel

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Antonia, alleinerziehend und bei der AOK krankenversichert, kann wegen einer Erkrankung ihrer achtjährigen Tochter Luise fünf Tage nicht zur Arbeit gehen. Es handelt sich um eine Bronchitis mit Fieber und Schmerzen, die erste Erkrankung der Tochter im Jahr 2021. Antonias Arbeitgeber hat ihr mitgeteilt, dass er ihr Fehlen akzeptiert, aber für diese Zeit kein Arbeitsentgelt zahlen wird. Hat Antonia einen Anspruch auf eine Ersatzleistung für diesen Einkommensverlust?

Wer?Antonia, es geht um ihr Geld, nicht um eine Leistung für das Kind.
Von wem?Da es sich um einen Einkommensausfall im Zusammenhang mit einer Krankheit handelt, liegt es nahe, sich an die Krankenkasse zu wenden.
Was?Antonia möchte eine Entgeltersatzleistung. Im Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wird diese Leistung als Krankengeld bezeichnet.
Woraus?Sie können Ihre Suche mit dem Inhaltsverzeichnis des SGB V (zuständig für Leistungen der GKV) beginnen. Leistungsansprüche können sich kaum bei den »Allgemeinen Vorschriften« und auch nicht bei »Versicherter Personenkreis« finden. Richtig sind Sie im dritten Kapitel »Leistungen der Krankenversicherung«. Hier müssen Sie nun die Entgeltersatzleistung = Krankengeld suchen. Diese finden Sie im zweiten Titel ab § 44 SGB V. Bereits im Inhaltsverzeichnis entdecken Sie § 45 »Krankengeld bei Erkrankung des Kindes«. Bevor Sie dies unter »Woraus« notieren, ist anhand des Textes zu prüfen, ob es sich tatsächlich um eine Anspruchsgrundlage handelt. Die Regelung beginnt in Abs. 1 mit »Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn …« Sie erkennen als Rechtsfolge einen Anspruch und – eingeleitet durch das »Wenn« – die Voraussetzungen.

Hypothese: Antonia könnte gegen ihre Krankenkasse einen Anspruch auf Krankengeld aus § 45 SGB V haben.

1. Voraussetzungen prüfen

Aus der Anspruchsgrundlage § 45 SGB V ergeben sich für das Kinderkrankengeld folgende Voraussetzungen:

a) Versicherte [Hier sind gesetzlich Versicherte gemeint. Antonia ist in der AOK versichert.]

b) Kind krank. Für die Definition des Begriffs »Kind« verweist § 45 Abs. 1 Satz 2 SGB V auf § 10 Abs. 4 SGB V (auch Stiefkinder, Enkel, Pflegekinder). [Luise ist das leibliche Kind von Antonia und Luise hat eine Bronchitis.]

c) Erforderlich zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege, der Arbeit fernzubleiben. [Luise kann mit hohem Fieber und Schmerzen nicht alleine zu Hause bleiben.]

d) Nach ärztlichem Zeugnis. [Voraussetzung: Antonia hat sich von ihrer Kinderärztin ein Attest schreiben lassen: »Luise ist an einer Bronchitis erkrankt. Die ständige Anwesenheit einer Betreuungsperson ist bis zum … erforderlich«.]

e) Kind versichert [Hier ist gemeint: gesetzlich versichert. Luise ist bei ihrer Mutter familienversichert nach § 10 SGB V. Sie könnte auch über ihren Vater bei einer anderen Krankenkasse versichert sein. Ist sie allerdings privat versichert, so wird diese Voraussetzung nicht erfüllt und es besteht kein Anspruch.]

f) Kind unter zwölf Jahren. [Luise ist acht Jahre alt. Auch bei schweren Erkrankungen kann kein Krankengeld gezahlt werden, wenn das Kind zwölf Jahre alt oder älter ist, es sei denn, es hat eine Behinderung und ist auf Hilfe angewiesen.]

g) Keine andere im Haushalt lebende Person verfügbar. [Antonia ist alleinerziehend, es wohnt keine Betreuungsperson im Haushalt. Nicht darlegen muss Antonia, dass sie keine Verwandten oder Freunde hat, die zur Betreuung ins Haus kommen könnten.]

2. Ausschlussklausel

In § 45 Abs. 2 SGB V wird der Anspruch für Alleinerziehende pro Kind auf 20 Tage im Kalenderjahr begrenzt. Antonia wäre also vom Anspruch ausgeschlossen, wenn sie diesen Anspruch schon verbraucht hätte. Da sie in 2021 erstmals von dem Anspruch Gebrauch macht, greift der Ausschluss nicht.

3. Der Leistungsanspruch ist aus sonstigen Gründen entfallen Nach § 49 SGB V ruht der Anspruch, wenn für die Ausfallzeit andere Leistungen erbracht werden, z. B. Arbeitseinkommen. Der Arbeitgeber von Antonia weigert sich, das Arbeitsentgelt weiterzuzahlen. Ob diese Weigerung rechtmäßig ist, ist hier unerheblich, da § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nur tatsächlich gezahltes Arbeitsentgelt erfasst. Der Sachverhalt bietet auch sonst keine Anhaltspunkte für einen Wegfall des Leistungsanspruchs. Antonia hat einen Anspruch gegen die Krankenkasse auf Zahlung von Krankengeld aus § 45 SGB V.

4. Umfang des Leistungsanspruchs

Antonia hat für jedes Kalenderjahr einen Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld von bis zu 20 Tagen (§ 45 Abs. 2 SGB V). Sie erhält das Krankengeld für fünf Tage, weil in dieser Zeit die Voraussetzungen erfüllt sind und die Höchstdauer nicht überschritten wird. Das Krankengeld wird in Höhe von 70 % ihres Bruttoeinkommens bis zur Beitragsbemessungsgrenze (für 2021: 4.837,50 €/Monat), höchstens aber 90 % ihres Nettoeinkommens gezahlt (§ 47 Abs. 1 SGB V).

Sozialrecht für die Soziale Arbeit

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