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III.Das Fehlgehen der Tat („aberratio ictus“)

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77Bei der „aberratio ictus“ geht es weder um eine Personenverwechslung (error in persona) noch um eine Objektverwechslung (error in objecto). Es handelt sich vielmehr um Fälle der Abweichung vom vorgestellten (geplanten) Kausalverlauf. Gemeint ist das Abweichen des Tatverlaufs, mit anderen Worten das „Danebengetroffen“. Die „aberratio ictus“ bezeichnet Fälle, in denen der Täter seine Tathandlung auf ein ganz konkretes, von ihm angepeiltes Tatobjekt richtet, dieser Angriff jedoch „daneben geht“ und ein anderes Objekt trifft, das er gar nicht anvisiert hatte und gar nicht treffen wollte. Mit anderen Worten: Die gewollte Verletzung des Zielobjekts bleibt aus, während der tatsächliche Verletzungserfolg an einem nicht gewollten, zufällig getroffenen Zweitobjekt eintritt. Nach h. M. kommt es bei der Lösung solcher Fälle nicht auf die Gleichwertigkeit bzw. Ungleichwertigkeit der Objekte an: Hinsichtlich der gewollten Tat am Zielobjekt kommt danach nur Versuch und hinsichtlich der ungewollten (versehentlichen) Verletzung des Zweitobjekts nur Fahrlässigkeit in Betracht, sofern diese im Gesetz strafbar ist.

78Übungsfall 19: „aberratio-Fall“

A. schießt gerne auf streunende Hunde. Als er am Sonntagmorgen im öffentlichen Stadtpark einen Hund ohne Leine entdeckt, gibt er einen gezielten Schuss auf den Hund ab. In diesem Moment biegt der Besitzer des Hundes, der völlig ahnungslose Bürger B. um die Ecke. A.’s Schuss geht daneben und trifft den B. tödlich, während sein Hund unverletzt entkommt.


Im „aberratio-Fall“ wollte A. einen Hund töten. Strafrechtlich gesprochen ist der Hund eine Sache. Wenn man davon ausgeht, dass der Hund jemand gehört, handelt es sich um eine fremde Sache. Mit der Schussabgabe hat A. somit vorsätzlich zu einer Sachbeschädigung „unmittelbar angesetzt“ und sich im Ergebnis der versuchten Sachbeschädigung (§§ 303, 22) strafbar gemacht. Bei der tödlichen Verletzung des B. dürften alle Voraussetzungen der Fahrlässigkeit erfüllt sein: Wer in einem öffentlich zugänglichen Stadtpark an einem Sonntagmorgen Schüsse abgibt, verletzt die erforderliche Sorgfalt und muss mit tödlich ausgehenden Unfällen rechnen (Vorhersehbarkeit). Dann wäre A. wegen fahrlässiger Tötung (§ 222) strafbar. Damit zeigt sich deutlich die Grundstruktur der aberratio ictus: Versuch (sofern strafbar) am nicht getroffenen Zielobjekt und Fahrlässigkeit (wenn strafbar) am versehentlich getroffenen Zweitobjekt.

Anders liegen allerdings die Fälle, in denen der Täter das Zweitobjekt nicht versehentlich getroffen hat, sondern mit seiner Verletzung als möglich gerechnet hat und sie in Kauf genommen hat (bedingter Vorsatz bzgl. des Zweitobjekts). Hier liegt Versuch am nicht getroffenen Zielobjekt und vollendete Vorsatztat am getroffenen Zweitobjekt vor.

Beispiel:

Auftragskiller K. schießt aus größerer Entfernung auf sein Opfer O. und trifft dessen danebenstehenden „Bodyguard“ tödlich. K. hatte mit dieser Möglichkeit gerechnet und sie in Kauf genommen.

In diesem Falle hatte K. vorsätzlich getötet, weil er die Tötung des Bodyguards „bedingt vorsätzlich“ vorgenommen hat.

Strafrecht für Polizeibeamte

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