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IV.Der Irrtum über den Kausalverlauf

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79Der Vorsatz muss sich bekanntlich auf einen objektiven Tatbestand beziehen. Zu diesem gehört auch die Kausalität, also der Ursachenzusammenhang zwischen Handlung und Erfolg. Insofern muss der Vorsatz auch den Kausalverlauf in seinen wesentlichen Umrissen umfassen. Hier stellt sich gelegentlich die Frage, wann ein Irrtum über den Kausalverlauf so wesentlich ist, dass ein Tatbestandsirrtum vorliegt und damit der Vorsatz entfällt (§ 16 I Satz 1). Die Rspr. und h. M. verlagern im Wege der Äquivalenztheorie die Probleme bei atypischen, irregulären Kausalverläufen in den subjektiven Tatbestand, greifen dabei aber auf Kriterien der (objektiven) Zurechenbarkeit wie z. B. „allgemeine Lebenserfahrung“ und „generelle Vorhersehbarkeit“ zurück. Danach sind Abweichungen zwischen dem tatsächlichen und dem vorgestellten Kausalgeschehen (Irrtum über den Kausalverlauf) dann für den Vorsatz irrelevant, weil „unwesentlich“, wenn sie sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung in den Grenzen des „Voraussehbaren“ halten.

Dazu drei Beispiele zur „unwesentlichen“ Abweichung im Kausalverlauf:

80Beispiel: „Beilhiebe-Fall“37

Der Angeklagte A. hatte durch mehrere Beilhiebe auf den Kopf seines Opfers O. versucht, dessen Schädel zu zertrümmern, um ihn zu töten. O. überlebte zunächst den brutalen Anschlag, verstarb dann aber einige Tage später infolge einer Wundinfektion in der Klinik.

81Beispiel: „Brückenpfeiler-Fall“38

Täter T. hatte ein kleines Mädchen M. von einer Brücke gestoßen, um es zu töten. Nach T.’s Vorstellung sollte M. im Fluss ertrinken. M. verstarb aber bereits bei einem Aufprall auf einem Brückenpfeiler.

82Beispiel: „Jauchegruben-Fall“39

Die später angeklagte Frau A. wollte Frau B. töten, indem sie ihr zwei Hände voll Sand in den Mund stopfte. Als Frau B. schließlich regungslos dalag, wurde sie von A. für tot gehalten und in eine Jauchegrube geworfen, wodurch erst der Tod von B. unmittelbar bewirkt wurde.

Bezugspunkt des Tatbestandsvorsatzes ist der objektive Tatbestand. Zu diesem gehört auch die Kausalität, der Ursachenzusammenhang zwischen Handlung und Erfolg. Deshalb muss der Vorsatz auch den Kausalverlauf in seinen wesentlichen Umrissen umfassen. Abweichungen zwischen dem vorgestellten und dem tatsächlichen Kausalverlauf sind nach h. M. dann „unwesentlich“, wenn sie sich noch in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren halten und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigen.40

Im Beilhiebe-Fall, im Brückenpfeiler-Fall und im Jauchegruben-Fall ist die Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf jeweils unwesentlich gewesen, weil die Täter sich in allen drei Fällen den Tod des Opfers subjektiv vorgenommen und im Ergebnis auch realisiert hatten. Sie wollten ihr Opfer töten und sie haben ihr Opfer getötet. Für die Taten insgesamt war damit die Abweichung jeweils irrelevant. Oder wie es der BGH im Jauchegrubenfall ausgedrückt hat: „Die Abweichung des wirklichen vom vorgestellten Ursachenablauf ist nur gering und rechtlich ohne Bedeutung.“

Strafrecht für Polizeibeamte

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