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e) Wesentliche wirtschaftliche Interessen im Inland (§ 2 Abs. 3 AStG)

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Letzte Voraussetzung für die Anwendung des § 2 AStG ist das Vorliegen wesentlicher wirtschaftlicher Interessen des Steuerpflichtigen im Inland (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr 2 AStG). Es sollen nur jene Steuerpflichtigen zur erweiterten beschränkten Steuerpflicht herangezogen werden, die mit der Bundesrepublik Deutschland wirtschaftlich besonders verbunden sind. In § 2 Abs. 3 AStG ist in drei Nummern ein abschließender Katalog dieser (unmittelbaren oder mittelbaren, vgl § 2 Abs. 4 AStG) wesentlichen wirtschaftlichen Interessen enthalten. Sie können sich entweder aufgrund bestimmter Einkunftsarten (gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 EStG, vgl Nr 1) oder aufgrund der Höhe inländischer Einkünfte (Nr 2) oder aufgrund inländischer Vermögenswerte (Nr 3) ergeben. Die Tatbestände sind gleichberechtigt. Eine Beschränkung auf bestimmte Einkunftsarten im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG ist nicht vorgesehen, jedoch darf der Steuerpflichtige aufgrund der wirtschaftlichen Interessen nicht ausländische Einkünfte im Sinne des § 34d EStG beziehen[39]. Ob die wesentlichen wirtschaftlichen Interessen vor oder nach dem Wegfall der unbeschränkten Steuerpflicht begründet worden sind, ist unerheblich[40].

Gemäß § 2 Abs. 3 Nr 1 AStG hat eine Person iSd Vorschrift wesentliche wirtschaftliche Interessen im Inland, wenn sie zu Beginn des jeweiligen Veranlagungszeitraums Unternehmer oder Mitunternehmer eines inländischen Gewerbebetriebs ist. Beteiligungen, die erst im Laufe des Jahres erworben werden, können für diesen Veranlagungszeitraum nicht zu wesentlichen Inlandsinteressen führen. Zu den Unternehmern iSd Vorschrift zählen Einzelunternehmer, Gesellschafter einer OHG oder BGB-Gesellschaft, soweit diese gewerbliche Einkünfte erzielen, einschließlich atypische stille Gesellschafter oder Unterbeteiligte. Typisch stille Gesellschafter rechnen dagegen nicht hierzu. Kommanditisten sind vom Begriff des Mitunternehmers iSd Nr 1 – anders als bei § 15 EStG – nicht erfasst. Für Kommanditisten ist eine Mindestbeteiligung (einschließlich Unterbeteiligungen) vorgesehen; die Vorschrift greift nur, wenn der Kommanditist zu mehr als 25% an den Einkünften der KG iSd § 15 Abs. 1 S. 1 Nr 2 EStG beteiligt ist. Dies schließt die ihm zuzurechnenden Sondervergütungen ein, unabhängig davon, ob sich das Sonderbetriebsvermögen im Inland oder im Ausland befindet. Gleichgestellt ist schlussendlich die wesentliche Beteiligung eines ehemals unbeschränkt Steuerpflichtigen an einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft iSd § 17 EStG. Somit genügt mittlerweile eine Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft iHv lediglich 1%; eine mittelbare Beteiligung ist ausreichend.

Die zweite Alternative für das Vorliegen wesentlicher Inlandsinteressen (§ 2 Abs. 3 Nr 2 AStG) knüpft an die Höhe der nicht-ausländischen Einkünfte an und orientiert sich damit gleichzeitig an der Rechtsfolge der Vorschrift. Übersteigen diese im Veranlagungszeitraum mehr als 30% des Gesamtbetrags der Einkünfte des Steuerpflichtigen oder 62 000 Euro, greift die erweiterte beschränkte Steuerpflicht.

Wesentliche wirtschaftliche Inlandsinteressen werden schließlich auch angenommen (§ 2 Abs. 3 Nr 3 AStG), wenn das Vermögen des Steuerpflichtigen, dessen Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte iSd § 34d EStG wären, zu Beginn des Veranlagungszeitraums mehr als 30% seines Gesamtvermögens beträgt oder 154 000 Euro übersteigt. Eine tatsächliche Erzielung nicht-ausländischer Einkünfte ist dem Wortlaut nach nicht notwendig („wären“). Mithin ist allein erforderlich, dass aus dem Vermögen, würde es Erträge abwerfen, nicht-ausländische Einkünfte stammen. Im Gegensatz hierzu knüpft die Nr 2 der Norm an die tatsächlich erzielten nicht-ausländischen Einkünfte an („sind“).

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Lösung Fall 22 (Rn 345):

M ist seit seinem Wegzug in Deutschland nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig, weil es an einem inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt fehlt. M könnte aber beschränkt steuerpflichtig sein. Vorliegend ist M beschränkt steuerpflichtig mit seinen inländischen Einkünften aus der Beteiligung an der X-KG (§ 49 Abs. 1 Nr 2 Buchstabe a EStG), weil im Inland eine Betriebsstätte (mindestens eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte) unterhalten wird. Hinsichtlich der freien journalistischen Tätigkeit ist eine Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr 3 EStG gegeben, weil M seine im Ausland ausgeübte Arbeit (Schreiben der Beiträge) im Inland verwertet. Hinsichtlich der Sparzinsen hingegen scheidet eine beschränkte Steuerpflicht des M aus, weil es an den Voraussetzungen der dinglichen Besicherung der Kapitalforderung mangelt (§ 49 Abs. 1 Nr 5 Buchstabe c Doppelbuchstabe aa EStG). Und hinsichtlich der Mieteinnahmen aus der Vermietung des Hauses in Dubai schließlich scheidet eine beschränkte Steuerpflicht ebenfalls aus, weil es sich dabei nicht um inländische, sondern ausländische Einkünfte im Sinne des § 34d Nr 7 EStG handelt. M könnte aber auch der erweiterten beschränkten Steuerpflicht des § 2 Abs. 1 AStG unterliegen. M war in den letzten zehn Jahren vor der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht annahmegemäß mindestens fünf Jahre unbeschränkt steuerpflichtig. Da Dubai keine Einkommensteuer erhebt, erübrigt sich insoweit auch die Prüfung einer niedrigen ausländischen Besteuerung im Sinne des § 2 Abs. 2 AStG, und wesentliche wirtschaftliche Interessen im Inland sind für M schon aufgrund seiner 50%ige KG-Beteiligung gegeben (§ 2 Abs. 3 Nr 1 AStG). Die Voraussetzungen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht liegen damit in seiner Person vor (weiter bei Rn 386).

§ 3 Die beschränkte Steuerpflicht im Ertragsteuerrecht › A. Persönliche Steuerpflicht › II. Körperschaftsteuer

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