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Kapitel 50: Nero

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Cäsaren-Wahnsinn, das hört sich doch schon mal gut an – diese ganz besondere und seltene, selten mögliche Art des Wahnsinns sagte man ihm ja nach. Von einem Reichskanzler-Wahnsinn ist bisher noch nichts bekannt geworden, aber wir haben ja jetzt einen Führer. Und der Führer liebt die Architektur und wäre wohl gern selber Architekt. Nero war da mutiger: er ließ sich als Sänger feiern, trat als Schauspieler auf und nahm an Wagenrennen teil – die armen Sterblichen, die bei diesen Rennen gegen ihn angetreten sind und wahrscheinlich nicht gewinnen durften. Als Sänger und Schauspieler soll er sich geziert und den Befehl ausgegeben haben, die Theater zu verschließen, damit keiner wegrennen kann. Das nenne ich konsequent, und jeder Künstler, wenn er denn ehrlich wäre und die Macht dazu hätte, täte nichts anderes: einsperren die Leute, und dann müssen sie lesen, sich die Bilder anschauen, den Versen lauschen, das Schauspiel miterleben, das doch viel wichtiger ist als ihr blödes Leben – das wäre so ein Kandidat, dieser Nero, ein sehr wohl berechtigter Anwärter auf den Thron, den ich in meinem historischen Roman noch zu vergeben habe. In Neros Zeit, Neros Epoche könnte er spielen. Er soll ja seine eigene Mutti umgebracht haben und auch seine Ehefrau. Um dann eine andere heiraten zu können – auch das ist konsequent und sicher für die meisten Ehemänner nachvollziehbar, nur fehlt es ihnen wiederum an der Macht, die Nero besaß. Ließe sich heutzutage ein solcher Vorfall bei einem Mächtigen des Dritten Reiches, beim Allermächtigsten wenigstens, vertuschen? Vielleicht ist er ja deshalb nicht verheiratet, der Führer. Und am Ende hat er sich umgebracht, der Nero, als seine Garde von ihm abfiel, die stolzen Prätorianer, und diese Prätorianer, sie erinnern mich irgendwie an eine zeitgenössische Erscheinung – nur leben wir in einer schnellebigen Zeit und können uns nur noch Abkürzungen leisten, die natürlich sehr viel weniger pompös klingen. Ein S und ein A oder nun zweimal das gleiche S, das macht nicht soviel her. Aber man kann ja noch Hoffnung haben, und vielleicht, vielleicht wendet sich ja auch die übriggebliebene Doppelt-S-Garde noch mal gegen ihren obersten Anführer, und so ein Selbstmord, er wäre doch auch heutzutage noch die Lösung eines Problems. Ein Schuß und Schluß. Aber das beste an Nero bleibt natürlich, daß er Rom angezündet hat – angezündet haben soll, ich weiß, ich weiß, die Meinungen der Historiker gehen da auseinander. Aber auch das wird ja wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit umstritten bleiben, wer für den Reichstagsbrand verantwortlich ist, denn die Verantwortlichen werden ja wohl nicht so blöd sein, das aktenkundig gemacht zu haben, auf daß man’s irgendwann mal im Archiv nachlesen kann. Entscheidend ist nur, daß man’s Nero zutraute, daß man ihn damals schon gleich in noch römischen Zeiten verdächtigte, er wäre es gewesen, der Rom angezündet hat, hat anzünden lassen – ganz alleine wird er’s ja wohl nicht geschafft haben, der faule Sack. Entscheidend und von fortdauerndem Interesse bleibt, auch für die heutigen Zeiten, daß er, Nero, diesen Verdacht dann auf die Christen lenkte, eine kommunistische Untergrund-Sekte. Und dann setzte sie ein, die Christenverfolgung, für die Nero den Befehl gab, und es sollen ja viele im Kolosseum-KZ geendigt sein, den wilden Bestien vorgeworfen – ein gewisser Zeitbezug wäre also da, ein gewisser, und ich betone das gewiß.

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