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Kapitel 52: Vor dem Tribunal

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Genosse Schlechter. Ich bin nicht euer Genosse Schlechter, nicht mehr. Du hast den Ehrentitel eines Genossen verwirkt, wir wissen es, du elende Ratte. Aber dann sprecht mich nicht als Genossen an, der ich längst nicht mehr bin. Einmal Genosse, immer Genosse. Man tritt nicht so einfach aus der Partei aus. Aus dieser nicht. Wir sind doch kein kleinbürgerlicher Kleinkleckerlesverein. Aber ich bin es doch, ein kleinbürgerlicher Klecks, mehr nicht. Du hast immer deine proletarische Herkunft betont. Halbproletarisch. Gibt’s nicht. Entweder oder. Schwarz oder weiß. Schwarz – ich glaube doch jetzt an den Pfaffenrock und nicht mehr an die rote Fahne der Weltrevolution. Religion ist Opium für das Volk. Ich bin ein Verblendeter. Ich bin für eure Sache verloren, Genossen. Aber ich schade ihr doch nicht. Ihr macht euers, ich meines. Du bist ein Volksschädling, du gehörst ausgemerzt. Aber doch erst im März, nicht im Februar schon. Du setzt auf den Sieg der Reaktion? Das Proletariat wird siegen. Das Proletariat kann gar nicht siegen. Siegt es, hört es auf, Proletariat zu sein, und auch in euerm Staat muß doch irgendwer die Arbeit machen. Die Avantgarde schreitet unermüdlich voran. Laßt mich am Wegrand zurück, ich bin nur ein unnützer Künstler. Wir überlegen noch, ob es sich lohnt, einen von uns mit der Maschinenpistole neben dich zu stellen, der aufpaßt, daß du auch das malst, was uns paßt. Nehmt einen Nazi-Maler dafür, die können das besser. Das Proletariat will keine Parasiten mit durchfüttern müssen. Ich male, was ihr wollt, ich bin künstlerisch eh schon am Ende. Dann sparen wir uns die Patrone, Genosse Schlechter. Nennt mich doch nicht immer Genosse. Du hast wohl Angst vor der Reaktion?

Speedy – Skizzen

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