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Gebäckträger & Ignorantin

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SIELänger und vor allem glücklich verheiratet zu sein, fällt für mich in die Rubrik »Kunst-Fehler«. Es ist eine Kunst, die Fehler des Partners ertragen zu lernen und die eigenen elegant zu vertuschen. Ehefrauenpsychologie, ich weiß. Aber die hilft. Weiters hilft es auch, manches zu übersehen. Übersehen ist überleben. Speziell am Wochenende. Wochenende ist die Auszeit vom 6.30-Uhr-Terror, von diesem »Ich bin spät dran«-Wahnsinn. Das Blöde: Irgendwer muss Frühstück holen. Ich verkauf ’ mich für frische Kipferln und knusprige Semmerln. Aber ich stehe sicher nicht dafür auf.

Das fällt in seine Agenda, befand ich eines Tages. Seitdem habe ich es mir angeeignet, seine Heute-gehst-du-aber-Frühstück- holen-Signale zu übersehen. Das ist harte Arbeit. Stellen Sie sich vor, wir liegen im Bett – er sagt: »Ein Kornspitz wäre jetzt super, aber es ist draußen so kalt.« Das garniert er mit diesem Ich-bin-so-arm-Blick nach Art des Kettenhundes. Die Übersehen-Strategie ist hier äußerst hilfreich, heißt: Ja nicht auf die Mitleidstour eingehen, sondern Belangloses parlieren: »Ich muss unbedingt zum Osteopathen.« Dazu passend ein gestresster Unterton, der signalisiert: »Die Frau ist genervt und streitlustig.« Mein Mann ist ein Streitvermeider – also: kluger Schachzug.

Nach weiteren halbherzigen Versuchen, die Semmelholerei zu umschiffen, steht er auf. Ab sofort ist großes, geradezu sehr großes Übersehen angesagt: Ich ignoriere seine Alles-muss-immer-ich-machen-Körpersprache, sein gerötetes Haupt, das auf unterdrückte Wut schließen lässt. Ich ignoriere sein Gemurmle im Stile von »Jeden-Sonntag-dasselbe «. Ich übersehe auch, dass er mir – vom Ausflug zurückgekehrt – die Backware auf den Esstisch knallt. Was soll’s? Ein guter Tag beginnt mit der richtigen Strategie. Man muss ja nicht immer reden. Endlich Wochenende!

ERZugegeben: Der rituelle Semmerlbesorgungsterror am Wochenende nervt. Und es nervt, dass mein Genervtsein übergangen wird. Aber ich habe mich mit meiner Rolle als Gebäckträger der Familie abgefunden. Und ich bin zur Rache bereit. Ich ignoriere nämlich beharrlich jenen Unruhegeist, der meine Frau (nach dem Aufstehen!!!) beherrscht. Wenn ich auf dem Sofa liege, um Zeitungen zu lesen oder das knifflige Rätsel aus dem Zeit-Magazin zu lösen, dann entgeht mir natürlich nicht ihr Erledigungsfuror – ein Treiben, das meinen Augenwinkel irritiert. Soll so sein, mag man denken. Jede, wie sie mag. Aber gleichzeitig kommentiert sie auch jeden Handgriff. Ächzend. Anklagend. Sie kehrt beispielsweise die Wohnung und würzt diese Tätigkeit mit ausufernden Erklärungen, dass es ein Wahnsinn sei, wie viel Dreck »da so« entsteht. Da ich aber eh schon beim Bäcker war, ruht mein Gewissen sanft. Ich weiß: Sie will jetzt nicht, dass ich kehre. Sie will, dass ich irgendetwas »Nützliches« tue. Aus Solidarität. Tue ich aber justament nicht. Daher lässt sie subtil die nächsten Versuche folgen. Phase 1, die grundsätzlich neutrale Bemerkung: »Unglaublich, so viele Algen im Biotop. « Phase 2, die Annäherung mit der »man«-Taktik: »Im Badezimmer sollte man zwei Lamperln austauschen.« Phase 3, die sanfte »du«-Erinnerung: »Wolltest du nicht heute Holz kaufen?«

Die Gemeinsamkeit der Anläufe ist das Ansinnen, mich zu einem Tun zu bewegen, ohne es direkt zu sagen. Ein schlichtes »Mach ich« würde die Situation augenblicklich befrieden. Mach ich aber nicht. Das ist zwar gemein, aber notwendig. Ihr letzter Ausweg ist … Phase 4, die konkrete Anrede: »Könntest du bitte den Mist rausbringen, der stinkt.« Darauf antworte ich dann gerne mit »gleich«. Man gönnt sich ja sonst nix.

Du machst mich wahnsinnig

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