Читать книгу Du machst mich wahnsinnig - Gabriele Kuhn - Страница 16

Rasche Erledigungen

Оглавление

SIEUnlängst hatte ich einen Albtraum: In dem war ich eine To-do-Liste in Gestalt einer Blondine mit Körbchengröße D. Als diese sprach ich Männer an und bat sie, mich rasch zu erledigen. Aber keiner wollte mich. Da schrak ich schweißgebadet hoch, hörte den Mann nebenan atmen und war erleichtert, doch nur Ehefrau und Angestellte zu sein. Obwohl. Manchmal komme ich mir vor wie so eine Liste. Oft wache ich auf und denke: »Scheiße, das gehört auch noch erledigt.« Ich trage das dann ein – auf dem iPhone, im Kalender, ich schicke mir Mails und SMS. Eines mir selbst, das andere dem Mann nebenan. Dann notiere ich mir auf ein Post-it, dass ich mir was aufs iPhone geschickt habe und nicht vergessen darf, die SMS zu lesen. Das Ganze erzähle ich auch ihm – atemlos. Weil ich finde, dass eine gute Beziehung meinen Stress aushalten muss.

Außerdem finde ich, dass das Gros der To-dos Männersache ist. Im Herbst etwa: Die Gartendusche muss weggeräumt, der Rasen noch ein letztes Mal gemäht werden, der Sonnenschirm gehört in den Keller. Ich weiß, dass ich ihn damit nerve, weil nichts davon auf der Hitliste der präferierten Freizeitbeschäftigungen steht, aber immerhin sagt er: »Ja, mach’ ich.« Da heißt es, auf der Hut zu sein. Denn so toll das auch klingen mag – es heißt exakt nix. »Ja mach’ ich« ist ein verbaler Mutti-Ruhigsteller im Kampf gegen den To-do-Drachen. Also holt er den Rasenmäher, um zu signalisieren: Gleich passiert’s! Stunden später steht er noch immer dort, wo Herzkönig ihn geparkt hat. Ich lästere, er kontert: »Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.« Allerweil, es wäre schon geschnitten. Dafür ist die Gartendusche weg. Bis in den Keller hat sie es aber nicht geschafft, sie macht Zwischenstation auf der Gartenbank. Mit etwas Pech liegt sie dort, bis das Christkind kommt. Aber wer weiß: Vielleicht mag es vor der Bescherung ja kurz duschen …?

EREine der unverzichtbaren Ingredienzien einer Partnerschaft ist ein Verbalverhalten, das unter dem Fachbegriff Mansollteismus bekannt ist. Dieses wird vor allem vom weiblichen Part der Beziehung angewandt und ist eine geschickt als Überlegung getarnte Aufforderung, allerlei zu erledigen. Der Mansollteismus (»Man sollte … den Bankberater anrufen, Hundefutter kaufen, den Rasen mähen« usw.) ist in unserer Ehe klar definiert: Man bin ich. Ausnahmslos. Deshalb antworte ich auf ihre Feststellung, man müsse etwa dringend neue Ordnung im Keller schaffen, auch nur spaßhalber mit der Frage: »Stimmt, wer macht’s?« Nur um mich zu vergewissern, dass sie ihr Sprüchlein von den vielen Angelegenheiten, die sie ohne großes Aufsehen quasi im Vorbeigehen schupfe, eh noch fehlerfrei aufsagen kann. Aber natürlich ist klar, dass ich es sein werde, der sich zur unbedankten Entrümpelungsmission aufmacht.

Die einzige Tücke des wohltemperierten Mansollteismus ist die fehlende Zeitangabe. Quasi ein Hintertürl im Erledigungsprozess. Denn die Formulierung sieht nicht vor, wann zu geschehen hat, was angeblich geschehen muss. Spätestens an diesem Punkt liegt der Zwist in der Luft. Denn während die Großmeisterin des Abhakens dem »Man sollte …« gedanklich ein »… und zwar rasch« anhängt (auch als Sofortismus berüchtigt), sehe ich das entspannter. Ich betrachte den Satz »Was erledigt ist, ist erledigt« als ein neurotisches Konstrukt von Erledigern. Denn ob die seit sieben Jahren im Keller gelagerte irreparable Stehlampe im September 2012 oder erst im November 2019 entsorgt wird, fällt für mich eher nicht in die Kategorie Überlebensfrage. Also lese ich noch mindestens ein Buch, ehe ich in den Keller gehe. Denn im Sinne des Mansollteismus gilt: Man sollte nix überstürzen.

Du machst mich wahnsinnig

Подняться наверх