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Die Last der Liste

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SIEEinfacher geht’s nimmer: Wenn der Mann nebenan einkaufen geht, dann kriegt er ein großes Zetterl mit. Auf dem steht dann alles, was die Chefköchin des Hauses (also ich) zur Zubereitung der von ihm gewünschten Mahlzeiten braucht – und mitunter etwas mehr. Mehr deshalb, weil ich mir – aufgrund so manch herber Erfahrung – angewöhnt habe, ausführlicher zu werden. Da steht also dann nicht mehr nur »Piment«, sondern: ein Sackerl Piment und dazu eine plastische Erklärung, was genau Piment ist. Das, weil der Mann nebenan mangels Lebensmittel-Wissen dazu neigt, seinem »Bauchgefühl« zu vertrauen. Es führt dazu, dass er erwähnten Piment in der Abteilung Monatshygiene und Gummiwaren sucht, weil das Wort »irgendwie danach klingt«. Ähnlich erging es mir mit dem Zetteleintrag »Topinambur«, für den er und sein Bauchgefühl meinten, in die nächste Apotheke fahren zu müssen, weil das nach einem frei verkäuflichen Hormonpräparat klänge. Also haben sich meine Einkaufslisten verändert – oft haben sie die Länge einer Kurzgeschichte. Und dennoch kommt es immer noch vor, dass er Knollensellerie statt Stangensellerie anschleppt. Woran denkt er nur?

Dies zu beantworten, würde den Rahmen sprengen, stattdessen eine Anekdote vom vergangenen Samstag. Da hatte ich den Terminus »Waschmittel« auf der Einkaufsliste nicht konkretisiert. Fehler. Flugs wurde ich im Sekundentakt angerufen, weil ein verzweifelter Mann nebenan mir – etwas überfordert – hundert gefühlte Fragen und Beschuldigungen ins Telefon hechelte. Von »Waschmittel, jo eh – aber für Teller oder Gwand?« über »Heast, da gibt es für jedes Wäschestück ein anderes Mittel« bis »Ist Buntwäsche nicht dasselbe wie Weißwäsche?«. Einatmen, ausatmen. Es ist nämlich einer jener Momente, in dem man bereut, für zwei waschen zu müssen.

ERNur damit nicht (wie so oft) ein falscher Eindruck entsteht: Ich koche natürlich regelmäßig für die Familie. Ich gebe aber zu, dass ich dabei eher auf herkömmliche Rezepte vertraue. Heißt: Für Reisfleisch oder Schinkenfleckerln braucht es nur Altbewährtes, und das kann ich auswendig. Meine Frau hingegen hat einen Hang zu kulinarischen Herausforderungen. Sie besteht zum Beispiel zu Weihnachten darauf, etwas zu kredenzen, das es nie zuvor gab. So wird der Festtag auch stets zum Abend des großen Experiments, was sich mitunter auch ein bisserl auf die Atmosphäre auswirken kann. Jedenfalls sehnt sich Frau Kuhn verdammt häufig nach Inspiration. Daher türmen sich in unseren vielen Regalen auch Kochbücher wie Vegetarische Geheimnisse aus der peruanischen Küche über Die 999 spannendsten Reisgerichte bis Mut zum Eintopf.

Das allein wäre freilich nicht das Problem. Im Gegenteil. Aber außergewöhnliche Kochideen benötigen oft einmal außergewöhnliche Zutaten und garantiert immer einen außergewöhnlichen Einkaufstrottel. Das ist jener Mann, der auf der langen Liste von Madame Exceptionelle Sachen wie Blattamaranth, Malabarspinat (bitte den roten) oder Zuckerwurz entdeckt. Der daraufhin im Supermarkt-Paradies mit Feinkostabteilung zu googeln beginnt. Der dann die große Suche startet. Der lange danach (meistens schon im Team mit zwei, drei ebenso ratlosen Verkäufern) nichts davon gefunden hat und flucht. Der am Ende zum Telefon greift, um wertvolle Anweisungen zu hören wie »Wenn’s Obsidian nicht gibt, nimm Slim Jim, Hauptsache, Melanzanipaste«. Na klar. Ich beruhige mich aber trotzdem schnell wieder. Dazu brauche ich nur einen Würstelstand.

Du machst mich wahnsinnig

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