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Noch mehr Ball-Last

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SIENa gut, jetzt ist es bald so weit. Die kommt jetzt, die EURO 2012. Fußball. Männerschmerzen. Hopfen-&-Malz-high. Chips-Ekstase. Das liegt wie der Duft ukrainischer Tschebureki (eine Art Golatsche mit Faschiertem drin) in der Luft. Madame EURO 2012 hat sich also fesch gemacht und klopft an unserer Schlafzimmertür. »Privit (Hallo; ukrainisch) «, flötet sie malerisch, »es ist an der Zeit, ich mach’ mich schon einmal ein bissl breit. Dann hocke ich drei Wochen auf deinem Herzblatt und steige genauso lange nimmer runter.« Dabei klimpert sie mit ihren Wimpern und schaut provokant. Na und? Auch wurscht. Als ob mich noch irgend ein Ball-Last düpieren könnte! Ich vermute, der Mann nebenan hat nur zwei Mal in seinem Leben nicht an Fußball gedacht. Als er geboren wurde und als er mich das erste Mal küsste – obwohl? So sicher bin ich mir da bei genauerer Reflexion auch wieder nicht.

Also, Madame, schnapp ihn dir und mach mit ihm, was du willst. Ich bin dann mal eh weg. Und hab’ dann eh anderes zu tun. Bevor ich mir nämlich Trauerspiele wie Polen gegen Griechenland gebe, geh’ ich lieber und studiere das 432-Seiten-Œuvre Algebra und die Kunst der arithmetischen Abstraktion. Und weil ich sowieso nicht fad bin, habe ich mir schon vor Wochen eine alternative To-do-Liste zusammengestellt. 1. Absolut oberste Priorität: Heimlich die Karte des SAT-Receivers entfernen und so tun, als wär’s ein technisches Gebrechen. 2. Nix kochen und sagen: Schatzi, ich habe eine Einladung ins Steirereck. Women only. 3. Wieder nix kochen. 4. Den Hochzeitstag unbedingt feiern wollen. 5. Streiken. 6. Die Möbel in der Wohnung umstellen (Fernseher inkl.). 7. Noch mehr nix kochen. 8. Seinen besten Rotwein mit Cola trinken. 9. So lange, bis mir während eines wichtigen Matchs übel ist und ich mich 10. sehr und vor allem laut übergebe. 11. Doch kochen.

ERFür einen Augenblick überlegte ich, mir als Beweis meiner Liebe kein einziges Match der EURO anzusehen – der totale Verzicht als Überraschungseffekt in einer Ehe. Darüber musste ich dann herzlich lachen, ehe ich die Tage bis zum Eröffnungsspiel zu zählen begann. Denn für einen fußballgläubigen Menschen ist eine EM die Adventzeit bis zum großen Feiertag, der als Finale rot im Kalender steht. Für meine Frau indes wird der 1. Juli ein Sonntag wie jeder andere sein, mit Spaziergang, Gartenarbeit und Ball-Ignoranz. 4-5-1 Daher wird sie auch in den kommenden Wochen lapidare Fragen stellen – was ist mit dem Termin beim Steuerberater? Was unternehmen wir mit dem Kind zur Zeugnisverteilung? Was schenken wir dem Gustl zum 50er? Während ich die wesentlichen Fragen des Seins bedenke – wer übernimmt die Position des verletzten Lampard? Wird Irland gegen die Kroaten vom 4-5-1-System abweichen? Wie sind die Wettquoten auf ein Vorrunden-Out der Deutschen? Da wir aber bereits die vierte gemeinsame EURO begehen, sind kraft der Erfahrung die Regeln des dreiwöchigen Nebeneinanders klar definiert.

Für mich gilt: 1. Nie den kleinen Finger des Verzichts geben (»ja, Polen – Russland ist auch wichtig«). 2. Mehr denn je selber kochen, als Rezept gegen Märtyrerstimmung. 3. Keine Resozialisierungsprogramme starten (»Schau doch mit, England – Frankreich, der Schlager«). 4. Kind ins Euphorie-Boot holen (»Unsere Spanier, das sind die Guten«). 5. Weißwein statt Bier trinken, um nicht als Klischeedepp verunglimpft zu werden. 6. Als Friedenstaktik Grillabende organisieren (an spielfreien Tagen). 7. Ihre Frauenrunden gut finden. 8. Ins Gastgarten-Exil gehen. 9. Die »Muss-dassein «-Frage immer mit Ja beantworten. 10. Viererkette zum Hochzeitstag schenken. 11. Ab 2. Juli auf die WM 2014 freuen.

Du machst mich wahnsinnig

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