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2.3.11 Frage als Gegensatz zur Behauptung

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Die Frage kann die Antwort suggerieren, einfordern. Etwa die rhetorische Frage: "Du hast mich doch nicht betrogen?" Mit einem" Nein" als Antwort kommt er vermutlich billig davon, selbst wenn er/sie ahnt, dass da was ist. Wer einer rhetorischen Frage widerspricht, "Doch, hab ich, mit Paula/Paul", intensiviert in doppeltem Sinn die Situation. Er gibt die Missetat zu und respektiert nicht einmal das vorauseilende Friedensangebot, das in der rhetorischen Frage enthalten ist. Oder sieht nicht die List. –

Mit Fragen können wir versuchen, von anderen und über andere Dinge zu erfahren, die uns noch unbekannt sind. Werden sie als unangenehm empfunden, heißt es, sie seien investigativ, "Haben Sie etwa die drei Dienstreisen privat genutzt?". Werden sie als kurz und angenehm empfunden, wie vor dem Traualtar, haben sie aber auch weitreichende Folgen. Der Forscher hat häufig einen Köcher voller Fragen an seinen Untersuchungsgegenstand. Von der Einzelfrage – gibt es eine Geschwindigkeit, die schneller als das Licht ist? (gibt es nicht), was löst Tbc aus (Bazillen, von Robert Koch 1882 entdeckt) – bis zur Grundlagenforschung, die auch "weiß, was sie will"- stellt der Forscher Fragen. Es gehören Kenntnisse dazu, Fragen zu stellen. Es gehören Kenntnisse und Phantasie dazu, die "richtigen" Fragen zu stellen. Es gehört Glück dazu, Fragen zu stellen und ganz andere aber auch gute Antworten zu bekommen. Johann Friedrich Böttger suchte Gold und fand Porzellan (1708). Kolumbus suchte Indien und fand Amerika. Elvira fragte, ob er bis Mitternacht im Büro war und fand heraus, er war bei Petra. Fragen gehen in den Möglichkeitsraum. Dort werden sie schon mal erwartet, von der "Vorsehung" oder Vorahnung. Frauen wissen das.

Die nächste Stufe der fantastischen Freiheit durch die Frage ist die einfache: "Wann kommst du zurück?", "Wann heiraten wir (endlich)?"- Bin in einer Stunde zurück. In vierzehn Tagen. In 4 Jahren (Seefahrer Cook zu seiner Frau). Gehe zur Fremdenlegion (Max Frisch, also fast nie mehr). – Heiraten? Weiß nicht. (Das könnte die genaueste Antwort aller möglichen Antworten sein, die zu kriegen ist). Das alles klingt relativ harmlos.

Mit Fragen können wir von uns ablenken, andere in Verwirrung stürzen, Macht demonstrieren ("Wer stellt hier die Fragen?"). Sie fragt nach Möglichem, nach dem, was nicht ist, was noch nicht, ist selbst meist eine Einengung auf eine nur mögliche Thematik, erfundene Welten.

Für Jean-Paul Sartre liegt in Verneinung und Frage das ungeheure Mittel für den Menschen vor, von der "verleimten Wirklichkeit", die determiniert und mechanistisch wäre, wegzukommen in ein sprachlich eröffnetes Reich der Freiheit über den Weg der Vorstellungswelt. Wenn der Angeklagte, und diese Gerichtsszene ist bekannt, nur mit ja oder nein antworten soll, führt man die Situation herbei, dass die Maschine Mensch knirscht und festbrennt. Richter: "Haben Sie aufgehört, Ihre Frau zu schlagen. Antworten Sie mit ja oder nein." Er hat solches nie getan und will es auch nicht. Insinuationen, Unterstellungen, muss man entdecken. Sie sind Fesselungen des Adressaten durch einen fremden Willen. In diesem Fall kann der doch mit einem Satz antworten: Ich habe sie nie geschlagen. Also die Autorität und die Vorschrift des anderen nicht anerkennen. Oder er wechselt den Code, das Orgelregister und antwortet mit einer sogenannten "vielsagenden" Geste und Mine der Missbilligung des Fragenden.

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