Читать книгу Lexikon Raumphilosophie - Группа авторов - Страница 116

Durchdringung

Оглавление

Die D. (engl. pervasion) des ↗ Raums bezeichnet die Vermischung von technischen Artefakten und/oder Informationen (↗ Daten) und sozialen Praktiken (↗ Praxis), die zunehmend die alltäglichen Routinen der ↗ Menschen betreffen. Im Sinne der D. des Alltages durch ‚intelligente‘ Technik (↗ Gestell) und deren kommerzielle Nutzung wird auch von pervasive Computing gesprochen. Sinnliche (↗ physiologischer Raum) ↗ Wahrnehmung oder (menschliche) Körper werden durchdrungen von technischen Informationen, wobei im Zuge der Bildverarbeitung (↗ Bild) unter analytischen und ökonomischen (↗ Kapital) Gesichtspunkten das Primat dem Sehsinn (↗ Blick) zufällt. Mit D. geht die Erweiterung der sinnlichen Wahrnehmung um Informationen über ↗ Ort, ↗ Zeit und ↗ Ausdehnung einher. Dabei entsteht ein Hybridraum (↗ Drittraum), charakterisiert durch die gegenseitige Penetration (lat.penetrare, für ‚eindringen‘ oder ‚durchdringen‘) und Verwebung (↗ Rhizom) ehemals klar abgrenzbarer (↗ Grenze) Entitäten (Maresch/Werber 2002, 13). Um D. raumphilosophisch zu fassen, kann mit Gilles Deleuze (1925–1995) und Félix Guattari (1930–1992) eher von einem glatten (↗ Glättung) als von einem gekerbten Raum gesprochen werden. Dementsprechend ist eine Netzwerkmetapher (↗ Netz) angemessener als eine Containervorstellung (↗ Schachtel). Die gegenseitige D. betrifft sowohl Sphären (↗ Atmosphäre) des materiellen (↗ Materie) und immateriellen (↗ rechnender Raum) Raums als auch die fortschreitende Verzahnung von realen und ↗ virtuellen Räumen. D. geht über eine erweiterte Realität (engl. augmented reality) im Sinne einer Erweiterung (↗ Zuwachs) der sinnlichen Wahrnehmung durch räumliche Informationen und technische Dinge (Azuma 1997) hinaus, ist jedoch nicht mit einer ubiquitären Informationsverarbeitung (Weiser 1991) im Sinne einer ↗ Allgegenwart von Rechnern (engl. ubiquitious computing) gleichzusetzen: Exemplarisch für D. sind bildgebende Verfahren in der Medizin (↗ Krankheit) und Biotechnologie, Körperscanner in der Sicherheitstechnik (↗ Raster), subkutane Ortungschips (↗ Ortung) oder auf Realitätserweiterung basierende Computerspiele.

Literatur: Günzel 2010; Manovich 2005; Mehler-Bicher et al. 2011.

Azuma, Ronald (1997): A Survey of Augmented Reality, in: Presence 6/4, 355–385.

Günzel, Stephan (2010): Medialer Raum, in: Raum, hg. v. dems., Stuttgart/Weimar, 219–233.

Manovich, Lev (2005): Poetik des erweiterten Raumes, in: Topos Raum, hg. v.A. Lammert, Berlin/Nürnberg, 337–349.

Maresch, Rudolph/Werber, Niels (2002): Permanenzen des Raumes, in: RaumWissenMacht, hg. v. dens., Frankfurt a.M., 7–30.

Mehler-Bicher, Anett/Reiß, Michael/Steiger, Lothar (2011): Augmented Reality, München.

Weiser, Mark (1991): The Computer for the 21st Century, in: Scientific American 265/3, 94–104.

Tobias Nehrdich

Lexikon Raumphilosophie

Подняться наверх