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Dystopie

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Der Begriff D. beschreibt eine modifizierte Form der von Thomas Morus (1478–1535) im Jahr 1516 entworfenen ↗ Utopie: D. setzt sich zusammen aus dem gr. dys (für ‚schlecht‘) sowie topos (für ‚↗ Ort‘). D. beschreibt einen fiktiven ↗ Raum, dessen Lebensumstände meist aufgrund eines politisch-gesellschaftlichen Systems aus der ↗ Perspektive des gegenwärtigen Lesers als negativ (↗ Nichts) erscheinen. Zur Utopie befindet sich die D. nicht notwendigerweise in vollständigem Gegensatz, beide sind vielmehr fiktionale ↗ Projektionen von Orten unterschiedlicher Qualität mit einem klaren Bezug zur gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Realität des Autors. Diese Projektion erscheint dem Leser bei einer Betrachtung der D. als ↗ Lebensraum äußerst negativ. Der Zusammenhang zwischen D. und Utopie ist auf die erste Erwähnung des D.begriffes 1868 während einer Rede im englischen Parlament von John Stewart Mill (1806–1873) zurückzuführen: Mill benutzt D. im Sinne einer Antiutopie und führt hierbei den Begriff Kakotopie (von gr. kakos, für ‚schlecht‘) als Synonym zur D. ein. Dies führt zu einer Identifikation der D. als negative Utopie. Lyman T. Sargant (2000) differenziert zwischen der D. oder, wie er sie bezeichnet, der ‚negativen Utopie‘ und der ‚Antiutopie‘ sowie der ‚kritischen Utopie‘. Die D. beschreibt dabei den Lebensraum einer imaginären (↗ Imaginäres) Gesellschaft (↗ Gemeinschaft), welche in der Zukunft oder der Gegenwart des Lesers existieren könnte und die, aus dessen Perspektive, in widrigsten Umständen lebt. Die Antiutopie hingegen beschreibt eine der D. ähnliche Gesellschaft, jedoch ist ihre Lebenswelt das negative Ergebnis einer realisierten, ursprünglich positiven Utopie, geprägt vom Versuch und Scheitern einer Korrektur dieser Realisierung. Die kritische Utopie folgt der Definition der Antiutopie, auch hier findet sich eine realisierte Utopie mit negativem Ausgang (↗ Ende), welche von der darin lebenden Gesellschaft jedoch, anders als in der Antiutopie, ohne Kritik als Lebensraum akzeptiert wird. In Literatur und Film werden dystopische Lebensraumentwürfe oder eine ihrer Differenzierungen häufig umgesetzt. Moderne Beispiele für D.n finden sich in den drei Matrix-Filmen von Larry und Andy Wachowski aus den Jahren 1999 und 2003 oder in Suzanne Collins Buchtrilogie Panem von 2008. Eine Antiutopie findet in George Orwells – 1948 fertiggestellten – Roman 1984 von 1949 oder in Kurt Wimmers Film Equilibrium von 2002 Umsetzung. Als Beispiel für eine kritische D. lassen sich Aldous Huxleys Roman Brave New World von 1932 oder Ridley Scotts Film Blade Runner von 1982 anführen.

Literatur: Booker 1994; Kumar 1991; Moylan 2000; Verheul 2004; Willke 2002.

Booker, Keith M. (1994): Dystopian Literature, Westport.

Kumar, Krishan (1991): Utopia and Anti-Utopia in Modern Times, Oxford.

Moylan, Tom (2000): Scraps of the Untainted Sky, Boulder.

Sargant, Lyman T. (2000): Utopie, Paris.

Verheul, Jan (2004): Dreams of Paradise, Visions of Apocalypse, Amsterdam.

Willke, Helmut (2002): Dystopia, Frankfurt a. M.

Stefan Schustereder

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