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Das Kreuz: ein spaltendes Symbol

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In Wirklichkeit hat das Symbol des Kreuzes immer tief gespalten. Die Tatsache, dass Jesus zur Kreuzigung verurteilt worden war, nährte lange Zeit hindurch das Misstrauen der römischen Behörden gegenüber den Christen, die schuldig waren, weil sie einem Führer folgten, der offenkundig ein Verbrecher gewesen war. Die Christen selbst waren sich dessen so sehr bewusst, dass in den ersten Jahrhunderten das Kreuz in der Ikonografie sehr selten war: Seine Behauptung als universelles Symbol des Christentums begann recht zögerlich in der Zeit Konstantins, als die christliche Religion nicht mehr verfolgt wurde. Die symbolische Nutzung des Kruzifixes bezeugt ab dem Mittelalter, dass Jesus und das Kreuz nunmehr in enger Symbiose gedacht wurden, aber nur von den Christen. Für die Muslime, die in Jesus einen großen Propheten verehren, ist die Vorstellung seines Todes auf dem Kreuz so abstoßend, dass in der islamischen Lehre der Sohn Marias der Folter entgeht und lebendig in den Himmel auffährt. Folglich sind die Muslime, die ihre Kinder in die Schulen katholischer Länder schicken, durchaus konsequent, wenn sie einerseits die Erinnerung an Jesus hochhalten und andererseits die Zurschaustellung des Kruzifixes als Gotteslästerung empfinden.

Ab 1095 nahmen die christlichen Pilger auf dem Weg nach Jerusalem die Gewohnheit an, ein Kreuz auf ihre Kleider zu nähen. Papst Urban II. hatte die Gläubigen zu einer neuartigen Pilgerfahrt aufgerufen und das Symbol, das sie wählten, nahm unzweifelhaft kriegerische Konnotationen an. Es drückte die Absicht der crucesignati aus, um jeden Preis ans Ziel zu gelangen, und war ein Symbol der Eroberung. Nach der Einnahme von Jerusalem im Jahr 1099 errichteten die Pilger ein Kreuz auf dem Felsendom, das Saladin schleunigst entfernen ließ, als er viele Jahre später die Heilige Stadt zurückeroberte. Im 15. Jahrhundert bestürzte die Erinnerung an diese Profanierung den ägyptischen Chronisten Ibn Taghribirdi noch immer: „Das Verbotene ist zulässig geworden, das Kreuz ist im Mihrab aufgestellt worden. Jetzt wäre es gerecht, es mit Schweineblut zu bedecken.“

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