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Die Akkommodationsmethode

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1514 entdeckten die Portugiesen tatsächlich den Seeweg nach China, aber das China, auf das sie trafen, war ein ganz anderes als das von Marco Polo beschriebene. Während die Mongolen der Yuan-Dynastie Ausländer, insbesondere Händler, entgegenkommend behandelten, weil sie den Handel als eine der Stützen ihres Reiches begriffen und Fremde gern in die Verwaltung ihres Riesenreichs integrierten, hatte sich China seit der Ming-Dynastie abgeschottet und stand Fremden äußerst misstrauisch gegenüber.

Die im Gefolge der Portugiesen nach China gelangenden Missionare, zu denen auch Matteo Ricci gehörte, entwickelten deswegen die Methode der Akkommodation, die eine genaue Kenntnis der chinesischen Kultur erforderlich machte, was ohne Kenntnis der chinesischen Sprache unmöglich war. Missionare wie Matteo Ricci, aber auch Adam Schall von Bell (1592–1666), versuchten, sich der chinesischen Kultur anzupassen, indem sie zum einen als Mathematiker, Astronomen oder Kartenzeichner in China begehrtes Wissen vermittelten und zum anderen an spezifische Elemente der chinesischen Kultur wie den Konfuzianismus anknüpften, um einer chinesischen Elite das Christentum näherzubringen. Gleichzeitig wollten sie die Europäer von den kulturellen Errungenschaften der Chinesen überzeugen. Die Abhandlungen Matteo Riccis über China (De Christiana Expeditione apud Sinas, Augsburg 1615) vermittelten den Europäern des 17. und 18. Jahrhunderts das Bild einer chinesischen Kultur, die der europäischen ebenbürtig, wenn nicht überlegen war.

Riccis wie auch Schalls Berichte lösten in Europa eine Chinabegeisterung aus, die vom Ende des 17. bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts reichte. Insbesondere Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) betrachtete das konfuzianische China als Vorbild für das nach dem Dreißigjährigen Krieg konfessionell zerrissene Europa. Intensiver noch orientierte sich die Philosophie der Aufklärung an der von Matteo Ricci beschriebenen konfuzianischen Ethik. Christian Wolff (1679–1754) erklärte sie in seiner Schrift De Sinarum Philosophiae (1740) zum Beleg dafür, dass eine anspruchsvolle und funktionierende Ethik ohne Religion denkbar sei, was durchaus im Gegensatz zu Riccis Überzeugungen stand. Wolffs China-Begeisterung wurde von Voltaire in seinem Essai sur les moeurs et l’esprit des nations (1756) noch übertroffen, der China als das Vorbild für ein auf Vernunft gegründetes Staatswesen erkennen zu können meinte.

In der Entwicklung der Mission gab es allerdings einen Bruch in der Wahrnehmung Matteo Riccis. Die 1715 erlassene päpstliche Bulle Ex illa die untersagte den jesuitischen Missionaren die Teilnahme am chinesischen Staatsritus, der von konservativen Theologen als Götzendienst gebrandmarkt wurde. Riccis Missionsmodell der Akkommodation war damit in der katholischen Kirche gescheitert. Als Reaktion darauf verbot Kaiser Kangxi 1717 jede weitere christliche Mission in China. Erst im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts setzte unter Johannes Paul II. eine Rückbesinnung auf die von ihm entwickelten Missionsmethoden ein, die über die Verehrung Riccis in seiner Heimatdiözese Macerata deutlich hinausgeht. Unter Papst Franziskus, dem ersten Jesuiten auf dem Stuhl Petri, wird diese Position noch energischer vertreten.

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