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Die besondere Nachkommenschaft Marco Polos
ОглавлениеWährend die Erinnerung an Matteo Ricci damit erst in den letzten Jahren zumindest in den kirchlichen Kreisen eine gewisse Renaissance erlebt, firmiert Marco Polo in Europa wie in den USA als Namensgeber von Flughäfen, Reiseunternehmen, Reiseführern, Hotels, Restaurants und zahlreichen einzelnen Produkten von Nudeln bis Schuhen. Seit 2009 zelebriert New York jährlich ein Marco-Polo-Festival, das den kulturellen Beitrag der italienischen und chinesischen zur amerikanischen Kultur und die Verbindung der italienischen und chinesischen Migrantencommunitys von Little Italy und Chinatown feiern soll. Bedeutender noch als solche Festivals für das populärkulturelle Gedächtnis sind europäische Romane wie Italo Calvinos Le città invisibili von 1972 sowie eine ganze Reihe amerikanischer und europäischer Filme und Fernsehserien, in denen Marco Polo als Held und Abenteurer einen festen Platz einnimmt – The Adventures of Marco Polo, USA 1938; Marco Polo, Frankreich/Italien 1961; La fabuleuse aventure de Marco Polo, Frankreich 1965; Marco Polo; vierteiliger Fernsehfilm, Italien 1982; Marco Polo, USA 2006, Marco Polo, Webserie auf Netflix, zwei Staffeln, 20 Folgen, 2014. Das von ihnen entfaltete Marco-Polo-Bild eines Abenteurers, der in Kriege, Intrigen und Amouren verwickelt ist, entspricht in keiner Weise dem, was sein Bericht mitteilt. Marco Polo spricht nicht über sich, sondern über die großartige Herrschaft Khublai Khans und die Reichtümer des Ostens. Das insbesondere an Letzterem orientierte Interesse der Europäer führte dazu, dass nicht der jesuitische Missionar, sondern der venezianische Kaufmann das europäische Imaginäre des Fernen Ostens entzündete.