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20. Der Referenzrahmen für Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen

1. Vorstellung des RePA

Referenzrahmen für Plurale Ansätze zu Sprachen und KulturenSiehe RePAReferenzrahmen für Plurale Ansätze zu Sprachen und KulturenDer RePARePACARAP (frz. CARAP), dessen erklärtes Ziel in der Förderung der mehrsprachigen Erziehung in einem vielsprachigen und vielkulturellen Europa besteht, ist ein von Michel Candelier pilotiertes Projekt des Europäischen Fremdsprachenzentrums Graz (ÖsterreichÖsterreich), das gewisse Defizienzen des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GeRGeR) (Europarat 2001) auszugleichen versucht (↗ Art. 18). Diese betreffen zuvorderst die Operationalisierung von MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit (vgl. Candelier & de Pietro 2011: 262: „[der GeR] reste essentiellement centré sur les approches qui envisagent les langues comme indépendantes les unes des autres, comme cloisonnées“) sowie den Kompetenzbegriff. Anders als für die funktional-kommunikativen Kompetenzen und die SprachmittlungSprachmittlung liefert der GeR für diese Bereiche keine Skalierung und bleibt generell in seinen Erläuterungen zurückhaltend. Die Pluralen Ansätze versuchen, die Mängel zu kompensieren. Betroffen sind:

 die Mehrsprachigkeit: hier die Definition des GeR nach Candelier & de Pietro, ebd.: „la compétence à communiquer langagièrement et à interagir culturellement d’un acteur social qui possède, à des degrés divers, la maîtrise de plusieurs langues et l’expérience de plusieurs cultures“ (↗ Art. 7),

 die InterkomprehensionInterkomprehension zwischen nahverwandten Sprachen (doch darf dies nicht so verstanden werden, als ob Interkomprehension nur zwischen muttersprachlichen Sprechern derselben Sprachfamilie möglich sei) (↗ Art. 56),

 die SprachenbewusstheitSprachenbewusstheit (Eveil aux languesEveil aux langues) (↗ Art. 22),

 das interkulturelle Lerneninterkulturelles Lernen (↗ Art. 32),

 das sprachen- und fächerübergreifende Lernensprachen- und fächerübergreifendes Lernen bzw. die integrative Didaktikintegrative Didaktikdidactique intégrée: Didactique intégrée ist ein Sammelbegriff und liegt nicht auf der gleichen Ebene wie das interkulturelle Lernen, die Interkomprehension oder SprachenbewusstheitSprachenbewusstheit. Die integrative Didaktik führt zahlreiche, auch hier ungenannte, Kompetenzen und deren Förderung zugunsten der Mehrsprachigkeit zusammen (Beacco et al. 2010).

2. Wie entstand der RePA?

Seine Erstellung erfolgte in folgenden Schritten: 1.) Rückgriff, Auswahl und Interpretation vorhandener einschlägiger Publikationen zur Fremdsprachen- und interkulturellen Kompetenz, vorzugsweise aus dem EUEU-Raum, 2.) Findung der Kompetenzbeschreibungen und Erstellung der Deskriptoren, 3.) Bildung eines gestuften (Kompetenzen – Mikrokompetenzen/Ressourcen) und aus unterschiedlichen Domänen (WissenWissen/knowledge-KönnenKönnen/Skills-Volitionalität/attitudesVolitionalität/attitudes) gebildeten Kompetenzmodells und 4.) Erstellung einer Systematik (systématique synthétique) zwischen den Kompetenzen und deren Bausteinen. Die Systematik umfasst einerseits eine Hierarchisierung. Hierzu ein Beispiel: a) die formale Oberfläche eines vorgetragenen Textes detailliert hörverstehenHörverstehen können (G1), b) die inhaltlich relevanten Lexeme erkennen oder erschließen (G1.1), c) die typische Satzeuphonik erkennen (G1.2), d) syntaktische Merkmale identifizieren (G1.3) usw. Kommunikative Aufgaben sind an Situationen gebunden, deren Lösung die Selektion und Mobilisierung bestimmter Ressourcen verlangt (Le Boterf 1994; Perrenoud 1999). Andererseits macht der Rückgriff auf das zu jeder Mobilisierung von Kompetenzen notwendige Zusammenspiel der Domänen ‚Wissen – VolitionalitätVolitionalität – Handeln‘ auch ein horizontales bzw. prädikatives Zusammenspiel der RessourcenRessourcen erforderlich. Dieses verbindet das handelnde Subjekt (Lerner) mit dem anvisierten Verhaltensziel und dessen Ergebnis vermittels eines Prädikats (X erkennt die morpho-semantische Ähnlichkeit von z.B. engl. education und frz. éducation).

3. Der RePA in der Praxis

Der RePA will ein Werkzeug für die didaktische Reflexion sein (Candelier & de Pietro, ebd.). Dies erfordert letztlich auch einen engen Bezug zu den Praxen des gesamten sprachlichen Lernfeldes. Hierzu ergänzt er die grundlegende Beschreibung, welche detailliert Ziele und Methode der Erstellung der Deskriptoren erörtert (Candelier et al. 2009), sowie die Deskriptorenliste selbst um weitere didaktische MaterialienMaterialiendidaktische.

Zahlreiche Lehrerfortbildungen haben in mehr oder weniger engem Anschluss an das Grazer Zentrum international und mit unterschiedlichen Partnern die Beschreibungen des RePA weitergetragen. Im Projekt Certilingua dienten die DeskriptorenRePA-Deskriptoren im Rahmen einer internationalen Zertifizierung von Schülerleistungen zu Mehrsprachigkeit und Mehrkulturalität (Meißner 2012b). Die Erweiterungen und Handreichungen reagierten auch auf Weiterentwicklungen in den einzelnen Staaten. In Deutschland betraf dies die Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (↗ Art. 21) in Gestalt z.B. der Bildungsstandards für die Allgemeine HochschulreifeBildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife (Kultusministerkonferenz 2012). Hier standen der RePA und seine Deskriptoren bei der Einführung des Begriffs der SprachlernkompetenzSprachlernkompetenz Pate (passim Tesch et al. 2017). Es war der Wunsch der an den Fortbildungsveranstaltungen teilnehmenden Lehrerinnen und Lehrer, die umfangreichen theoretischen Erläuterungen des RePA auf das für die Praxis notwendige Maß zu reduzieren, den Kompetenzbegriff stärker zu beleuchten und für die Deskriptoren (als mögliche Lehrziele) Aufgaben zu erarbeiten. Eine spezielle Handreichung kam dem nach (Meißner 2012a). Weitere Publikationen sind – auch im deutschsprachigen Raum – gefolgt (z.B. Melo-Pfeiffer & Reimann 2018).

Auch außerhalb Europas begegnet der Wunsch. So in Brasilien: Auch hier ist die einzelzielsprachliche Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts ohne Berücksichtigung des lernrelevanten linguistischen Vorwissens der Lerner und ihrer Selbststeuerungskompetenz üblich. Dabei erscheinen SprachlernbewusstheitSprachlernbewusstheit und Sprachlernkompetenz als wichtige Lernziele (↗ Art. 22). Dies erklärt die portugiesische Kurzfassung der Handreichungen (Siebeneicher-Brito & Meißner 2018). Sie soll Lehrerinnen und Lehrer unterstützen, das lernerseitige Vorwissen in den Unterricht zu integrieren, um die Mehrsprachigkeit der Lerner zu befördern. Zudem können auch Studierende des Lehramts ihre eigene Mehrsprachigkeit reflektieren (Monteiro 2011). Da leider das Studium die Unterrichtspraxis und die didaktische Ausbildung unterbewertet, sind der RePA wie die Handreichung Schritte in die richtige Richtung.

Literatur

Beacco, J.-C., Byram, M., Cavalli, M. et al. (2010): Guide pour le développement et la mise en œuvre de curriculums pour une éducation plurilingue et interculturelle. Strasbourg.

[https://www.coe.int/en/web/language-policy/guide-for-the-development-and-implementation-of-curricula-for-plurilingual-and-intercultural-education].

Candelier, M., Camilleri-Grima, A., Castellotti, V. et al. (2009): RePA. Referenzrahmen für Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen. Graz, Straßburg. [http://archive.ecml.at/mtp2/publications/C4_RePA_090724_IDT.pdf].

Candelier, M. & De Pietro, F. (2011): Les approches plurielles: cadre conceptuel et méthodologie d’élaboration du Cadre de référence pour les approches plurielles. In: P. Blanchet & P. Chardenet (Hrsg.): Guide pour la recherche en didactique des langues et des cultures: approches contextualisées. Paris, 259-273.

[http:/www.projetpluri-l.org/publis/Candelier & De Pietro – Le CARAP.pdf].

Europarat (Hrsg.) (2001): Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen. Berlin.

KMK (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland) (2012): Bildungsstandards für die fortgeführte Fremdsprache (Englisch / Französisch) für die Allgemeine Hochschulreife. (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 18.10.2012). [https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2012/2012_10_18-Bildungsstandards-Fortgef-FS-Abi.pdf]

Le Boterf, G. (1994): De la compétence : essai sur un attracteur étrange. Paris.

Meißner, F.-J. (2012a): Die REPA-Deskriptoren der ‚weichen Kompetenzen‘ – eine praktische Handreichung für den kompetenzorientierten Unterricht zur Förderung von Sprachlernkompetenz, interkulturellem Lernen und der Mehrsprachigkeit. In: Giessener Fremdsprachendidaktik: online 2. [http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hebis:26-opus-93728].

Meißner, F.-J. (2012b): Standard Setting in Intercultural Education by Means of the Framework of Reference for Pluralistic Approaches (FREPA). Key-note; 6th International Annual Certilingua-Conference, Helsinki 8-9-2012. [http://www.certilingua.net/wp-content/uploads/meisner_frepa_certilingua-keynote.pdf].

Melo-Pfeiffer, S. & Reimann, D. (Hrsg.) (2018): Plurale Ansätze im Fremdsprachenunterricht in Deutschland. Tübingen.

Monteiro, M. (2011): Interkulturelles Lernen in der Ausbildung von DaF-Lehrern in Brasilien. In: B. Schmenk & N. Würffel (Hrsg.): Drei Schritte vor und manchmal auch sechs zurück – Internationale Perspektiven auf Entwicklungslinien im Bereich Deutsch als Fremdsprache. Tübingen, 181-190.

Perrenoud, P. (1999): D’une métaphore à l’autre : transférer ou mobiliser ses connaissances? In J. Dolz & E. Ollagnier (Hrsg.): L'énigme de la compétence en éducation. Bruxelles, 45-60.

Siebeneicher-Brito, K. & Meißner, F.-J. (2018): Os descritos dos ‘soft skillsʼ no Quadro de Referência para a Abordagem Plural de Línguas e Culturas (QuRAPLeC/CARAP) – Um handout prático para o ensino baseado em competências focalizando a promoção da aprendizagem de línguas, intercultural e plurilíngue. In: Giessener Fremdsprachendidaktik: online 12. [http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2018/13773/pdf/GiFon_12.pdf].

Tesch, B., von Hammerstein, X., Stanat, P. & Rossa, H. (Hrsg.) (2017): Bildungsstandards aktuell: Englisch/Französisch in der Sekundarstufe II. Braunschweig.

Karim Siebeneicher-Brito

Handbuch Mehrsprachigkeits- und Mehrkulturalitätsdidaktik

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