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d) Das Berufungsverfahren in der Hochschule
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Nach der Entscheidung über die Verwendung einer Professur (Wiederbesetzung, Umverteilung und Umwidmung)[100] sowie der öffentlichen Ausschreibung der Professur im Regelfall[101] beginnt das eigentliche inneruniversitäre Berufungsverfahren. Grundsätzlich liegt die Verfahrensherrschaft für die Erstellung des Vorschlags bei einem Fachbereich bzw. einer Fakultät – auch wenn die LHGe inzwischen vielerlei höchst umstrittene Machtinstrumente für die Hochschulleitung vorsehen, mit denen in dieses Vorrecht der Disziplinen eingegriffen werden kann.[102] Ausnahmen können gegeben sein, wenn eine Professur unter der Verantwortung zweier Fachbereiche steht oder es sich um den Fall eines sog. gemeinsamen Berufungsverfahrens (mit einer außeruniversitären Stelle)[103] handelt. Auch das sog. Short-List-Verfahren zeichnet sich regelmäßig dadurch aus, dass die Hochschulleitung und nicht die Fakultät initiativ wird.[104] Das zuständige Organ (z.B.: Fachbereichsrat; jüngst aber ggf. auch die Hochschulleitung[105]) lässt seinen Vorschlag regelmäßig von einer Berufungskommission vorbereiten. LHGe und Berufungssatzungen sehen detaillierte Regelungen für die Bestellung und Zusammensetzung der Berufungskommission vor, deren Tätigkeit de jure, nicht aber de facto nur empfehlenden Charakter hat.[106] In jedem Fall müssen in Berufungskommissionen die Professoren über die absolute Mehrheit der Stimmen verfügen.[107] Die Hinzuziehung externer Hochschullehrer ist im Einzelfall möglich und kann auch notwendig sein.[108] Bei der Erarbeitung des Berufungsvorschlages ist der Berufungskommission im Rahmen der Gesetze, Verordnungen und Satzungen ein weitgehendes Ermessen eingeräumt.[109] Dieses Ermessen bezieht sich auch auf die Frage, wie die fachliche, pädagogische und persönliche Eignung der Kandidaten festzustellen ist. Assessment-Center, die sich auf die außerfachliche Eignung der Kandidaten beziehen, sind nicht a priori rechtswidrig. Hier kommt es auch auf die verfahrensrechtliche Ausgestaltung im Einzelnen an. Eine untergeordnete Zuarbeit für die Berufungskommission ist rechtlich zulässig (wenngleich vielleicht auch nicht sinnvoll).[110]
Infolge des Bewerbungsverfahrensanspruchs der Kandidaten einerseits und des Prinzips der Bestenauslese gemäß Art. 33 Abs. 2 GG andererseits muss sich die Berufungskommission mit den Bewerbungsunterlagen jedes Bewerbers sachgerecht befassen. Jeder Bewerber hat einen Anspruch darauf, dass über seine Aufnahme in die Vorschlagsliste rechts- und ermessensfehlerfrei entschieden wird. Aus diesem Grunde besteht für die Berufungskommission auch die Notwendigkeit, die Entscheidung, bestimmte Kandidaten nicht in den sog. engeren Kreis aufzunehmen, sorgfältig zu begründen. Pauschalurteile wie „nicht einschlägig“ oder „nicht hinreichend ausgewiesen“ reichen nicht aus.[111] Der Prüfungsmaßstab der Verwaltungsgerichte hat sich diesbezüglich in letzten Jahren verschärft.[112]
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Infolge des Umstandes, dass auch die Aufnahme von Nichtbewerbern in den Berufungsvorschlag zulässig ist, unterliegt es dem Entscheidungsermessen der Berufungskommission (vorbehaltlich expliziter gegenteiliger Vorschriften), verspätet eingegangene Bewerbungen zu berücksichtigen.[113] Dies bedeutet allerdings nicht, dass ein Bewerber einen Rechtsanspruch auf Berücksichtigung seiner verspätet eingegangenen Bewerbung hätte.[114]
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In der Praxis ist der Umgang mit der Bewerbung und den Bewerbungsunterlagen der Kandidaten häufig kritikwürdig. Insofern soll darauf hingewiesen werden, dass es eine Selbstverständlichkeit darstellt, den Kandidaten eine Eingangsbestätigung ihrer Bewerbung zu übermitteln und sie auch über den verfahrensrechtlichen Fortgang des Verfahrens auf dem Laufenden zu halten.[115] Auch sind Bewerbungsunterlagen (insbesondere verlangte Schriften) zurückzugeben.[116] Erfreulich ist, dass sich diesbezüglich in jüngster Vergangenheit vieles zum Positiven gewendet hat; so können Bewerber inzwischen vielerorts jeweils über einen individuellen Zugangscode den Stand des Verfahrens im Internet verfolgen.[117]
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Im Hinblick auf die Kandidaten des sog. engeren Kreises werden regelmäßig auswärtige Gutachten eingeholt. Üblicherweise ist nach Maßgabe des Landesrechts die Erstellung vergleichender Gutachten vorgeschrieben.[118] Die Auswahl der Gutachter muss im Hinblick auf die zu besetzende Professur sachgerecht sein.[119] Die Gutachten haben keinen eigenständigen Rechtscharakter, entfalten jedoch eine Bindungswirkung.[120]
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Nach Erarbeitung des Vorschlags durch die Berufungskommission wird die Liste im Regelfall dem Fachbereichsrat überwiesen. Dem Fachbereichsrat sind sämtliche Bewerbungsunterlagen zu übermitteln, da es ihm im Rahmen seiner Pflicht, einen ordnungsgemäßen Vorschlag zu beschließen, ermöglicht werden muss, sich mit der Empfehlung der Berufungskommission sachgerecht auseinanderzusetzen. Im Regelfall stimmt der Fachbereichsrat dem Vorschlag der Berufungskommission zu und leitet die Vorschlagsliste an den Senat (bzw. an die Hochschulleitung) weiter.[121] Im Ausnahmefall (Verfahrensfehler, Implausibilität) wird der Fachbereichsrat den Vorschlag an die Berufungskommission – versehen mit einer Begründung – zurückverweisen, verbunden mit der Bitte, erneut zu beraten und Beschluss zu fassen.
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Wenngleich es aus Gründen der Sachnähe prinzipiell zutreffend ist, dass der Fachbereichsrat den Vorschlag der Berufungskommission nicht durch einen eigenen ersetzen darf[122], ist darauf hinzuweisen, dass nach Maßgabe einer wenig überzeugenden Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes[123] gerade dies zulässig sein soll. Der Vorschlagsliste komme zwar eine gewisse Bindungswirkung zu. Diese resultiere daraus, dass der Berufungsausschuss aus Personen bestehe, die mit den Aufgaben des zu besetzenden Lehrstuhles besonders vertraut seien. Der Ausschuss habe im Berufungsverfahren deshalb die Funktion eines Gutachters. Seinem Votum komme somit eine „Vermutung sachlicher Richtigkeit“ zu. Diese Vermutung könne aber durch „substantielle und fachwissenschaftliche Gegenargumente erschüttert werden“. Gewährleiste die personelle Zusammensetzung des Fachbereichsrates eine ausreichende Sachkunde, so sei ein Abweichen von der Vorschlagsliste der Berufungskommission durch den Fachbereichsrat im Ergebnis unbedenklich.
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Im Regelfall ist die vom Fachbereichsrat beschlossene Berufungsliste dem zentralen Kollegialorgan (Senat) oder unmittelbar der Hochschulleitung[124] zu übermitteln.[125] Nach Maßgabe der meisten LHGe hat der Senat (wenn er überhaupt noch beteiligt wird) nur noch die Möglichkeit, zu dem Berufungsvorschlag Stellung zu nehmen. Eine Zurückverweisung an den Fachbereichsrat ist jedoch nicht ausgeschlossen.[126] Zutreffend weisen Krüger und Leuze[127] darauf hin, dass ungeachtet der textlichen Fassungen der unterschiedlichen Landeshochschulgesetze der Umfang der Kompetenzen des Senats in allen Bundesländern materiell gleich ist:
„Der Senat kann schon wegen seiner Sachferne und fachwissenschaftlichen Inkompetenz nicht „materiell“ abweichend entscheiden. Der Senat hat daher nicht das Recht, die Reihe auf der Berufungsliste zu verändern, wenn der Fachbereich die Reihung eingehend wissenschaftlich begründet hat. ... Keinesfalls hat der Senat das Recht, die wissenschaftlichen Fähigkeiten eines vorgeschlagenen Wissenschaftlers zu bestreiten, wenn fachkompetente Fachvertreter sie in eingehend begründeten Gutachten bejaht haben“.