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e) Die Rechtsnatur des Rufs

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Im Regelfall folgt die staatliche Stelle/die Hochschulleitung im Hinblick auf die Ruferteilung nicht nur dem Vorschlag der Hochschule/der Fakultät, sondern beachtet auch die in dem Vorschlag dokumentierte Reihung. Nach Prüfung der beamtenrechtlichen Voraussetzungen unter Berücksichtigung der dem Ministerium/der Hochschulleitung überlassenen Unterlagen, „gibt das Ministerium (bzw. die Hochschulleitung (Anm. des Verf.)) seine Entscheidung bekannt, an wen der Ruf ergehen soll“.[128] Im Hinblick auf die Rechtsnatur des Rufes (synonym wird häufig der Terminus „Berufung“ verwendet) sind drei Rechtsfragen zu unterscheiden:

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Außerordentlich praxisrelevant ist die Frage, welche Rechtsnatur der Ruf gegenüber seinem Adressaten (dem Rufinhaber) entfaltet. Während viele Stimmen in der hochschulrechtlichen Literatur die Auffassung vertreten haben, der Ruf entfalte gegenüber dem Rufinhaber zumindest Verwaltungsaktqualität[129], hat sich die Rechtsprechung deutlich – zum Teil ohne und zum Teil mit unzureichenden Begründungen – dahingehend geäußert, der Ruf sei lediglich eine „unselbstständige Vorbereitungshandlung mit verfahrensrechtlichem Charakter“.[130] Damit wird der Ruf letztlich zur unbeachtlichen invitatio ad offerendum herabgewürdigt. Praxisrelevant ist die genannte Rechtsprechung vor allem im Hinblick auf die strategische Position des Rufinhabers im Rahmen seiner Berufungsverhandlungen. Hat der Ruf keine Verwaltungsaktqualität, so kann das Berufungsverfahren nicht nur nach Maßgabe der §§ 48, 49 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) abgebrochen werden, sondern aus jedem Grund, der in den weitgesteckten Rahmen der Organisationskompetenz des Staates/der Hochschulleitung fällt.[131] Trotz dieser defizitären Rechtsnatur des Rufes gehen mit zum Teil abenteuerlichen Begründungen einzelne Hochschulen inzwischen so weit, den Ruf erst zu erteilen, wenn man sich in „Vorverhandlungen“ mit dem potentiellen Rufinhaber geeinigt hat.[132] Insbesondere Erstzuberufende empfinden dies als schwere „psychologische Hypothek“, da es sich letztlich um „Gewinnbarkeitsverhandlungen“ handelt.

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Im Hinblick auf das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes ist die den Ruf erteilende staatliche Stelle bzw. die Hochschulleitung verpflichtet, den nicht berücksichtigten Bewerbern rechtzeitig vor der Ernennung oder Anstellung des Rufinhabers eine begründete[133] Mitteilung zu machen, dass und weshalb sie in dem Auswahlverfahren keine Berücksichtigung gefunden haben und darüber, dass die Ernennung bzw. Einstellung des Rufinhabers bevorsteht.[134] In der Praxis wird diese Mitteilungspflicht nicht konsequent und beileibe nicht überall erfüllt.[135] Auch ist der Umfang der Mitteilungspflicht im Einzelnen umstritten. Gleichwohl dürfte es gerade im Hinblick auf das mehrstufige Berufungsverfahren geboten sein, den bei der Ruferteilung übergangenen Kandidaten zum einen darzulegen, welcher Listenvorschlag (unter Nennung der Reihung) dem Ministerium/der Hochschulleitung vorgelegt worden ist und welche Person den Ruf erhalten hat.[136] Für einen Wissenschaftler ist es vor allem wichtig, zu erfahren, ob er entgegen der Reihung des von der Hochschule erarbeiteten Vorschlags den Ruf nicht erhalten hat (mit anderen Worten: ob das Ministerium/die Hochschulleitung von der Reihenfolge abgewichen ist), oder aber, ob ein Regelfall vorliegt (mit anderen Worten: er beispielsweise nicht oder nur nachrangig gegenüber dem vorrangig platzierten Rufinhaber platziert worden ist (und deshalb den Ruf nicht erhalten hat).[137] Wenngleich die Rechtsprechung dem Ruf im Rechtsverhältnis dem Rufinhaber gegenüber keine Verwaltungsaktqualität beimisst, ändert dies nichts daran, dass die Mitteilung den unterlegenen Bewerbern gegenüber einen Verwaltungsakt darstellt.[138] Dies hat auch verfahrensrechtliche Bedeutung für die sog. Konkurrentenstreitverfahren.[139] Große praktische Bedeutung dürfte à la longue die Rechtsprechung zur Relativierung der sogenannten Ämterstabilität[140] auch in Berufungsverfahren haben. Wird der verfassungsrechtlich gebotene effektive Rechtsschutz vereitelt, soll selbst die Anfechtung einer bereits vollzogenen Ernennung zulässig sein.[141] In gleichem Maße ist der Dienstherr in derartigen Konstellationen der Gefahr „großer“ Schadensersatzansprüche ausgesetzt.[142]

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Infolge des Spannungsverhältnisses zwischen Staat und Hochschule/Hochschulleitung und Fakultät im Berufungsverfahren kann die Ruferteilung an einen Bewerber, der seitens der Hochschule entweder nicht oder aber nachrangig platziert worden ist, auch die Hochschule/ Fakultät in ihren Rechten betreffen. In einer solchen Konstellation wäre auch die Hochschule/die Fakultät prinzipiell widerspruchs-, antrags- und klagebefugt.[143]

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