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Kapitel 7 - Addas Fluchtgedanke

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Obwohl Hima vor Neugier platzte, traute sie sich kaum zu fragen, was vorgefallen sei. „Na, wie war’s?” erkundigte sie sich endlich, nachdem sie fürchten musste, ansonsten leer auszugehen.

„Wie’s war? Der sieht mich nicht wieder, das sage ich dir! Er hat mich geschlagen - mitten ins Gesicht - vor all den Leuten!”

„Wer? Dein Vater? Ins Gesicht? Ach, deswegen hältst du deine Hand davor. Zeig her, vielleicht kann ich was tun.”

Widerwillig ließ Adda die Hand sinken. Ja, haargenau vier Finger zeichneten sich auf ihrer Wange in roten Striemen ab. Hima legte einen kühlenden Umschlag darauf. „Ist bald wieder in Butter. Tu man nicht so, als hättest du noch nie eine Ohrfeige bekommen.”

„Doch, hab ich schon, aber nicht vor allen Leuten und nicht von ihm. Nur weil ich die Wahrheit gesagt habe über die falsche Schlange, hat er mich geschlagen.”

„Welche falsche Schlange meinst du denn?”

„Du weißt schon, die Bettgenossin von meinem Zukünftigen, Foelke von Hinte!”

Hima lächelte: „Aha, deswegen.”

„Wieso ‚aha deswegen’. Alle Welt spricht davon, nur ich darf es nicht sagen!”

„Sie ist sehr schön geworden, seit du sie das letzte Mal gesehen hast, weißt du?”

„Und wenn sie ein Tausendschönchen wäre! Was Recht ist, muss Recht bleiben! Dafür lasse ich mich nicht ohrfeigen!”

„Du verstehst mich nicht, mein Kind. Dein Vater ist Witwer. Vielleicht hat er ein Auge auf sie geworfen...”

„Auf sie?!” Entsetzt klang das. „...ein Grund mehr, von hier wegzugehen. Komm, hilf mir, den dummen Goldschmuck loszuwerden. Ich muss Ubbo finden. Ubbo weiß immer Rat...” Kopfschüttelnd schälte Hima ihre Lütte aus ihrem ‚Goldpanzer’.

Adda traf ihren Ubbo auf dem Wege zur Küche. Das Joch auf seinen krummen Schultern schien ihn zu drücken. Beim Absetzten schwappte Milch aus den randvollen Eimern. Adda schob ihren Ziehbruder in eine Mauernische. Große Weidenkörbe voller Äpfel standen dort, würden sicher bald zum Muskochen in die Küche gebracht werden.

Ubbo war nicht sehr begeistert, diesen Ort des Überflusses so schnell wieder verlassen zu sollen. Lange genug hatte er darben müssen. Nun wollte er endlich genießen, was ihm Gott beschieden. Mehr oder minder wehrte er sich deshalb gegen die abenteuerlichen Fluchtpläne seiner jungen Herrin.

„Ich muss fort, Ubbo. Bei allem, was mir heilig ist, bitte, hilf mir, von hier fortzukommen!”

Ein schmerzliches Lächeln zog Ubbos Lippen kraus: „Jetzt schon brauchst du meine Hilfe? Vor kurzem noch verstoßen...”

„Ich gehe jetzt. Wenn du mir nicht helfen willst, dann laß es eben. Ich komme auch ohne dich zurecht.”

„Nein, tu das nicht!” Der Bucklige zog sie plötzlich an sich, hielt sie mit männlich festem Griff: „Adda, du! Hast du es dir auch gut überlegt? Du willst weggehen? Mit mir zusammen? Du und ich?” Seine Stimme klang rau und erregt. Sie achtete nicht darauf. Ganz nah sein Mund mit dem Hasengebiss und er glotzte sie an mit seinen hervorquellenden grünen Augen wie ein Frosch.

Sie schob ihn hastig von sich: „Ich will weg von hier, allein oder mit dir. Wie auch immer... Ich lasse mich nicht zwingen, Folkmar zu heiraten, einen Mann, der seine Verwandten bestiehlt.”

„Bestiehlt! Bestiehlt! - Das sind große Worte und du weißt, dass es nicht einmal wahr ist. Er hat seine Erbschaftsansprüche durchgesetzt, so wie es jeder tut.“

„Er hat uns Suurhusen weggenommen. Das hat Großvater mir erzählt.“ „Suurhusen gehörte euch nicht. Es gehörte Folkmar Allena. Boynck hatte es ihm gestohlen.“

„Boynck! Wer soll das denn sein? Nie gehört!“

„Das ist Ocken, der jetzt wohl gerade in Italien einen heiligen Krieg führt. Krieg ist seine Leidenschaft. Ha, ha, ha!“

„Ocken? Du meinst meinen Oheim Ocko?“

„Eben den.“

„Und wieso sagst du dann Boynck?“

„Weil man ihn früher so genannt hat. Boy Ocken oder kurz Boynck, was Kleiner Ocken heißt. Verstehst du jetzt?“

Sie nickte bedrüppelt. „Nun gut, Adda: Ich bereite alles vor. Du brauchst dich um nichts zu kümmern. Wir treffen uns eine Stunde vor Mitternacht - noch vor Wachwechsel. Um die Zeit kann man am ehesten ungesehen entkommen. Der Jockel schläft dann meistens eine Runde.”

„...und die andern?”

„Die sind auch müde. Ich werde etwas nachhelfen...”

„Nachhelfen? Aber wie denn?”

„Mit Schnaps, meine Taube, mit Schnaps.” Lachend machte Ubbo sich mit seinen Milchkannen davon.

‚Meine Taube’ hat er gesagt, ‚meine Taube’! Der Mensch wird immer unverschämter. - In der Nacht fliehen? Zu spät!! - Sie wollte auf keinen Fall mit dem Allena zusammentreffen, aber bis dahin würde das längst geschehen sein. Zu dumm, Folkmar Allena wurde stündlich erwartet auf Broke. Sie wollte ihm nicht begegnen, und sie wollte fort, einfach fort von hier, egal wie. Am besten gleich, sofort! Sachen einpacken? Wozu? Das würde sich finden. Nur rasch weg... Adda griff sich einen der arg verschrumpelten Äpfel aus dem großen Weidenkorb, auf dessen Rand sie gerade saß, und beeilte sich, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Was hielt sie noch hier? Nichts! Der Vater schätzte diese rothaarige Foelke mehr als seine leibliche Tochter.

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