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4.Kirchliche Neuordnung nach 1918
ОглавлениеNach dem Ende der Monarchie blieb das Oberkonsistorium zunächst gleichwohl eine dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus nachgeordnete Behörde. Erst infolge der Verabschiedung der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919, die in ihrem heute weiterhin fortgeltenden Art. 137 Abs. 1 bestimmt, „es besteht keine Staatskirche“, ist durch bayerische Verordnung vom 28. Januar 1920 der staatliche Charakter des Oberkonsistoriums und der ihm nachgeordneten Konsistorien in Ansbach und Bayreuth förmlich aufgehoben worden. Bis zum Inkrafttreten der Kirchenverfassung vom 16. September 1920 am 1. Januar 1921 übte sodann das Oberkonsistorium die Befugnisse des Landesherrn als summus episcopus aus.
Die von der Landessynode am 16. September 1920 einstimmig verabschiedete „Verfassung der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern rechts des Rheins“ enthielt einen knappen Vorspruch (Präambel) über den Bekenntnisstand und acht Abschnitte über Aufbau und Organisation:
–Landeskirche
–Kirchengemeinde und Pfarramt
–Dekanat und Kirchenbezirk
–Landessynode
–Landessynodalausschuss
–Kirchenpräsident, Landeskirchenrat, Kreisdekane
–Verhältnis zu anderen evangelischen Landeskirchen
–Übergangs- und Einführungsbestimmungen.
Kirchengebiet war das gesamte rechtsrheinische Bayern. Nachdem sich der Coburger Teil des ursprünglichen Herzogtums Sachsen-Coburg-Gotha per Volksentscheid vom 30. November 1919 dem Freistaat Bayern angeschlossen hatte, kam aufgrund eines zwischen der Coburger Kirche und der bayerischen Landeskirche geschlossenen Vertrages mit Wirkung vom 1. April 1921 das Coburger Kirchengebiet hinzu.4
Frauen erhielten das aktive und passive Wahlrecht für den Kirchenvorstand und die Dekanatssynode, für die Landessynode jedoch nur das aktive Wahlrecht.
Die Kirchenleitung oblag – wie auch heute – vier einander gleichgestellten Organen, nämlich
–Landessynode,
–Landessynodalausschuss,
–Kirchenpräsident und
–Landeskirchenrat.
Während Landessynode und Landessynodalausschuss aus der Generalsynode und aus dem Generalsynodalausschuss, freilich mit jetzt viel weitergehenden Kompetenzen, hervorgingen, waren die Ämter des Kirchenpräsidenten und der Kreisdekane eine Neuschöpfung der Kirchenverfassung von 1920:
Dabei entsprach es dem dringenden Wunsch der verfassungsgebenden Synode, dass die Leitung der Landeskirche nicht nur durch Gremien und Behörden, sondern vielmehr auch persönlich, „bischöflich“ in Erscheinung treten sollte. Auch wenn die Bezeichnung „Landesbischof“ damals mehrheitlich abgelehnt worden ist, vor allem um eine Verwechslung mit dem monarchisch strukturierten Bischofsamt der römisch-katholischen Kirche zu vermeiden, war das Amt des Kirchenpräsidenten – der anders als noch der Präsident des Oberkonsistoriums verfassungsrechtlich zwingend Geistlicher zu sein hatte – durch die bischöflichen Aufgaben der geistlichen Aufsicht, der Ordination und Visitation sowie durch den Vorsitz im Landeskirchenrat und die Außenvertretung der Landeskirche bestimmt und somit inhaltlich mit dem heutigen Amt des Landesbischofs bzw. der Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern weitgehend identisch. Erster (und einziger) Kirchenpräsident wurde der bisherige Präsident des Oberkonsistoriums D. Friedrich Veit (1861–1948).
Entsprechend dem Anliegen persönlich gestalteter Leitung der Landeskirche wurde das Gebiet der Landeskirche in zunächst drei Kirchenkreise als landeskirchliche Visitations- und Verwaltungsbezirke eingeteilt, die anders als die Landeskirche, die Dekanatsbezirke und die (Gesamt-)Kirchengemeinden keine eigene Rechtspersönlichkeit im Sinne von Körperschaften des öffentlichen Rechts besitzen. Dort wurde der Kirchenpräsident in seiner „oberhirtlichen Tätigkeit“ von den Kreisdekanen der Kirchenkreise Ansbach, Bayreuth und München5 unterstützt. Ebenso wie der Kirchenpräsident nahmen auch die Kreisdekane wie die heutigen Oberkirchenräte und Oberkirchenrätinnen in den Kirchenkreisen, die seit 2000 jeweils in ihrem Kirchenkreis die Amtsbezeichnung „Regionalbischof“ bzw. „Regionalbischöfin“ führen, bischöfliche Aufgaben wahr.
Der Landeskirchenrat, als dessen Sitz 1927 endgültig München festgelegt wurde, übernahm im Wesentlichen die Funktionen des vormaligen Oberkonsistoriums. Definiert als „oberste Behörde für die Verwaltung der Landeskirche“ (Art. 49 Abs. 1 KVerf), gehörten ihm der Kirchenpräsident, die Kreisdekane der damaligen drei Kirchenkreise Ansbach, Bayreuth, München sowie zunächst drei weitere geistliche und drei weltliche Mitglieder an. Er gliederte sich in eine geistliche und in eine weltliche Abteilung. Die weltliche Abteilung wurde von dem juristischen Vizepräsidenten, der in nicht „oberhirtlichen“ Tätigkeiten der Vertreter des Kirchenpräsidenten war,6 die geistliche Abteilung von dem dienstältesten geistlichen Mitglied des Landeskirchenrates geleitet. Der Kirchenpräsident und die beiden Abteilungsvorstände bildeten das Präsidium des Landeskirchenrates. Bis zum 31. März 1930 bestand in Ansbach eine Zweigstelle des Landeskirchenrates, deren Zuständigkeit sich im Wesentlichen auf Finanzangelegenheiten erstreckte. An ihre Stelle trat mit Wirkung vom 1. April 1930 die Landeskirchenstelle als dem Landeskirchenrat nachgeordnete landeskirchliche Behörde.7
Da die Gliederung in Kirchengemeinden und Dekanatsbezirke bestehen blieb, konnte die neue Kirchenverfassung im Übrigen in vielem an bisher gewachsene Strukturen anknüpfen. Neu war allerdings, dass der Dekanatsbezirk nicht nur eine Verwaltungs- und Aufsichtsebene mit dem Dekan an der Spitze war, sondern die in ihm zusammengeschlossenen Kirchengemeinden einen Kirchenbezirk mit eigener Rechtspersönlichkeit bildeten, der von Bezirkssynode und Bezirkssynodalausschuss repräsentiert wurde.
Entsprechend dem mit der römisch-katholischen Kirche geschlossenen Konkordat wurden in Ausführung der Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung und der Bayerischen Verfassung vom 14. August 1919 die Beziehungen zwischen dem Freistaat Bayern und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (rechts des Rheins) durch Vertrag vom 15. November 1924 geregelt.8