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III.Die Grundrechte und das Recht der Europäischen Gemeinschaften

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Literatur:

Badura, P., Stellenwert von Länderverfassungen und Verfassungskonflikten am bayerischen Beispiel, BayVBl. 2007, 193; Brenne, A., Soziale Grundrechte in den Landesverfassungen, 2003; Buschle, D., Ein neues „Solange“? – Die Rechtsprechung aus Karlsruhe und Straßburg im Konflikt, VBlBW 2005, 293; Calliess, C., Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Fragen der Konzeption, Kompetenz und Verbindlichkeit, EuZW 2001, 261; Egger, A., Sanktionen – Grundrechte und Rechtsschutz: Strenge Vorgaben aus Luxemburg, EuZW 2019, 326; Finkelnburg, K., Zehn Jahre Verfassungen der neuen Bundesländer, NJ 2004, 1; Grabenwarter, C., Die Charta der Grundrechte für die Europäische Union, DVBl. 2001, 1; Hatje, A./Kindt, A., Der Vertrag von Lissabon – Europa endlich in guter Verfassung?, NJW 2008, 1761; Holz, W., Grundrechtsimmunes Gesetzesrecht, NVwZ 2007, 1153; Kober, M., Der Grundrechtsschutz in der Europäischen Union, 2008; Lindner, J., Grundrechtsschutz in Europa – System einer Kollisionsdogmatik, EuR 2007, 160; Oster, J., Grundrechtsschutz in Deutschland im Lichte des Europarechts, JA 2007, 96; Menzel, J., Landesverfassungsrecht, 2002; Pache, E./Rösch, F., Europäischer Grundrechtsschutz nach Lissabon – die Rolle der EMRK und der Grundrechtecharta in der EU, EuZW 2008, 519; Ruffert, M., Die Europäische Menschenrechtskonvention und innerstaatliches Recht, EuGRZ 2007, 245; Sauer, H., Rechtsschutz gegen völkerrechtsdeterminiertes Gemeinschaftsrecht?, NJW 2008, 3685; Scholz, R., Zur Europäischen Grundrechtscharta, FS für Maurer, 2001, 993; ders., Der Schutz der Grundrechte durch den EuGH, NJW 2005, 3459; Szczekalla, P., Grenzenlose Grundrechte, NVwZ 2006, 1019; Tettinger, P. J., Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, NJW 2001, 1010; Wermeckes, B., Landesgrundrechte – Bestandssicherung durch Kollisionsvermeidung, DÖV 2002, 110; Wiethoff, J., Das konzeptionelle Verhältnis von EuGH und EGMR, 2008.

Rechtsprechung:

BVerfGE 37, 271 – Solange I; BVerfGE 73, 339 – Solange II; BVerfGE 89, 155 – Maastricht; BVerfGE 102, 147 – Bananenmarktverordnung; EuGH Rs 11/70 Slg.1970, 1125 – Internationale Handelsgesellschaft; EuGH Rs 4/73 Slg. 1974, 491 – Nold; EuGH Rs 44/79 Slg. 1979, 3727 – Hauer.

305In den Verträgen der Europäischen Union war lange Zeit kein Grundrechtskatalog enthalten. Die im AEUV geregelten Grundfreiheiten können nicht als Grundrechte angesehen werden, da sie auf die Gewährleistung des Binnenmarktes abzielen und damit keine klassischen Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat darstellen.42

306Grundrechte des Europarechts wurden indes durch die Rechtsprechung des EuGH entwickelt. Zwar stellte der Gerichtshof fest, dass gegen die Gültigkeit von Handlungen der Unionsorgane nicht geltend gemacht werden könne, dass die Grundrechte oder die Strukturprinzipien der nationalen Verfassung verletzt seien.43 Der EuGH hat jedoch einen ungeschriebenen Grundrechtsstandard als Teil der allgemeinen Rechtsgrundsätze des Unionsrechts entwickelt, wobei auf die EMRK und die gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten zurückgegriffen wurde.44 Hierzu führt der EuGH aus:

„Die Grundrechte gehören zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die der Gerichtshof zu wahren hat. Bei der Gewährleistung dieser Rechte hat der Gerichtshof von den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten auszugehen, so dass in der Gemeinschaft keine Maßnahmen als Rechtens anerkannt werden können, die unvereinbar sind mit den von den Verfassungen dieser Staaten geschützten Grundrechten. Auch die internationalen Verträge über den Schutz der Menschenrechte, an deren Abschluss die Mitgliedstaaten beteiligt waren oder denen sie beigetreten sind, können Hinweise geben, die im Rahmen des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen sind.“45

307Mit der EU-Grundrechtecharta und deren Inkorporation in den Bestand der europäischen Verträge durch Art. 6 Abs. 1 EUV haben die Grundrechte allerdings einen ganz erheblichen Bedeutungszuwachs erfahren. Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union wurde 1999/2000 von einem Konvent unter dem Vorsitz von Bundespräsident a. D. Roman Herzog erarbeitet und am 7.12.2000 in Nizza feierlich verkündet.46 In der Grundrechtecharta wurde erstmals auf Unionsebene der Grundrechtsstandard niedergelegt, der sich aus der EMRK und den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergibt. Ungeachtet zunächst fehlender Verbindlichkeit kam diesem Grundrechtstandard im Rahmen der Rechtsprechung des EuGH eine nicht unerhebliche Bedeutung zu.47

Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union wurde in den Vertrag über eine Verfassung für Europa integriert, der am 29.10.2004 von den Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten in Rom unterzeichnet wurde, dessen Ratifizierung allerdings nicht erfolgreich abgeschlossen werden konnte.48 Vielmehr scheiterte der Ratifikationsprozess im Jahr 2005 an den Referenden in Frankreich und den Niederlanden. In der darauf folgenden Phase versuchten die Regierungen die Hauptursachen des Scheiterns der Verfassung zu erkennen und Abhilfe zu schaffen. Im Ergebnis führte dies dazu, dass zwar der Inhalt der Verfassung in weiten Teilen weiter verfolgt wurde, aber nicht als Verfassung, sondern im Rahmen des „Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft“. Dieser wurde am 13.12.2007 durch die Staats- und Regierungschefs unterzeichnet; er ist am 1.12.2009 in Kraft getreten.49

Die Charta ist damit Bestandteil des Primärrechts50, steht also hierarchisch auf deren Stufe.51 Die Union verfügt damit erstmals über einen geschriebenen, rechtverbindlichen Grundrechtskatalog. Die in ihm enthaltenen Rechte lassen sich in sechs große Kapitel unterteilen, sie umfassen Regelungen zur Würde des Menschen, zu dessen Freiheiten, zur Gleichheit und zur Solidarität, zu den Bürgerrechten und justizielle Rechte. Den ursprünglichen Webfehler der Gewährleistungen, das Fehlen einer die Verbindlichkeit der Grundrechte vergleichbar zu Art. 1 Abs. 3 ausdrückenden Norm, wurde durch Art. 6 Abs. 1 EUV beseitigt. Nunmehr werden die Union, ihre Organe und die Mitgliedstaaten auf die Einhaltung der Grundrechte verpflichtet.52

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