Читать книгу Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian - Heinz Bellen - Страница 25
ОглавлениеDer Rahmen, in dem der Reichtum des Kaisers gesehen werden muß, umfaßte auch die Vermögensverhältnisse desjenigen Personenkreises, der oben S. 30 – 32 als Führungsschicht beschrieben worden ist. Denn einerseits beruhte das Vermögen dieser Männer zu einem Gutteil auf der Gunst des Kaisers, andererseits fiel es dem Kaiser nach ihrem Tod ganz oder zum Teil wieder zu. Cn. Cornelius Lentulus z. B. war von Augustus der Verarmung entrissen worden und hatte dann in dessen und des Tiberius Diensten ein Vermögen von 400 Millionen Sesterzen zusammengebracht (Sen. de benef. 2, 72, 1 – 2). Nach seinem Tod ging es testamentarisch an Tiberius über (Suet. Tib. 49, 1). Ein weiteres berühmtes Beispiel ist das durch Geschenke Neros zustande gekommene Vermögen Senecas in Höhe von 300 Millionen Sesterzen, das dieser schon bei seinem Abschied vom Kaiserhof (62) wieder in kaiserlichen Besitz überführen wollte (Tac. ann. 13, 42, 4; 14, 54, 2). Schließlich sei noch auf den Freigelassenen Pallas hingewiesen, der als ‘Finanzminister’ unter Claudius und Nero zu einem gleich hohen Vermögen wie Seneca gelangte. Nero konnte den Erbfall kaum erwarten (Tac. ann. 12, 53, 3; 14, 65, 1). Natürlich waren Vermögen dieser Größenordnung nicht die Regel bei den Spitzenfunktionären, aber Wohlhabenheit bescherte ihnen das Nahverhältnis zum Kaiser allemal.
Die gewaltigen Mittel, über die der Kaiser verfügte, gehörten teils zu seinem Patrimonium, teils entnahm er sie dem Fiscus. Der Unterschied zwischen dem einen und dem anderen Fonds verwischte sich zunehmend, weil das Privatvermögen der einzelnen Kaiser durch den Übergang an den jeweiligen Nachfolger ‘verstaatlicht’ wurde. Der Fiscus besaß insofern staatlichen Charakter, als in ihn die Tribute aus den Provinzen flossen, die der Kaiser im Auftrag des Staates verwaltete. Pallas, der den Fiscus unter Claudius organisierte, konnte daher nach seiner Entlassung durch Nero (55) von seiner Verantwortlichkeit gegenüber dem Staat sprechen (Tac. ann. 13, 14, 1). Der Fiscus trat also neben die eigentliche Staatskasse, das Aerarium Saturni, und partizipierte auch an dem Einzug der Güter von Verurteilten, so daß man den Vorgang mehr und mehr als confiscare (statt publicare) bezeichnete. War das Aerarium in Verlegenheit, so half der Kaiser mit einem Zuschuß aus dem Fiscus (oder dem Patrimonium). Nero brüstete sich, er lege jährlich 60 Millionen Sesterzen ins Aerarium (Tac. ann. 15, 18, 3; vgl. 13, 31, 2). Eine Sonderkasse bildete das Aerarium militare, das von Augustus im Jahre 6 n. Chr. zum Zwecke der Veteranenversorgung geschaffen worden war und in der Erbschaftssteuer (vicesima hereditatium) seine Haupteinnahmequelle besaß.
Die Verantwortung des Kaisers für die Staatsfinanzen war durch das Beispiel des Augustus bestimmt: Er hatte die wichtigsten Etatposten öffentlich bekannt gemacht und am Ende seines Lebens genaue Rechenschaft über die Kassenbestände und das Steueraufkommen gegeben (Suet. Aug. 101, 4). Tiberius veröffentlichte, solange er in Rom war, die Haushaltszahlen, und Caligula führte diese Gewohnheit fort (Cass. Dio 59, 9, 4). Dadurch gelangte auch zu unserer Kenntnis, daß sich beim Tode des Tiberius 2700 Millionen Sesterzen in den Kassen befanden (Suet. Cal. 37, 3). Einen wichtigen Schritt in bezug auf die Publizität der Staatsfinanzen tat sodann Nero, der im Jahre 58 durch Edikt den Grundsatz verkündete, daß die Abgabevorschriften öffentlich bekannt sein müßten (Tac. ann. 13, 51, 1). Eine Folge dieses Edikts war z. B. die Publikation des Zollgesetzes der Provinz Asia, welches im Jahre 62 eine dreiköpfige Kommission von Konsularen, die mit der Überprüfung der vectigalia betraut worden war, in revidierter Form vorlegte (Monumentum Ephesenum, 1976 in Ephesus gefunden: Epigr. Anat. 14, 1989).
Steuern im weitesten Sinne des Wortes bildeten als regelmäßige Einkünfte die Grundlagen des Staatshaushalts und hielten ihn seit der Zeit des Augustus in der Balance. Sie boten daher kaum Spielraum für Experimente. Typisch war das Verhalten des Tiberius in bezug auf die einprozentige Warenverkaufssteuer (centesima rerum venalium), die ins Aerarium militare floß: Nachdem er im Jahre 15 ihre Aufhebung abgelehnt hatte, ermäßigte er sie im Jahre 17, als Cappadocia tributpflichtig geworden war (unten S. 57), auf die Hälfte. Im Jahre 31 aber hob er sie wieder auf den alten Satz. Ähnlich verfuhr Nero mit der vierprozentigen Sklavenverkaufssteuer (vicesima quinta venalium mancipiorum): Er schaffte sie für den Käufer ab; von nun an (57) aber mußte der Verkäufer sie bezahlen. Nichtsdestoweniger kam es vor, daß außerordentliche Umstände zu einem Steuererlaß führten. So wurden etwa im Jahre 17 die zwölf von einem schweren Erdbeben betroffenen Städte der Provinz Asia für fünf Jahre von allen Steuern befreit (Tac. ann. 2, 47). Als aufschlußreich sei noch die Reaktion der älteren Berater Neros erwähnt, als dieser in Erwägung zog, die Zölle (portoria) abzuschaffen: Das hieße die Auflösung des Staates betreiben. Denn dann werde es nicht lange dauern, bis man fordere, auch die Tribute (tributa) aufzuheben (Tac. ann. 13, 50, 1 – 2).