Читать книгу Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian - Heinz Bellen - Страница 43
ОглавлениеWas den Juden ein Greuel war – die Verehrung des Kaisers als Gott –, war den meisten Menschen im östlichen Teil des Römischen Reiches eine Selbstverständlichkeit und ließ sie nach immer neuen Formen der Manifestation dieser Grundeinstellung zum Kaisertum und damit zur römischen Herrschaft suchen. Umgekehrt war es hier ein leichtes, Regierungshandlungen als Ausfluß ‘göttlicher’ Fürsorge für das Menschengeschlecht erscheinen zu lassen, wie es das inschriftlich erhaltene Edikt des Paullus Fabius Persicus, Prokonsuls von Asien, ca. 44 tat (Inschr. v. Ephes. I 18, a 13 – 15). Die Provinz Asia war das Zentrum des östlichen Kaiserkults. Ihr Landtag wußte es zu bewerkstelligen, daß neben die provinziale Augustusverehrung in Pergamum (oben S. 18) eine solche des Tiberius (zusammen mit Livia und dem Senat) in Smyrna trat (26: Tac. ann. 4, 56, 3). Der sonst so zurückhaltende zweite Princeps konnte nicht umhin, seine Zustimmung zum Tempelbau zu geben, da er sich dem Präzedenzfall des Augustus verpflichtet fühlte. Es waren übrigens 11 Städte, die sich um den Tempel bewarben! Aphrodisias befand sich nicht darunter. Die Stadt war eine civitas libera, und sie ging auch im Hinblick auf den Kaiserkult eigene Wege. Die Ausgrabungen der Jahre 1979 – 1983 haben ein Sebasteion zutage gefördert, das in einzigartiger Weise die Verbundenheit dieser Stadt mit der julisch-claudischen Dynastie demonstriert: Durch ein Propylon betrat man einen 90 m langen und 14 m breiten ‘Prozessionsweg’, der beidseitig von einer 12 m hohen dreigeschossigen Portikus flankiert wurde. Er führte zu einem Tempel, welcher der Aphrodite/Venus und der von ihr abstammenden julisch-claudischen Dynastie geweiht war. In den Portiken waren die Säulenzwischenräume der beiden oberen Geschosse, 90 (2 × 45) auf jeder Seite, insgesamt also 180, mit Skulpturen versehen, die das julischclaudische Haus und seine Leistungen für das Römische Reich mit der Gedankenwelt der Griechen verbanden. Unter Tiberius begonnen, unter Claudius fortgesetzt, endeten die Arbeiten mit der Darstellung von Neros Armeniensieg (58). Das Ergebnis war ein überzeugendes Beispiel für die Integrationskraft des Kaiserkults.