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2. Gestaltungsprinzipien

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Steuern haben, wenn sie den Einzelnen zu einer Geldzahlung verpflichten, nicht nur Belastungswirkungen, sie entfalten auch eine Vielzahl von Gestaltungswirkungen, indem sie gesamtwirtschaftliche Faktoren beeinflussen, das individuelle wirtschaftliche Verhalten verändern, die Preise beeinflussen, die Güterzuordnungen verschieben.

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Dieser gestaltende Einfluss der Besteuerung ist Gegenstand neuerer ökonomischer Theorien. Die Theorie von der optimalen Besteuerung fragt danach, wie steuerlich bedingte Nutzeneinbußen bei den Besteuerten minimiert werden können[73]. Neben der Theorie der optimalen Besteuerung gibt es weitere finanzwissenschaftliche Theorieansätze, die sich an den gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Steuern, an deren sozialpolitischen und stabilitätspolitischen Funktionen und an den distributions- und wachstumspolitischen Problemen orientieren. Schon die Merkantilisten des 16. und 17. Jh wiesen dem Staat und den staatlichen Finanzen – freilich mehr im Bereich der Außenhandelspolitik – eine herausragende Rolle bei der Entfaltung der Wirtschaft zu. Im 19. Jh hat Adolph Wagner eine Steuerpolitik gefordert, die zur gesellschaftlichen Umverteilung des Wohlstands führen sollte[74] (s. Rn 22). In den modernen Volkswirtschaften werden Steuern vielfach zur Erreichung gesellschafts- und staatspolitischer Ziele eingesetzt, zur Abfederung des Strukturwandels, zum Umwelt- und Klimaschutz oder zur Förderung der Gesundheit oder der privaten Altersvorsorge[75].

Da Steuern das Geflecht der Wirtschaftsbeziehungen, das soziale Verhalten, die Entwicklung der gesellschaftlichen Güterverteilung, die Akzeptanz sozialer Strukturen uvm beeinflussen, können alle diese Wirkungsebenen Gegenstand ökonomischer Untersuchung und Systematisierung sein. Die Untersuchungen konzentrieren sich dann darauf, welche Steuern die beabsichtigten Gestaltungswirkungen (Lenkungswirkungen) auf bestimmten politischen Aktionsfeldern erzielen. Ein sowohl in der Politik als auch in der Wissenschaft umstrittenes, aber auch aktuelles Beispiel sind die sog. Ökosteuern, also der Einsatz von Steuern zur Erreichung von umweltpolitischen Zielen (Vermeidung von Abfall, sparsamer Energieverbrauch, Umstieg vom Pkw auf öffentliche Verkehrsmittel)[76]. In den Jahren 1995 bis 2019 haben sich die umweltbezogenen Steuern von rd 7,1 Mrd € auf rd 60,7 Mrd € erhöht, im Jahr 2019 betrug ihr Anteil 7,6 % des gesamten Steueraufkommens[77].

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Der Einsatz von Steuern als lenkungspolitische Maßnahme hängt von ordnungspolitischen Konzepten ab, die in einem pluralistischen Staat normalerweise weit auseinander gehen. Dies führt dazu, dass diese Maßnahmen tendenziell zunehmen. Um den Vorstellungen verschiedener politischer Gruppen gerecht zu werden und die Durchsetzungschancen im Gesetzgebungsverfahren zu verbessern, schaukeln sich die Steuerinterventionen hoch und tragen dadurch erheblich zur Unübersichtlichkeit und zum Systemverlust des Steuerrechts bei (zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung von Lenkungsnormen s. Rn 191 ff).

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