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4. Rechtsquellen im Steuerrecht

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Stärker noch als in anderen Rechtsgebieten begegnet man im Steuerrecht Normen aus verschiedenen Rechtsquellen mit unterschiedlicher Rechtsqualität[93]. Neben der Verfassung, die bestimmte Steuerarten nennt, Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungszuständigkeiten normiert (dazu Rn 117 ff) sowie in materieller Hinsicht Vorgaben für die Ausgestaltung des Steuerrechts macht (dazu Rn 155 ff), gibt es eine Vielzahl einfach-rechtlicher und untergesetzlicher Normen mit steuerlicher Relevanz.

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Typisch für das Steuerrecht sind Einzelsteuergesetze (zB EStG, UStG, ErbStG), die jeweils eine Steuerart kodifizieren. Hierbei handelt es sich um Gesetze im formellen und materiellen Sinn. Als Parlamentsgesetze können sie den steuerlichen Eingriff (dazu Rn 361) vor dem Hintergrund der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung (Rn 157 ff) rechtfertigen. Die wesentlichen Tatbestandsmerkmale der Besteuerung müssen im förmlichen Gesetz geregelt sein, dazu gehören Steuersubjekt, Steuerobjekt, Steuerbemessungsgrundlage und Steuersatz[94] (Rn 88 ff).

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Vielfach werden die Vorgaben der (formellen) Steuergesetze durch Rechtsverordnungen ergänzt. Bei diesen handelt es sich um Rechtsnormen (materielle Gesetze), die von Exekutivorganen (idR Bundesregierung) erlassen werden. Sie unterscheiden sich von den formellen Gesetzen nicht durch ihren Inhalt oder ihre Bindungswirkung, sondern durch den Normgeber. Stets bedürfen sie einer nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bestimmten Ermächtigung durch ein förmliches Gesetz (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG). Zu einigen wichtigen Einzelsteuergesetzen (zB EStG, KStG, UStG, ErbStG, GewStG) sind Durchführungsverordnungen (EStDV, LStDV, KStDV, UStDV, ErbStDV, GewStDV) erlassen worden, die einzelne Vorschriften der jeweiligen Gesetze konkretisieren (zB § 50 EStDV zu § 10b EStG, erlassen aufgrund des § 51 Abs. 1 Nr 2 lit. c) EStG).

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Wie bei den Rechtsverordnungen handelt es sich bei Satzungen um abgeleitete Rechtsquellen. Satzungen sind Rechtsnormen, die von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (zB Gemeinden, Kirchen) für die ihr angehörigen Personen und zur Regelung ihrer eigenen Angelegenheiten erlassen werden[95]. ZB wird der Gewerbesteuer-Hebesatz (§ 16 GewStG) für jede Gemeinde durch die kommunale Haushaltssatzung festgelegt (Rn 1410 ff). Gemeinden können örtliche Aufwandsteuersatzungen erlassen (Rn 77).

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Im Steuerrecht als Massenfallrecht besteht in besonderem Maße ein praktisches Bedürfnis für sog. Verwaltungsvorschriften, die vor allem eine gleichmäßige Anwendung der Steuergesetze durch die Finanzverwaltung sicherstellen sollen. Nach Art. 108 Abs. 7 GG sind zu vielen Steuergesetzen sog. Steuerrichtlinien ergangen (zB EStR, LStR, KStR, ErbStR, GewStR), die die Verwaltungsauffassung zu bestimmten Auslegungsfragen enthalten. Sie sind für die Verwaltungsbehörden verbindlich, haben aber idR keine Außenwirkung und binden daher weder den Steuerpflichtigen noch die Gerichte[96]. Sog. ermessensleitende Richtlinien können aber über Art. 3 Abs. 1 GG Außenwirkung erlangen, indem sie typischerweise eine ständige Verwaltungspraxis formulieren[97].

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Ergänzt werden diese Richtlinien (die nicht mit den europäischen Richtlinien iSd Art. 288 Abs. 3 AEUV verwechselt werden dürfen) durch die Hinweise zu den Steuerrichtlinien (zB EStH, LStH usw). Diese werden von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beschlossen und machen den Rechtsanwender auf höchstrichterliche Rechtsprechung, BMF-Schreiben und andere Rechtsquellen, die in das Steuerrecht hineinwirken, aufmerksam.

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Durch sog. BMF-Schreiben macht das Bundesministerium der Finanzen, gestützt auf Art. 108 Abs. 3 Satz 2 GG auch mit Wirkung für Finanzverwaltungen der Länder, Vorgaben, die sich vor allem auf die Gesetzesanwendung beziehen. Ob diese Vorschrift allgemeine (abstrakt-generelle) Weisungen, wie sie die BMF-Schreiben darstellen, abdeckt, ist umstritten[98], weil das Verfassungsrecht zwischen Weisungen (Art. 108 Abs. 3 GG) und Verwaltungsvorschriften (Art. 108 Abs. 7 GG) unterscheidet. Praktisch ist diese Frage durch eine „Bund-Länder-Vereinbarung“ aus dem Jahr 1970 gelöst, in der sich die Länder verpflichtet haben, sich nach den BMF-Schreiben zu richten[99].

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Vergleichbare Instrumente sind auf Länderebene sog. Erlasse und Verfügungen. Es handelt sich auch in diesen Fällen um verwaltungsinterne Maßnahmen, die als Verwaltungsvorschriften grds nur die nachgeordneten Behörden binden (iE Rn 143 ff). Mitunter versucht die Verwaltung auch die Wirkung von höchstrichterlichen Entscheidungen über den entschiedenen Einzelfall hinaus durch Erlasse zu vermeiden (sog. Nichtanwendungserlasse). Die Zulässigkeit solcher Erlasse ist umstritten. Sie sind jedenfalls insoweit zulässig, als die Finanzverwaltung eine widersprüchliche oder besonders umstrittene Einzelfallentscheidung des BFH noch einmal höchstrichterlich überprüft haben möchte[100].

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In zunehmendem Maße wird das Steuerrecht auch durch Normen des internationalen Rechts determiniert. Neben dem starken Einfluss des europäischen Rechts (dazu näher Rn 211 ff), sind auf internationaler Ebene die sog. Doppelbesteuerungsabkommen von Bedeutung. Bei diesen DBA handelt es sich um völkerrechtliche Verträge, die in internationalen Steuerfällen das Besteuerungsrecht zwischen den Staaten verteilen und über Zustimmungsgesetze (Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG) in das innerstaatliche Recht Eingang finden (iE Rn 1469 ff).

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