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Kapitel 14 40 000 v. Chr.

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Zwei Sommer nach dem Arget Anführer seines Stammes geworden war, traf er Vorbereitungen, eine große Reise zu unternehmen. Von Zeit zu Zeit machten sich Männer der Stämme auf den Weg. Getrieben von innerer Unruhe. Seine Rolle als Zauberer war ausgelebt. Solange genügend Zaubertrank zur Verfügung stand, lebte er im Rausch. Irgendwann drückte er den letzten Tropfen aus dem letzten getrockneten Magen eines Rentieres. Der Beginn einer schlimmen Zeit, in der er häufig nicht wusste, was er tat. Sein Kopf raste vor Schmerzen und die neue Erfahrung des Denkens geriet durcheinander. Er war auf Entzug. Eines Morgens jedoch wachte er auf und konnte wieder er selbst sein.

Unbefriedigend wiederholten sich die Tage in immer gleichem Ablauf. Der Stamm ging ihm aus dem Weg und beobachtete ihn aus einiger Entfernung, wenn er sich im Freien bewegte. Nie kam jemand zu ihm. Aus einem Grund, den er nicht wahrhaben wollte, hatten sie Angst. In dieser Situation fasste er einen Entschluss: Er musste für eine Zeit weg.

Das Unverständnis seiner Stammesgenossen tat er ab.

Dabei waren die Zeiten zum Reisen mehr als schlecht. Den Stamm erreichten Nachrichten, dass ein Riese in den Stämmen wütete, Männer und Jungen erschlug sowie Frauen verschleppte.

Nichtsdestotrotz … Arget rüstete sich zur Reise. Mit den nötigsten seiner Waffen und Werkzeuge war er einige Tage später auf den Weg. Nicht, ohne, öffentlich seine Höhle mit einem mächtigen und starken Zauber zu versiegeln, damit sie, bis zu seiner Rückkehr, niemand anderes benutze.

Der Frühling neigte sich dem Ende. Die Sonne lugte vorsichtig durch träge treibende Wolken und verbreitete wohltuende, wärmende Strahlen. Nicht zu hastig, aber auch nicht zu langsam trabte er in die Richtung, die ihm sein Traum zugeträumt hatte.

Eine halbe Tagesreise wanderte er den Lauf des Flusses entlang, bis er an einer geeigneten Stelle einen Übergang fand. Schnell veränderte sich die Landschaft. Im Gegensatz zu seiner steppenähnlichen Gegend, mit Hochmooren und vereinzelten Wäldern, wurde der Baumbestand dichter und mächtiger. Am dritten Tag seiner Wanderung überlegte er schon, vielleicht doch umzukehren. Jedoch der Zwang, weiterzugehen, ließ nicht nach.

Es dauerte lange, bis Arget auf Menschen stieß. Zweimal zwei Hände voll musste die Sonne auf- und untergehen. Dann, eines Tages, sie rasteten gerade, weil ihnen ein Kaninchen vor die Füße gelaufen war, stellte der Wolf die Lauscher hoch und signalisierte über seine Körperhaltung, Gefahr.

Aus dem Nichts tauchten sechs Gestalten auf und drohten mit ihren Wurfspeeren. Arget beruhigte den Wolf und hob zum Zeichen seiner friedlichen Absichten beide Hände nach oben, mit den Innenflächen nach außen.

Nach längerem Zögern ließen die Männer ihre Waffen sinken. Sie waren Jäger und Sammler, genau wie er selbst. Er sah es an ihren Waffen und Werkzeugen, die sie am Körper trugen. Misstrauisch starrten sie ihn und seinen Begleiter an. Sie hatten schon viel gesehen. Aber noch keinen Menschen, der mit einem Wolf durch den Wald zog.

Die Jäger näherten sich wachsam.

Arget gab ihnen zu verstehen, dass er ein großer Zauberer seines Stammes und ohne Ziel auf der Wanderschaft war. Die Unterhaltung gestaltete sich mit Händen und Füssen und den typischen Knurrlauten.

Er wurde zur Lagerstatt des Jagdtrupps eingeladen. Sie nahmen ihn in die Mitte und trotteten, ein hohes Tempo anschlagend, wie ein Wolfsrudel durch den Wald. Dabei entstanden keine zusätzlichen Geräusche. Der dicke Waldboden dämpfte den Stoß der auftreffenden Füße und der Wind im Blätterwald übertönte ein eventuelles Streifen von Ästen oder Sträuchern.

Unerwartet stoppte der Trupp. Sie hatten den Aufenthalt der Jäger erreicht. Nichts deutete darauf hin, dass dieser Fleck Erde von Menschen besiedelt wurde. Zumindest Arget machte keine Veränderung in der Umgebung aus.

Einer der Fremden pfiff einen kurzen Vogellaut. Aus dem Nichts umringten sie lachende Menschen. Neugierig lauschten sie ihren Jägern, die mit vielen Gesten, Argets Anwesenheit erklärten. Ohne viel Aufheben wurde er in die Mitte genommen. Die anfängliche Furcht vor dem Wolf legte sich schnell und seine Anwesenheit wurde akzeptiert.

Arget betrat eine neue, ihm unbekannte, Welt. Seine Gastgeber nutzten den Wald für ihre Unterkünfte. Teils an den Bäumen befestigt, teils mit geschlagenen Stämmen gestützt, schützten viele, untereinander verbundene, Felle vor dem Wetter von oben. Seitlich reichten die Fellwände bis auf den Boden und wurden von Holzpflöcken gehalten.

Tief hängende Äste, Sträucher und Gebüsch waren kunstfertig miteinander verflochten und bildeten, mit der kuppelartigen Wölbung, ein natürliches Dach, als Schutz vor Regen. Außerdem verbargen sie, dem unwissenden Beobachter, die Unterkünfte, der hier lebenden Menschen. Arget machte circa dreißig dieser seltsamen Höhlen aus. Also, ein großer Stamm, der hier lebte.

Der Trupp geleitete ihn zum Versammlungsplatz, der ihm nicht aufgefallen war. Erstaunt blickte er sich um. Ebenso, wie in seiner Versammlungshöhle, betrieben die Menschen des Waldes, in ihrer Waldhöhle, ein Herdfeuer im Zentrum. Aber, das war dann schon die Gemeinsamkeit.

Riesig spannten sich Felllagen zwischen den Bäumen und schafften für viele Personen Platz. In der Mitte sah er die Wölbung des Dachs, die er schon bei den kleineren Unterkünften von außen ausgemacht hatte. Sicherlich, damit das Regenwasser ablaufen konnte, um dann an den Seitenwänden abzulaufen. Dünne Stämme fügten eine kunstvolle Konstruktion und verhinderten, dass das schwere Dach durchhing.

An keiner Stelle des großen Raumes hätte er mit ausgestreckten Händen die Decke erreichen können. Um das Herdfeuer herum waren steingefasste Feuerstellen auszumachen, die bei kalten Temperaturen für angenehme Wärme sorgten. Rund um den Innenraum sorgten Erdaufwürfe und Felle dafür, dass kein Wind von außerhalb, die anheimelnde Atmosphäre stören konnte. An der Decke herunter hingen eine Vielzahl getrockneter Kräuter sowie allerlei Holzgefäße.

Ein angenehmer Geruch von gebratenem Fleisch stieg ihm in die Nase und ließ das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Die Menschen versammelten sich erwartungsvoll und harrten dem, was auf sie zukommen sollte.

Überwältigt von den neuen Eindrücken, nahm Arget sich Zeit, die Personen zu mustern, soweit es das herrschende Dämmerlicht zuließ. Sie waren ein wenig anders gebaut, als er und seine Stammesgenossen. Schon als er mit dem Jagdtrupp auf dem Weg zu dieser Versammlungsstätte war, fiel ihm auf, dass die Bewegungen viel geschmeidiger und fließender waren, als er es bisher beobachten konnte. Ihre Körperhaltung war gerader und die Schultern drückten sich nicht nach vorne, so wie bei ihm und seinen Stammesgenossen. In den Gesichtszügen machte er kleine Veränderungen aus. Die Stirn lag nicht so fliehend an den Köpfen und dort, wo er durch zwei Löcher atmete, war ein kleiner herausstehender Wulst. Unter den Lippen schwang, in einem sanften Bogen, ein Knochen, den es in seinem Gesicht nicht gab. Seine Gedanken kannten den Begriff dafür: Kinn. Arget musste alle Kraft aufbieten, um nicht vor dieser Erkenntnis, zu kollabieren. Das Wissen war bisher in seinem Kopf und er hatte kein Vergleichsäquivalent. Doch jetzt, in dieser Situation, empfand er Furcht.

Der Anführer oder auch Zauberer des Stammes - so genau wusste er dies noch nicht – geleitete ihn zum Herdfeuer und wies ihm einen Sitzplatz zu.

Er bemerkte Getuschel, als sich der Wolf, wie selbstverständlich, zu seinen Füßen niederließ und lang hinstreckte.

Der Anführer war ein schlanker Mann und bedeckte mit seinem Kleidungsfell, anders als er, den gesamten Körper. Ein Detail, das ihm erst in diesem Moment auffiel.

Nachdem die rituelle Trinkschale herumgereicht war, richtete der Anführer das Wort an ihn.

„Was führt dich zu uns, Fremder?“

Erschrocken und gleichzeitig freudig erregt nahm er zur Kenntnis, dass sein Gegenüber Worte und Sätze gebrauchte und nicht die üblichen Knurrlaute und Gebärden. Die gleichen Worte, die er, in vielen Träumen, zu seiner eigenen Sprache, in seinen Gedanken, gemacht hatte.

„Ich hatte einen Traum“, antwortete er schwerfällig, weil er bisher noch keine Gelegenheit hatte, seine Sprachfähigkeiten zu demonstrieren. „In diesem Traum wurde ich aufgefordert, eine lange Wanderung zu unternehmen. Weshalb ich diese Reise unternommen habe, weiß ich nicht. Ein Drang in mir zwang mich dazu.“

„Träume sind ein wichtiger Bestandteil des Lebens. Sie vertrauen dir die Geheimnisse des Lebens an. Woher kommst du?“

„Viele Tagesreisen von dort“, er deutete in südliche Richtung. „Wie mir scheint, aus einem ganz anderen Leben. Wir sind Fischer und leben in Höhlen. Unser Land hat weniger Wald und viel mehr Wasser auf der Oberfläche. Das Land ist karger und der Wildreichtum nicht so groß, wie hier. Für einen kleinen Stamm, wie den meinen, reicht es.“

Sein Gegenüber war ein uralter Mensch. Er hatte ein ansprechendes von tiefen Furchen durchzogenes Gesicht und dunkle Augen schauten sinnend auf Arget.

„Wir haben wenige Gäste in unserer Lagerstatt und seit Generationen ist auch niemand auf die große Reise gegangen. Deine Ankunft hier muss eine besondere Bedeutung haben. Vor allem, weil die Geister der Traumwelt zu dir gesprochen haben.“

„Die Geister der Traumwelt sprechen häufig zu mir. Ich sehe große Veränderung in der Welt und den Menschen, die auf ihr leben“, vollkommen entspannt lehnte Arget gegen ein Fell und ließ den Genuss der Unterhaltung mit Worten und Sätzen auf sich einwirken. „Viele Dinge verstehe ich zunächst nicht und muss sie dann mehrmals träumen.“

Gebannt lauschten die Anwesenden der Unterhaltung und hingen an seinen Lippen.

„Du bist ein mächtiger Mann, wenn dich die Geister der Träume so häufig segnen.“ Der Greis verbeugte sich vor ihm.

Abwehrend hob Arget seine Hände. Er hatte noch nie einen solch alten Menschen gesehen.

„Nein, nein. Ich bin nichts Besonderes. Ich bin der Zauberer eines kleinen Stammes. Bei dir leben mehr Menschen, als ich jemals in meinem Leben gesehen habe.“

„Du musst einen mächtigen Zauber haben. Die Bedeutung deiner Reise kann ich im Moment auch nicht nachvollziehen. Aber die Große Mutter wird dir den richtigen Weg weisen.“ Der Alte schloss die Augen und wiegte leicht seinen Oberkörper hin und her. Ein entrückter Ausdruck trat in sein Gesicht. „Auch ich hatte vor wenigen Tagen einen Traum. Ich sah einen Fremden, der unseren Stamm besuchte und in Gastfreundschaft aufgenommen wurde. Aber ebenfalls wie bei dir, wurde mir der Grund der Reise nicht klar. Doch jetzt genug der Worte. Wir wollen uns stärken.“

Ein geheimes Zeichen, das Arget entging, sorgte dafür, dass ihm plötzlich heiße Bratenstücke gereicht wurden. Es war Wildschweinfleisch, soviel konnte er sofort sehen – dennoch schmeckte es ganz anders als zu Hause. Unbekannte Gewürze zergingen auf der Zunge und im Gaumen. Sie hinterließen unbekannten Wohlgeschmack.

Während des Essens hatte Arget Zeit, sich weiter umzusehen. Besonders interessierte er sich für die Frauen. In seiner Lagerstatt hatte er zu keinem Zeitpunkt hinter den Mädchen und Frauen hergesehen. Nichts zog ihn bisher zum anderen Geschlecht. Hier in der seltsamen Atmosphäre der Fellhütte und den vielen fremden Gerüchen verspürte er eine Zuneigung zu allen weiblichen Menschen, die ihm bisher fremd war.

In seinem Stamm war es Sitte, dass sich jedes männliche Stammesmitglied an der Fortpflanzung beteiligte. Mehrmals mussten verschiedene Männer mit einer Frau den Geschlechtsakt vollziehen, um alle guten Eigenschaften zu vereinen. Immer noch waren die Menschen seiner Zeit der Überzeugung, dass die große Mutter das Leben in eine Frau einpflanzte. Jedoch war ihm aus seinen Träumen bewusst, dass der Geschlechtsakt das Leben in die Frau brachte.

Nicht nur die Frauen, auch alle anderen Mitglieder dieses seltsamen Stammes, strahlten eine natürliche Sauberkeit aus. Arget rutschte unbehaglich auf seinem Platz hin und her. Er kam sich schäbig vor. Ihn störten sein verfilztes Haar und die Dreckkruste auf seinem Körper.

In einer Ecke des Zeltes saß eine Gruppe junger Frauen, die ihn offen und ungeniert musterten. Auf Bemerkungen untereinander, die er nicht verstehen konnte, weil sie ein gutes Stück von ihm entfernt waren, kicherten sie haltlos und die Augen blitzten ihn dabei an. Arget drückte es in den Lenden und er wurde noch unruhiger, als er es sowieso schon war.

Der Anführer der Gruppe, der Greis, beobachte ihn verstohlen aus den Augenwinkeln und verschmitzte Fältchen zeigten sich in seinen Augenwinkeln.

Er wusste jetzt, weshalb Arget seine Reise getan hatte. Wieder sank er zurück und sprach mit dem Wiegen seines Oberkörpers.

„Höre Fremder. Ich habe wieder einen Traum. Mir wird der Sinn Deiner Reise offenbart.“

Elektrisiert fuhr Arget hoch und schaute gespannt auf den Alten.

„Die Große Mutter spricht direkt mit mir. Suche dir eine Frau unter den Frauen meines Stammes aus und zeuge mit ihr viele Söhne und Töchter, um deinen Ruhm zu mehren.“

„Alter Mann. Wenn es der Wille der Großen Mutter ist, werde ich ihrem Wunsch folgen.“

Befriedigt legte sich große Ruhe über Arget. Jetzt, in dem Augenblick, der ihm mitteilte, warum er unterwegs war, hörte das Ziehen und Sehnen in seinen Gedanken auf. Wie sollte es auch anders sein? Eine oder mehrere Frauen waren das Ziel eines jeden Mannes.

Aber, schwor er sich in diesem Augenblick, diese eine Frau, die für ihn bestimmt war, sollte auch nur ihm gehören.

Eine Frau, die Laute zu Worten und Sätzen, zu Begriffen und einer Unterhaltung aneinanderreihen konnte, durfte nur ihm gehören.

Sein Blick wurde, wie von einem Magnet gelenkt, auf die jungen Frauen gezogen. Er setzte sich in Positur. Ein balzender Hahn. Das Gekicher verstärkte sich.

„Aber, Fremder“, spann der Alte den Gesprächsfaden weiter. „Bevor du dich zur Ruhe begibst, solltest du ein Bad nehmen. Die lange Reise hat Spuren hinterlassen.“

Ein Bad? Arget hatte noch nie etwas von einem Bad gehört. Was war das?

Die Männer des Jagdtrupps erhoben sich und bedeuteten ihm, ihnen zu folgen. Sie nahmen Arget zwischen sich und begaben sich zum Ausgang der Fellhöhle.

Der Wolf sprang auf und lief schwanzwedelnd voraus.

Aus dem Halbdunkel der Versammlungshöhle heraustretend, empfing sie das tief stehende Licht der untergehenden Sonne und blendete ihre Augen. Arget musste sich kurz orientieren und folgte den Männern auf einem festgetretenen Waldpfad, der sie hinter die Lagerstatt führte. Hier wurde das Licht der Sonne durch die überhängenden Äste hoher Bäume gedämpft, um dann, auf einer sich plötzlich öffnenden Lichtung, in vollem Strahl zu gleißen.

Es dauerte einige Augenblicke, bis er den Lichtwechsel kompensiert hatte. Doch dann sah er einen größeren Tümpel, aus dem Dampfschwaden hochstiegen. Die Männer warfen lachend ihre Kleidung ab und stiegen in Wasser. Zögernd folgte Arget dem Beispiel und stieg zu ihnen in das Wasser.

Tödlich erschrocken zog er seinen Fuß zurück. Das Wasser war heiß und verbrühte seinen Fuß. Die Männer lachten ausgelassen über sein Verhalten. Arget lief tiefrot an und wollte vor dem Mut der anderen, nicht zurückstehen. Vorsichtig ließ er seinen Körper in das Nass gleiten, jeden Augenblick darauf gefasst, gekocht zu werden. Langsam nahm das heiße Gefühl ab und ließ angenehme Wärme zurück, die seine Muskeln entspannte. Er wurde federleicht.

„Ha. Das tut gut“, er ergriff zum ersten Male das Wort und antwortete nicht nur auf eine Frage. „Was ist das?“

„Ein heißes Wasser. Wir haben viele solche Stellen im Wald“, erklärte einer der Jäger.

„Woher kommt dieses heiße Wasser?“

„Es ist ein Geschenk der Großen Mutter.“

„Der Großen Mutter sei Dank. Solche Wunder haben wir in meiner Lagerstatt nicht. Ihr dürft euch glücklich schätzen.“

Arget gab sich ganz dem Wohlgefühl der Wärme hin und schloss, gegen das Ufer gelehnt, die Augen. Seine Gedanken trieben und dachten über die Dinge nach, die ihm widerfuhren.

Lautes Gekicher und helle Stimmen schreckten ihn aus seiner nachdenklichen Stimmung. Fünf junge Frauen, die er vorhin im Zelt beobachtet hatte, ließen gerade ungeniert ihre Hüllen fallen und boten die prächtigen Körper, seinen Blicken dar.

Er sah kräftige Schenkel und dicht bewachsene Schambehaarung vor seinen Augen. Als er seinen befangenen Blick hob, schwebten schwellende Brüste in allen Formen, wie er sie sich, in seinen besten Träumen, nicht hätte ausmalen können, vor ihm.

Laut jauchzend sprangen die jungen Körper in das Wasser und tollten ausgelassen herum. Er bemerkte die ungenierte Musterung, der er unterzogen wurde, und ignorierte die halblauten Kommentare … zumindest versuchte er es.

Aufgrund der Regungen in seiner Lendengegend und der Versteifung seines Gliedes sank er tiefer ins Wasser. Am liebsten hätte er untertauchen mögen.

Zu allem Überfluss kam eines dieser göttlichen Wesen auf ihn zugeschwommen. Ihre Brüste trieben auf dem Wasser und die Knospen stießen hoch aufgerichtet gegen seinen starren Blick.

„Hallo Fremder. Wie ist dein Name?“

„Arget“, brachte er stotternd heraus.

„Mein Name ist Byrda. Ich bin ein Kindeskind unseres Anführers, den du schon kennengelernt hast.“ Kokett schaute sie ihm in die Augen und versuchte nicht weniger deutlich, durch das Wasser, einen Blick in seine Leistengegend zu erhaschen.

Arget fixierte stumm einen Punkt über ihrem Kopf, um ihrer Nacktheit zu entgehen. Wie sollte es auch anders sein, umringten ihn plötzlich die fünf Nixen. Die Männer des Waldes schauten amüsiert zu und rissen einige derbe Witze.

„Unterhaltsam bist du nicht gerade“, führte Byrda die begonnene Unterhaltung fort. „Hat das heiße Wasser deine Sprache verschlungen?“

„Ich . . . ich . . . weiß nicht, wa . . ., wa . . ., was ich sa . . ., sa . . ., sagen soll“, stotterte Arget.

„Bei der Großen Mutter. Jetzt stottert er auch noch. Davon hat uns Großvater aber nichts gesagt.“ Provozierend schob sie sich näher an ihn heran. Ihre Brustwarzen berührten fast seine Brust. Soweit es ging, drückte er seinen Hintern gegen die Uferwand, damit sein hervorstehender Pfahl in keinen Konflikt kam. Interessiert drängten die anderen jungen Frauen auch heran.

„Komm mir nicht zu nahe“, krächzte er heiser. „Ich habe mich nicht unter Kontrolle.“

„Oh“, troff es honigsüß aus ihrem Mund, während ihre Hand seelenruhig an sein Geschlecht griff. „Tatsächlich. Er hat sich nicht unter Kontrolle. Wie süß.“

„Humpf.“ Argets Unterkörper geriet in unkontrollierte Zuckungen. Der Orgasmus überfiel ihn wie ein Schlag. Seine Knie gaben nach und alle Körpermuskeln wurden weich. Während er sich ins Wasser ergoss. Krallten seine Hände in die Uferwand, um nicht zu versinken.

„Schade“, bemerkte Byrda mit blitzenden Augen, irgendwie nebenbei. „Damit hätte man auch etwas anderes machen können.“

„Es tut mir leid. Ich habe die Kontrolle verloren“, er brachte den Satz flüssiger heraus, weil er sich dem Schicksal ergab. Geschehen war geschehen. Ändern konnte er nichts mehr.

„Was soll dir leidtun?“, Byrda schaute ihn, wider Erwarten, ernst an. „Es ist eine Ehre für mich.“ Sanft knetete sie, als wäre es das selbstverständlichste der Welt, weiterhin sein Geschlecht, das sich schon wieder aufrichtete. „Ich fühle, dass ich dir gefalle.“

„Du . . ., du . . . bist wunderschön“, er stotterte wieder und versuchte, ihren Händen zu entkommen. Doch sofort wurde der Griff fester und hielt ihn unnachgiebig fest. Inzwischen streichelten auch die anderen Frauen seinen Körper an den verschiedensten Stellen. Sein Verstand setzte aus. Das war zu viel des Guten. Er fiel, wie ein erlegtes Stück Wild, zusammen.

Er kam am Uferrand wieder zu sich und eine besorgte Byrda schüttelte seine Schultern.

„Was ist passiert?“, fragte er mit rauer Stimme.

„Du kannst keinen Spaß vertragen.“ Sie schmunzelte verschmitzt zu ihm herunter.

Schnell schloss er seine Augen, damit sein Verstand nicht wieder verschwand. Verführerisch schaukelten ihre Brüste vor seinen Augen. Seine Haut wurde wie seine Hände und damit, wie seine Gedanken. Sie fühlten intensiv die Schenkel der jungen Frau, die nackt und leicht an seinem Körper rieben. In seiner Not nahm er Bauchlage ein und verdeckte die Augen auf den Unterarmen.

„Wir lassen dich jetzt alleine. Wenn du so weit bist, lässt du dir deinen Schlafplatz zuweisen.“

Arget hörte, dass die Frauen sich entfernten, und hob vorsichtig seinen Kopf. Sie waren verschwunden. Er war alleine.

Was geschieht hier mit mir?, wirbelten ihm Gedanken durch Kopf. Sein ganzes Weltbild wurde auf den Kopf gestellt. Ohne Vorwarnung kamen die Gefühle für dieses Mädchen, das nach seinen Begriffen abstoßend hätte sein müssen. Sie sah anders aus, als alle Frauen, die er bisher gesehen hatte und doch zog sie ihn an. Hatte die Große Mutter ihre Hände im Spiel? Er schüttelte den Kopf, in dem ein neuer Begriff keimte, der Liebe hieß. Er hatte sich in diese Frau verliebt, was immer das auch sein mochte. Die neue Emotion blieb ein Geheimnis, zeit seines Lebens, wie bei Tausenden Genrationen, die ihm folgten. Byrdas Bild ging ihm nicht aus dem Kopf. Die Frau verursachte ein flaues Gefühl in seiner Magengegend und ließ seine Körpertemperatur von heiß zu kalt, wechseln. Das Herz, der Platz, an dem das Leben lag, schlug schnell und drohte ihm die Brust zu sprengen.

Arget schüttelte die ungewohnten Empfindungen ab. Er stieg noch einmal ins Wasser und ließ dann den Abendwind seine Haut trocknen. Er legte seine Felle an und schlug wenige Augenblicke später, unter großer Überwindung, den Eingang zum Versammlungsraum zurück. Erleichtert nahm er zur Kenntnis, dass sich lediglich wenige Männer dort befanden. Er hatte das Empfinden, jeder könne die Gefühle auf seinem Gesicht ablesen oder über sein Missgeschick im Wasser lachen. Sie benahmen sich jedoch normal und riefen ihm einige Belanglosigkeiten zu. Einer der Männer zeigte auf ein Zelt in der Nähe des Versammlungsraumes, in dem er die Nacht verbringen konnte.

Arget setzte sich noch einige Zeit ans Herdfeuer und lauschte den Gesprächen. Nach und nach verzogen sich die Männer in ihre Behausungen. Er begab sich ebenfalls zur Ruhe. Der Tag hatte so viel Neues und Erregendes für ihn gebracht, sodass er nicht einschlafen konnte. Unruhig wälzte er sich auf seinem Nachtlager hin und her – immer das Bild Byrdas vor den Augen. Sie war so fremd und doch wieder so bekannt, als wenn er sie schon alle Zeit kannte. Auf diese Frau hatte er sein ganzes Leben gewartet. Endlich fielen ihm die Augen zu. In der Nacht spürte er eine Bewegung neben sich. Ein schlanker, sehniger und doch weicher Körper drängte gegen ihn.

Wo war Wolf? War ihm etwas geschehen? Er hatte noch nie jemanden zu ihm gelassen, während er schlief. Was war los mit ihm? Bewusst spürte er die weiblichen Formen, die sich gegen seinen Rücken pressten. Und da waren auch wieder die Hände, die an seinem Glied herumspielten. Er erlebte wieder diese Erregung, die den Verstand träge und mürbe machte. Arget empfand die Dunkelheit als Segen. Niemand konnte sehen, was hier geschah. Trotz der Erregung, die ihn packte, musste er daran denken, dass er vor wenigen Wochen noch, die Hand vor die Augen gehalten hätte. Was er nicht sah, konnten andere auch nicht sehen. Auf der anderen Seite bedauerte er, dass er nichts erkennen konnte. Seine Haut wurde wieder seine Hände und registrierte jede Berührung mit Erschauern. Der Körper auf seiner Lagerstatt rollte über ihn, um an seine Vorderseite zu kommen. Arget versteifte und bewegungslos spürte er drahtiges Haar, das über seine Oberschenkel strich. Wohlige Schauer jagten über seine Haut. Der Frauenkörper übte unbarmherzigen Druck aus und der gierige Mund suchte den seinen. Die Zunge schoss heraus und spielte mit seinen Lippen, bis er sie vorsichtig öffnete. Saugend klebte der Mund auf ihm und kreiste in einem erregenden Rhythmus. Ihre Hände waren überall auf seinem Körper.

Ihr feuchtes Haar an seinem Schenkel ließ die Erregung ins Unermessliche wachsen. Seine Hände wanderten selbstständig und erforschten den Körper, der auf ihm lag. Erschauernd bemerkte er, wie die Brustwarzen unter seinen Händen hart wurden und fordernd gegen sie drückten. Seine Hand glitt zwischen, sich willig öffnende Schenkel und erforschte die Stelle, zu der es ihn besonders zog. Seine Fingerspitzen wurden zu seinen Augen und der Ausgangspunkt aller Sinnesempfindungen. Sanft teilten und streichelten sie das Haar und all das, was sich sonst dort befand. Byrda, niemand anderes konnte es sein, drängte mit erstaunlicher Gewalt ihren Unterleib gegen seine streichelnde Hand, die fester zupackte. Wohliges, kehliges Stöhnen, tief aus der Brust, war die Antwort.

Ihre kräftigen Händen drückten ihn auf den Rücken und sie schwang sich über ihn. Sie nahm sein Glied in ihren Körper auf und fuhr mit brutaler Gewalt auf und nieder. Der schneller werdende Atem und die hohen spitzen Töne, aus ihrer Kehle, schalteten seinen Verstand ab. Arget hob sich ihr in Explosionen entgegen. Alle Kraft ging auf sie über.

Total erschöpft fiel er zusammen, während sie noch hohe Schreie von sich gab. Mit einem Schlag jedoch fiel auch sie über ihm zusammen. Der Schweiß ihrer verschwitzten Leiber wurde eins.

„Bei der Großen Mutter, du bist stark“, sie hauchte atemlos in sein Ohr.

Er drehte sich zur Seite und versuchte im Dunkel, ihr Gesicht zu erkennen.

„Was hat dich zu meinem Lagerplatz getrieben? Bekommen wir keinen Ärger?“

„Ich bin auserwählt, mit dir die Lagerstatt zu teilen. Lange habe ich darauf gewartet, bei einem Mann zu liegen. Der Mutter sei Dank, dass du gekommen bist.“

„Du hast noch nie bei einem Mann gelegen? Woher wusstest du, was du tun musstest?“

„Die alten Frauen erzählen aus ihren Erinnerungen. Jede Frau hier weiß, was sie tun muss. Ist es bei Euch anders?“

„Ich weiß nicht, was die alten Frauen erzählen. Aber wir sind nicht so frei, wie es hier bei euch ist. Jedoch schlafen bei uns viele Männer bei einer Frau, wenn sie den Fortbestand des Stammes sichern soll.“

„Hast du auch schon bei einer Frau gelegen?“

„Ja sicherlich. Aber ganz anders.“

„Wie anders?“

„Ja. Ohne die Hände zu bewegen oder den Mund aufeinander zu drücken. Ganz einfach, so.“

„Wie?“

„Unsere Frauen ziehen sich nicht aus. Sie sind teilnahmslos.“

„Was?“, Byrda schüttelte sich. „Einfach reinstecken, abspritzen und fertig? Das kann doch nicht wahr sein? Also hattest du vorher noch nie eine nackte Frau gesehen?“

„Nein. Nicht so richtig.“

„Du Armer. Und ich habe dich noch gereizt. Nein. Es war einfach herrlich, wie du in dich zusammengesunken bist.“

„Ach. Hör doch auf damit.“

Sie fummelt schon wieder an ihm herum. Und wie sollte es anders sein. Er machte sich wieder selbstständig, ohne, dass er es verhindern konnte. Ihre Lippen suchten und fanden sich. Sie genossen den Liebesakt langsam mit wachen Sinnen, als wenn sie es schon tausendmal gemeinsam getan hätten.

„Es ist, als …“, flüsterte er mit rauer Stimme, während sie einmal ruhig nebeneinanderlagen, in ihr Ohr und suchte nach Worten. „Ich habe immer auf dich gewartet.“

„Wir sind füreinander bestimmt“, wisperte sie zurück und drängte sich schauernd gegen ihn.

„Die Große Mutter hat uns ein Wunder geschickt. Sicherlich ist noch nie einem Menschen so etwas geschehen, wie mit uns beiden.“ Er versuchte, ihr in der Dunkelheit, in die Augen zu schauen.

„Du hast recht. Niemand kann bisher Ähnliches erlebt haben. Vom ersten Augenblick an, an dem ich dich sah, war mein ganzes Sehnen auf dich gerichtet. Wir werden von nun an immer zusammenbleiben.“ Sie kuschelte noch fester gegen ihn und genoss das Gefühl der Gemeinsamkeit.

Am Morgen wurde Arget von Stimmengemurmel geweckt. Der Stamm saß um das Herdfeuer, um den Tagesablauf zu besprechen.

Er fühlte sich zerschlagen und doch wieder gut. Erst in den frühen Morgenstunden war er zu etwas Schlaf gekommen. Byrda schlief noch neben ihm. Ihr schwarzes Haar lag, wie ein Fächer, auf dem Fell. Ihre Züge waren entspannt und die vollen Lippen lächelten im Schlaf. Die Zudeckfelle waren von ihren Brüsten gerutscht, die voll und prall in die Luft standen. Trotz der langen und heißen Nacht bekam er wieder Lust. Schnell verließ er seine Schlafstelle und ging ein Stück in den Wald hinein, um seine Notdurft zu verrichten. Danach genoss er ein schnelles Bad in den heißen Wassern.

Wiederum in der Versammlungshalle begab er sich sofort zu dem Alten und bedeutete ihm, dass er großes Interesse an seiner Enkelin Byrda habe. Alle Unsicherheit war von ihm abgefallen und es war mit einem Male die selbstverständlichste Sache der Welt, dass er um Byrdas Hand anhielt.

Lange Zeit starrte der Greis in das Feuer. Bedächtig hob er den Kopf. „So soll es sein. Ich habe schon lange gewusst, dass das weibliche Kind meines Sohnes zukünftig nicht in unserem Stamm leben wird. Sie wurde auf ein Leben in der Fremde vorbereitet.“

„Wie konntest du es wissen, weiser alter Mann?“, fragte ihn Arget verblüfft.

„Zwischen Himmel und Erde gibt es viele Dinge, die wir erst verstehen lernen müssen. Es wird viele Jahrtausende dauern, bis die Menschheit für diesen Planeten bereit ist. Ich weiß von dir, von deinen Träumen und deinem Zauberstein. Schau nicht so erschrocken. Wie ich dir sagte, viele Erkenntnisse entziehen sich uns. Deine Nachkommen, Arget werden bei der Entwicklung der Menschen eine große Rolle spielen. Ich bin stolz darauf, dass du meine Enkelin zu deiner Gefährtin gewählt hast.“

Wieso ich, dachte Arget. Ich hatte doch gar nichts damit zu tun. Sie ist doch unter mein Fell gekrochen und nicht ich zu ihr.

„Du erstaunst mich alter Mann, dass du so viel Wissen über die Mächte der Erde gesammelt hast. Ebenso bin ich verwundert, dass dein Stamm Worte spricht und diese, zu Sätzen aneinanderreiht. Ich hatte bisher nur in meinen Träumen davon Kenntnis. Die Menschen meines Stammes sind dazu nicht in der Lage.“

„Es ist überhaupt nichts verwunderlich, mein Sohn. Die große Allmacht der Erde tut nichts ohne Sinn. Deine Gefährtin muss besondere Fähigkeiten besitzen, die sie über die Frauen der anderen Stämme herausheben. Warum nicht die Sprache?“

„Aber ist es nicht seltsam, dass ich als Fremder deines Stammes und viele Tagesreisen entfernt lebend, deine Sprache verstehe.“

„Eines Tages werden alle Menschen die gleiche Sprache sprechen. Sie werden die Allmacht der Erde erzürnen und wieder in unverständlichem Sprachwirrwarr zurückfallen. Dann wird es wieder lange Zeit dauern, bis eine Sprache alle Barrieren beseitigt.“

„Alter Mann. Du verwirrst mich. Ich verstehe dich nicht.“

„Es ist im Moment nicht wichtig, ob du mich verstehst oder nicht. Die Zeit wird es bringen. Sei noch einige Tage unser Gast und dann mache dich mit Deiner Gefährtin auf den Weg, zu deinem Zuhause.“

Wie der alte Mann ihm geraten hatte, blieb Arget noch einige Tage und führte viele lange und verwirrende Gespräche mit ihm. Der Hintergrund wurde immer unklarer. Die Gedanken verstörten ihn. Er musste mit seinem Stein träumen. Mehr als alles auf der Welt wünschte er sich in seine Heimat und damit in seine Traumwelt zurück. Die Unterhaltungen mit dem Alten machten ihn noch verrückt.

Viele Diskussionen am Rande waren jedoch nicht philosophischer Art. Hier ging es um handfeste Alltagsprobleme. Mit denen konnte er umgehen.

Kurz nach Argets Eintreffen in der Waldsiedlung verschwand Wolf. Es fiel ihm am Morgen, nach der ersten Vereinigung mit Byrda auf. Zunächst machte er sich keine Sorgen. Dann jedoch streifte er, auf der Suche nach dem Tier, durch den Wald. Es war nichts zu machen. Der Wolf blieb verschwunden. Er konnte kaum atmen, wenn er daran dachte, das Tier könne nicht mehr zurückkehren.

Dazu kamen all die neuen Erfahrungen, die er machte. Einige wollte er mit in seine Welt nehmen. Das tägliche Bad mit dem angenehmen Gefühl der Sauberkeit. Den Genuss seine Gedanken und Gefühle mit Worten auszudrücken. Die Stunden, mit Byrda in verliebter Ekstase, mit dem Erforschen der Körper und Gefühle.

*

Arget bemerkte früh morgens rege Betriebsamkeit in der Waldsiedlung. Die Waldmenschen bereiteten geschäftig ein Fest vor. Seine Fragen wurden ausweichend beantwortet und er fühlte sich noch fremder, als sowieso schon. Viele der Sitten und Gebräuche des Stammes waren ihm unbekannt. Sie ähnelten einigen, die sie zu Hause auch hatten – unterschieden sich jedoch häufiger.

Aus Behältern über den Feuern wehten appetitliche Düfte durch die Luft. Auf seine Frage, woher die Gefäße, die die Nahrung garten, kamen, wurde ihm ein komplizierter Vorgang beschrieben, den er nicht verstand, jedoch in seinen Gedanken speicherte. Irgendetwas mit einer bestimmten Erde, die mit Wasser vermischt geformt werden konnte und im Feuer die Zusammensetzung bekam, um ihm zu widerstehen. Auf jeden Fall roch es gut und das Wasser lief in seinem Mund zusammen. Über dem großen Herdfeuer garte ein Rentier, das von den Kindern, immer wieder heftig, mit dem Spieß gedreht wurde. Erstaunlich war, dass nur wenige Frauen mit der Zubereitung der Mahlzeit beschäftigt waren. Auch Byrda vermisste er. Ihm fiel auf, dass er sie schon seit dem gestrigen Abend nicht mehr gesehen hatte.

Da sich niemand um ihn kümmerte oder Zeit zu haben schien, machte er sich auf den Weg zu den heißen Wassern, um ein Bad zu nehmen. Diese neue Erfahrung gefiel ihm. Aber, er kam nicht an die Wasser heran.

„Jetzt nicht. Arget“, wurde er von einem Mann aufgehalten, der, wie er sich erinnerte, Bono genannt wurde.

Überrascht blieb Arget stehen. In seinem Stamm und auch bisher, hier an diesem Ort, wurde ihm nie etwas verwehrt. Schon wollte er aufbrausen, zog aber schnell die Reißleine. Er war ein Fremder und konnte keine Ansprüche stellen.

Sein Gegenüber hatte das kurze Aufblitzen des Widerstandes in seinen Augen bemerkt und machte sich bereit, ihn, wenn notwendig, mit körperlicher Kraft, zurückzuhalten.

„Was ist los bei euch, Bono? Heute scheint niemand Zeit zu haben. Kein Mensch will mir zu sagen, was hier geschieht?“ fast flehentlich sah Arget ihn an.

„Eine Überraschung Arget. Die Sitten unserer beiden Stämme scheinen doch sehr unterschiedlich. In unserer Gemeinschaft weiß jeder, dass, wenn ein Mann und eine Frau sich lieben und zusammenbleiben wollen, eine große Zeremonie abgehalten und gefeiert wird.“ Bono lief ab und wunderte sich über die Unkenntnis des Fremden.

„Wer liebt sich denn bei euch so, dass eine große Feier abgehalten wird? Sind mir die beiden bekannt?“ Arget bekam eine Ahnung, als er das Gesicht seines gegenüber betrachtete. Sein Magen zog sich zusammen. Ein Gefühl, das er in den letzten Tagen häufiger hatte.

„Ja. So begriffsstutzig kann doch niemand sein. Du, Arget. Und das Kindeskind unseres Häuptlings, Byrda.“ Kopfschüttelnd über so viel Unverständnis stand Bono vor ihm. „Deine Byrda wird von den Frauen unseres Dorfes geschmückt.“

Geschrei und angstvolle Rufe aus Frauenkehlen unterbrachen ihr Gespräch. Sie schnellten herum und stürmten ohne Reaktionszeit durch das Gestrüpp, auf den Weg zur Quelle. Arget hatte keine Waffen dabei, aber darüber machte er sich keine Gedanken.

Ihnen bot sich ein Bild des Schreckens. Ein großer gelbschwarz gestreifter Tiger sprang am Ufer des Teiches auf und ab. Er bewachte seine Beute, die blutüberströmt vor ihm auf dem Boden lag. Die Gestalt gab kein Lebenszeichen von sich. In der Mitte des heißen Wassers strampelten vier Frauen und riefen wehklagend um Hilfe. In Sekundenbruchteilen erkannte Arget Byrda. Sie lag verletzt oder gar tot auf dem Boden. So schnell, wie er die Szene in sich aufnahm, veränderte er sich. Ein tiefer Knurrlaut erhob sich aus den Tiefen seiner Brust. Sein Mal am Hals leuchtete blutrot auf. Pfeilschnell stand er vor dem erschrockenen Tier. Er griff es mit bloßen Händen an. Der Schreck des Tigers dauerte ebenso lange, wie Arget benötigte, vor ihm zu stehen. Sprungbereit empfing er ihn und versuchte, mit ihm zu spielen. Die riesigen Tatzen schlugen nach dem kleinen Menschen. Die kalten wachsamen Augen blickten amüsiert auf den Winzling, der keine Chance hatte. Arget hatte alle Mühe, den Schlägen zu entgehen. Doch plötzlich schien er zu wachsen. Sein Körper begann zu leuchten und wurde von hellem Licht umgeben. Er baute Macht auf, die das Tier genauso spürte, wie die mittlerweile herbeigeeilten Menschen. Mit einem gewaltigen Satz, so rasch, dass der Tiger nicht reagieren konnte, hockte er auf dessen Rücken. Mit einem schnellen, wie es schien, mühelosen Ruck, drehte er den Kopf der Bestie. Ein lautes Brechen der Knochen zeugte von der unglaublichen Gewalt. Die Kreatur zuckte und brach, wie von einem Blitz getroffen, zusammen. Bevor sie sich vollends auf dem Boden strecken konnte, beugte sich Arget bereits über Byrda. Der Tiger hatte sie übel zugerichtet. An der Kehle klaffte ein Loch und der Lebenssaft pumpte in kurzen Stößen heraus. Also lebte sie noch, schoss es ihm in den hintersten Winkeln seines Gehirns, wie eine Ahnung, durch den Kopf. Von nun an wusste er nicht mehr, wie ihm geschah. Seine Hände legten sich auf Byrdas Brust und der ihn umgebende Strahlenkranz schloss sie mit ein. Langsam floss er um die Konturen ihres Körpers, und bevor er sich schließen konnte, waren Byrdas Wunden verschwunden. Kein Blut. Keine Verletzungen. Sie sah aus, wie zuvor.

Die herangestürmten Jäger konnten später nicht erklären, was geschehen war. Sie sahen blitzschnelle, vom Auge nicht zu erfassende Bewegungen. Und dann war es schon vorbei. Arget hielt Byrda in den Armen, die gerade die Augen aufschlug. Sie hatte keine Angst oder gar einen Schrecken. Tiefe Ruhe strahlte aus ihrem Blick. Der Strahlenkranz schloss sie noch beide ein.

„Was ist geschehen?“

„Vergesse es. Dir ist nichts passiert.“

„Aber, der Tiger?“

„Der ist keine Gefahr mehr.“

„Er hatte sich auf mich gestürzt. Ich hatte Schmerzen.“

„Es ist vorbei. Beruhige dich.“ Sanft wiegte er sie in den Armen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass sie nackt war. Aus einer Scheu heraus wollte er sie bedecken. Der Gedanke entschwand wieder.

Nach und nach, begann der Strahlenkranz zu verblassen. Nur auf seiner Brust, dort wo der Stein im Beutel lag, schien er zu verharren, um dann zu vergehen.

Er erhob sich und half Byrda auf die Beine. Gespenstige Stille, die sie umgab, zwang ihn, den Blick von Byrda zu lösen. Selbst die Geräusche des Waldes waren gedämpft, wie, um ihn nicht zu stören. Die Waldbewohner lagen auf dem Boden und bedeckten ihre Augen.

Was war geschehen? Hatte er wieder einen Zauber bewirkt?

Arget sah sich um, blickte in alle Richtungen. Er bemerkte nichts, dass die Veranlassung des merkwürdigen Verhaltens, der reglos liegenden Menschen, rechtfertigte. Sie verhielten sich nicht anders, als seine Stammesbrüder, wenn er wieder einmal einen Zauber bewirkt hatte. War er der Anlass?

Mächtig schwoll seine Brust. Mühsam unterdrückte er seine Erregung. Mit ruhigen Worten gab er das Zeichen, mit den Vorbereitungen des Festes fortzufahren.

Abseits aus den Augenwinkeln heraus, zwischen den Bäumen, bemerkte er ein riesiges Ungeheuer. Es beobachtete das Geschehen. Seine kohlschwarzen Augen glühten hasserfüllt. Aber schon war es verschwunden.

*

Bono bedeutete ihm zu folgen und rief einige Männer herbei. Gemeinsam und mit Hochachtung baten sie Arget in ein Zelt. Hier war alles vorbereitet.

„Byrda und die Frauen haben in den vergangenen Tagen an deiner Festkleidung gearbeitet. Wenn du gleich aus dem Bad kommst, helfen wir dir beim Anlegen der Sachen“, fasste Bono ihn am Oberarm und zog ihn zum Wasser.

Als die Sonne ihrem höchsten Punkt erreichte, kam der Stamm auf ein geheimes Kommando, um das große zentrale Herdfeuer, zusammen. Es herrschte ausgelassene Stimmung. Gelächter und lustige erwartungsvolle Geräusche drangen zu Arget herüber. Er wurde von Bono und einigen anderen Männern daran gehindert, zum Festplatz zu gehen. Vielmehr sollte er an seiner Lagerstatt warten.

Während seine Gedanken wirbelten, wurde es schlagartig still. Er lugte durch eine Ritze der Zeltwand, die ihn vom Geschehen abschirmte, und sah den Großvater Byrdas in festlicher zeremonieller Kleidung den Platz betreten. Vor dem Herdfeuer hob er seine Arme gen Himmel und stimmte einen rhythmischen Gesang an. Ehrfurchtsvoll waren aller Augen auf ihn gerichtet. Langsam bewegte der Alte sich um die Feuerstelle – immer wieder seine Arme hochreckend.

Arget betrachtete ihn genauer. Er trug das Fell eines großen, ihm jedoch unbekannten, Tieres, an dem sich ein furchterregender Kopf mit langen Fangzähnen befand. Die weiße Grundfarbe des Tierkleides wurde von gleichmäßig gelblich braunen Streifen, in unterschiedlicher Farbnuancierung durchzogen. Die mächtigen Tatzen des toten Tieres lagen auf seinen Schultern. Den massigen Kopf trug er auf seinem Haupt und die toten Augen schienen blicklos, überall hinzusehen. Die hinteren Gliedmaße und ein langer Schwanz, von dem Arget glaubte, er würde jeden Augenblick lospeitschen, schleppten über den Boden.

Die Männer des Stammes fielen in den Gesang ein, um kurz darauf, wieder zu verstummen, während die Frauen mit helleren Stimmen den Part übernahmen. Immer wieder wechselten sie ab, um dann gemeinsam, in einem rhythmischen Finale zu enden. Die Worte des Gesanges blieben Arget unverständlich. Wahrscheinlich war es eine Zaubersprache.

Der Greis rief einige, weiterhin, unverständliche Sätze in die Runde. Stille breitete sich aus und aus dem Nichts stand plötzlich Byrda neben ihrem Großvater. Arget hatte ihr Kommen nicht bemerkt.

Sie war wunderschön. Ein Brennen trat in seine Augen und sein Herz erfüllte ein Sehnen, das ihm sämtliche Kraft aus den Gliedern zog. Wenn er sich jetzt hätte bewegen müssen, er hätte es nicht gekonnt. Byrda trug einen Umhang aus schneeweißen Fellen, die von kleinen Tieren stammten und kunstvoll zusammengefügt waren. Der Fellumhang wurde über der Brust von meisterhaft gedrehten Lederschnüren zusammengehalten. Auch mit ihren Haaren war etwas geschehen. Sonst glatt herunterhängend boten sie sich in einer, ihm ungeahnten, Fülle dar und unterstrichen die feinen Gesichtszüge, aus denen strahlende Augen blickten. Er spürte es – sie suchte ihn.

In Trance ging er zu ihr und verzehrte sie mit den Augen. Byrdas Blick war Tränen umflort und all ihre Liebe floss auf ihn über. Argets grobe Figur bot einen imposanten Anblick. Ebenso wie sie, war er festlich herausgeputzt. Seine, sich allen mitteilende, überschäumende Gefühlswelt, machte ihn unwahrscheinlich liebenswert. Seine Kleidung bestand aus weich gegerbtem Rentierfell. Die Seiten der Beine säumten, mit Lederschnüren befestigte kleine Knochenstücke, die bei jeder Bewegung ein leises Geräusch erzeugten. Aus dem gleichen Material trug er ein Hemd, das aufwendig verziert war.

Unsicher, wie er sich verhalten sollte, verharrte er neben Byrda, obwohl er sie am liebsten in den Arm genommen hätte.

Das Stammesoberhaupt sprach beschwörende Formeln und nahm schließlich ihrer beider Hände, die er ineinander legte. Er geleitete sie einmal um das Feuer, wobei die Gesellschaft, in ohrenbetäubendes Geschrei ausbrach. Sie sprangen auf und umringten die frisch Vermählten. Arget erhielt viele Schläge auf die Schulter und genoss das Interesse der Gemeinschaft.

Der Führer des Stammes hob in einer gebieterischen Bewegung seinen Arm, worauf sofort Stille einkehrte.

„Arget. Ich habe dir mein weibliches Kindeskind zur Frau gegeben. Damit gehörst du zu uns. Du bist einer der unseren bis zu deinem Lebensende – ebenso eure Kinder und alle weiteren Generationen, die folgen. Jetzt aber sollt ihr eure Geschenke erhalten.“

Mit keinem Wort erwähnte er die Begebenheit am heißen Wasser.

Die frisch Vermählten bekamen Dinge für den täglichen Gebrauch, die alle einen Sinn hatten. Die anschließende ausgelassene Feier dauerte bis in die frühen Morgenstunden.

*

Schnell, zu schnell nahte der Abreisetermin. An einem frühen diesigen Herbstmorgen nahte der Abschied aus Argets lieb gewonnenem neuen Leben. Auch, wenn er sich nach Hause sehnte, wäre er jetzt, zwiespältig, wie er war, gerne geblieben.

Er und seine Gefährtin Byrda waren auf dem Weg in die Zukunft. Byrdas Stamm gab ihnen viele gute Ratschläge mit auf den Weg und nahm ihnen das Versprechen ab, sich doch wieder einmal sehen zu lassen. Ebenso sprach Arget eine Einladung aus, wobei er bat, dieser doch unbedingt Folge zu leisten. In Zukunft wollte er junge Menschen seines Stammes auf die gleiche Reise zu schicken, die er gerade im Begriff war, zu beenden. Gestern noch hatte er mit dem greisen Führer der Gemeinschaft, die gegenseitigen Versprechen mit Zaubergesängen besiegelt.

Zügig schritten sie aus und machten, gegen Mittag, an einem Bachlauf Rast. Häufige verliebte Aufenthalte verzögerten die Rückkehr beträchtlich. Schließlich erreichten sie den Teil der Landschaft, der Arget bekannt war. Der Lauf seines Flusses lag vor ihnen.

*

KYRA

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