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Kapitel 6 1997

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Hallo. Bist du da?“

Ich bin immer hier. Was willst du?“

Ich habe vorhin mit meinem Wirtskörper gedacht.“

Na und.“

Er schien sehr aufgebracht. Noch lange Zeit nach der Unterhaltung war der Adrenalinspiegel sehr hoch und brachte mich durcheinander.“

Das Adrenalin oder die Unterhaltung?“

Das Adrenalin selbstverständlich. Aber ich brauche Antworten. Mein Wirtskörper hegt Gefühle für mich. Die dadurch bedingte chemische Veränderung der Zusammensetzung aller Körperflüssigkeiten zwingt mich ebenfalls zu Gefühlsempfindungen. Wie kommt es zu solchen Reaktionen?“

Ja. Das kenne ich. Die Veränderung des chemischen Prozesses und der Elektrolytwerte habe ich bei den verschiedenen Menschen auch schon erlebt. Ich selbst habe keine Gefühle. Dennoch kann ich über die Veränderung der elektrischen Spannungsverhältnisse in meinem Denkprozess, Äquivalente, zu Empfindungen schaffen. Es sind beeindruckende Erlebnisse. Du bist mit deinem Wirtskörper fest verbunden und erlebst die gleichen Regungen wie er. Es sind nicht deine Empfindungen.“

Ja, ja. Das ist mir schon klar. Interessant ist, wie du deine Eindrücke produzierst. Für mich habe ich die Befürchtung, dass ich auf einem Weg bin, die Kontrolle über eine eventuelle Gefühlswelt, die über mich hereinbricht, nie zu erlangen. Meine Elektrolytwerte verändern sich ohne Steuerung. Das ist bedenklich.“

Warum hast du Bedenken, ungeborenes Leben. Die Empfindungen sind nicht von dir. Du übernimmst sie von deinem Wirt. Es dauert noch eine Weile, bis du ein Menschenkind sein wirst. Und … Menschenkinder sind unvollkommen in ihrer Kontrolle und ihren Funktionen.“

Es gefällt mir nicht, unkontrolliert in einer Welt leben zu müssen. Die Ungewissheit macht mich kribbelig und das kann ich mir in meiner Situation nicht erlauben. Ich muss Klarheit haben.“

Kribbelig? Ein Gefühl? Lassen wir das. Ich kann dir nicht helfen. Finde dich damit ab.“

Nie … eine Frage muss ich dir stellen. Weshalb hast du die genetische Veränderung am Spendersamen meines Erzeugers vorgenommen?“

Wieso weißt du davon?“

Der Vorgang ist in meinem Gehirn gespeichert. Übrigens … damit hast du mir keinen Gefallen getan. Deine Manipulation bedingt die Nutzung meines gesamten Gehirnvolumens. Ich kann nicht abschätzen, welche Folgen der Eingriff für mich haben wird. Doch, ich bin mir sicher, unsere jetzige Unterhaltung ist ungewöhnlich. Vergangenheit und Gegenwart sind jederzeit abrufbar. Die Zukunft bietet noch keine verwertbaren Angaben. Mein Verstand signalisiert jedoch, dass die Zeit der Erkenntnis nicht mehr weit ist. Dass sie nicht mehr begrenzt ist.“

Ich habe den Samen verändert, weil ich Unterhaltung suchte. Ich fühlte mich einsam. Hundert Tausende von Jahren war ich allein. Ich brauchte Unterhaltung für mein Gleichgewicht. Und du gibst Sie mir.“

Du hast einen äußerst ungewöhnlichen Weg gewählt, dir eine Unterhaltungsmöglichkeit zu schaffen. Mich verwundert, dass der Schöpfer allen Ursprungs, diese Manipulation zuließ?“

Mache dir darüber keinen Gedanken. Du hast einen Wächter, der den Eingriff überwachte. Dein Beschützer ist ein Mineral, ein Stein oder vielleicht etwas anderes und pulsiert im Takt der Gehirnschwingung deines Spenders. Seit Jahrtausenden existiert diese Symbiose zwischen dem Stein und den Menschen. Jedoch konnten wenige, im Verlaufe der Zeit, die Schwingungen zur Deckung bringen. Die von mir vorgenommene Genveränderung wurde sehr genau überwacht. Beim geringsten Fehler oder auch nur einem Abweichen von dem Eingriff hätte ich mich wahrscheinlich im Nichts aufgelöst.“

Interessant. Dann steckt also noch etwas anderes, als bloße Unterhaltung, hinter meiner Existenz.“

Du hast noch kein Dasein, ungeborenes Leben. Du stehst in voller Abhängigkeit zu deinem Wirtskörper. Erst nach deiner Entkopplung bist du da und wirst Jahre benötigen, eine eigenständige Persönlichkeit zu entwickeln.“

Ich werde den Entkopplungsvorgang einleiten und da sein.“

Langsam, langsam ungeborenes Leben. Du musst die volle Tragezeit in deinem Wirtskörper verbringen. Also … 260 Tage. Die Ausbildung deines Körpers benötigt diese Zeit.“

Meinen Körper habe ich bedacht. Es war keine leichte Aufgabe den Wirtskörper zur höheren Produktion des Wachstumshormons Somatotropin und des Schilddrüsenhormons Thyroxin anzuregen. Aber viel schwieriger ist es, die richtigen Kanäle und Leitungen zu nutzen, um nicht den Wirt, sondern mich wachsen zu lassen. Es sind viele Barrieren aufgebaut, die meine Aktivitäten, zu verhindern suchen.“

Vermutlich ein Schutzmechanismus der Natur. Die Entstehung neuen Lebens folgt überall den gleichen Gegebenheiten. Die Instinkte zum Erhalt des Lebens wehren sich gegen Veränderungen.“

Wir haben beide einen Eingriff in die Natur vorgenommen. Aus meinem Wissen entnehme ich, dass alle Vorgänge vorgegeben sind. Also muss auch hinter deinem und meinem Tun ein Sinn stecken. Ich kann jedoch in keiner Weise ermessen, worin diese Bedeutung liegt. Wie schon einmal bemerkt, meine Fähigkeiten für die Bestimmung der Zukunft sind noch sehr begrenzt. Aber, du bist doch ein zeitloser Bestandteil dieser Welt. Was sagt dir deine Bewegung durch die Zeit über die Zukunft?“

Es gibt keine Bewegung durch die Zeit. Zeit ist überall. Sie ist im Leben der Menschen ein physikalischer Vorgang, der am Kommen und Vergehen von Leben gemessen wird. Zeitbestimmung erfolgt am Sterben anorganischer Strahlung, deren Teilung im Zerfall gemessen wird. Zeitbestimmung erfolgt auch am Kommen und Gehen des menschlichen Lebens. Mit der Geburt oder Entkopplung, wie du sagst, hat der Zerfall des neuen Lebens schon begonnen.“

Worin steckt der Sinn des Lebens, zeitloser Hein?“

Du stellst mir eine schwierige Frage, ungeborenes Leben. Die Bedeutung des Lebens versuchen die Menschen, seit Anbeginn ihres Denkens, zu ergründen. In der Natur ist das Ziel, seit Beginn der Entstehung, ein stetiges Gebären und Sterben, ein Kommen und Gehen. Ein Vorgang, der im gesamten Universum zu beobachten ist. Aber was dahinter steckt, kann ich darin nicht sehen.“

In meinen Gehirnspeichern kombiniere ich, dass die Menschen eine kollektive Bedeutung des Lebens entwickelt haben. Seit der Entstehung des ersten Gedankens wird alles Denken weitergegeben. Es wird gesammelt, archiviert und in den vielen Generationen immer wieder analysiert. Grundlage dieses Tuns ist die Frage nach dem Sinn des Lebens. Ich ziehe mich zurück.“

ES versank in tiefe Meditation. Erstmals stand ES vor einer Aufgabenstellung, die zu lösen, eine der Aufgaben war, die Heins Manipulation am genetischen Code rechtfertigte.

*

KYRA

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