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Kapitel 16 Hein

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Gefühle waren etwas Wunderbares - etwas, was bisher jenseits meiner Vorstellungskraft lag, wie ich feststellte.

Bevor ich den Kontakt zu Martin herstellte, war ich durch viele dunkle Korridore und Zimmer des menschlichen Gehirns geirrt. Niemand hatte mich darauf vorbereitet. Viele aufeinandergeschichtete Lagen vergrößerten die Oberfläche und somit die Wege. Nichts war gleich, jeder Schritt nach vorne brachte andere Eindrücke.

Als ich endlich nach vielen Irrwegen den ersten Gedanken in Martins Gehirn einpflanzen konnte und wollte, wurde ich gnadenlos hinauskatapultiert.

In einer ersten Analyse stellte ich fest, dass ich einer einfachen chemischen Reaktion unterlegen war. Die plötzliche Erregung Martins verursachte eine kurzfristige elektrische Spannungsänderung. Zunächst nahm die Spannung ab, um dann, in einer Umkehrung der Polung, durch den Körper zu schießen. Es gelang mir nicht das Potenzial der Veränderung auszugleichen – und, schon war ich draußen.

Nach einigen Versuchen fand ich mich in Martins Gedankenstrom wieder. Und damit in der latenten Abwehr des Menschen, auf mein Eindringen.

Am Rande meiner Wahrnehmung sah ich, wie der Stein sich veränderte. Seine, für mich sichtbare, intensive weiße Strahlung wurde an den Rändern konturscharf. Das Licht komprimierte nach innen. Der gleichen Veränderung unterlag Martin. Die Kontur seiner körpereigenen Ausstrahlung verfestigte sich ebenso, wie die Strahlung des Steines. Beide Auren überlagerten deckungsgleich und verschmolzen. Interessiert registrierte ich den Vorgang und nahm mir vor, später eine tiefere Analyse vorzunehmen.

Martin hatte die Frau in die Hütte gebracht – mein Interesse galt jedoch ihm und dem Stein -, der weibliche Mensch interessierte mich nicht.

Wie üblich versuchte ich, Kontakt aufzunehmen. Jedoch, bevor ich Verbindung aufnehmen konnte, reichte Martin den Stein an die Frau weiter. Sie wünschte sich, mit äußerster Konzentration auf den Kiesel, einen Kontakt mit mir herzustellen. Aber, das war unmöglich. Ihre Schwingung lief neben der des Steines.

Im weiteren Verlauf beobachtete ich dann die Paarungsvorbereitungen der beiden. Gebannt bemerkte ich den Aufbau von außergewöhnlichem Spannungsvolumen. Im Großhirn Martins sammelten sich alle Sinneseindrücke, die, von der Frau ausgesandt wurden. Die Augen, der Körper, die Hände, der Geruchssinn und alle anderen Sensoren, die zur Verfügung standen, wurden Aufnahmepotenziale der Lust. Der Blutdruck veränderte sich und drückte den Lebenssaft aus allen Körperregionen in den Unterleib. Nur ein kleiner Teil des Gehirns zeigte Aktivität. Der animalische Fortpflanzungstrieb war übermächtig und schaltete alles andere ab. Die Gehirnwindungen lagen inaktiv und offen vor mir.

Das war die Gelegenheit.

Gedankenschnell, dennoch vorsichtig genug, um nicht von dem Sexualsog erfasst zu werden, tauchte ich in Martins Gehirn. Wiederum war ich von der Größe der Speicherkapazität fasziniert. Milliarden Eindrücke und Nachrichten umgaben mich. Energieleitungen kreuzten in endloser Anzahl und Länge durch die Substanz, in der ich mich körperlos befand. Eine nicht feststellbare Anzahl von Knotenpunkten verband den Strom der Elektrizität und leitete ihn in die hintersten Winkel. Wie eine riesige Pumpenanlage vibrierte der Bluttransport vom Herzen zum Gehirn und durch den Körper. Es stiegen feine Sauerstoffbläschen aus dem Lebenssaft und wurden gierig als Katalysator und Nahrung für die Gedankenaktivität aufgenommen.

Überrascht und fasziniert von der Fülle der Speicher und einer scheinbar chaotischen Anordnung, hielt ich mal hier und dann wieder dort inne.

Ich konnte es kaum fassen, dass der überwiegende Teil des Hirns nicht nur inaktiv war, sondern augenscheinlich nicht genutzt wurde, aber dennoch voller Funktionen vor mir lag. Funktionen und Möglichkeiten, die, die gesamte Breite des Universums widerspiegelten. In diesen 1300 Gramm Substanz lagen alle Mittel des Absoluten.

Aber, es kam, wie es kommen musste. Jeder Möglichkeit beraubt eine Gegenwehr aufzubauen, wurde ich von dem Sog erfasst und taumelte haltlos durch Empfindungen und Urinstinkte des Menschen. Unachtsam hatte ich eine Barriere durchschritten, anstatt sie zu umgehen. Ich war im Spannungsungleichgewicht des Körpers gefangen und raste durch die Nervenbahnen des Menschen Martin. Die geballte Gefühlsvielfalt brach über mich ein und zog mich mit.

Verzweifelt versuchte ich, den Vorgang analytisch zu beleuchten. Durch den Stein und die Abstimmung der Schwingungen war ich identisch mit Martin. Es war mir unmöglich der Gefühlswelt zu entkommen. Ergeben gab ich nach und ließ mich treiben. Wilde und sanfte Empfindungen überschwemmten mich. Ich nahm den Trieb des Mannes und auch der Frau in mich auf, absorbierte Gefühle, die mir vollkommen unbekannt waren. Das war Leben. Glück, Freude, Trauer und viele andere Empfindungen. Alles nebeneinander und doch wieder ineinander verwoben.

Mit der Aufgabe meiner Gegenwehr bekam ich auch wieder Distanz, die es mir ermöglichte, zu beobachten.

Ich nahm auf, wie alle Kraft beider Geister auf die Vollendung der Vereinigung zur Sicherung des Fortbestandes der Gattung ausgerichtet war. Raum und Zeit standen still. Beide waren ein Körper – eine Einheit.

Der Stillstand der Zeit ermöglichte Verbindungen der Vergangenheit mit der Zukunft und der Gegenwart. Die Gene der Steinzeit vermischten sich mit denen der Generationen Martins und den zukünftigen Nachkommen. Ich konnte den Strang der Veränderungen von Jahrtausenden verfolgen und die künftigen sehen. Die Evolutionsschritte öffneten sich mir, in ihrem langsamen, doch in der Natur schnellen Lauf. Hier sah ich die Möglichkeit, die vielleicht nie mehr wiederkam. Aus Genketten der Zukunft nahm ich Informationen und brachte sie als Veränderung in die Spermen des Mannes ein. Durch elektrisch chemische Impulse verursachte ich Evolutionssprünge. Die Nachkommen Martins sollten alle Impulse der Evolution in sich vereinen.

Vorsichtig gab ich mich dem biologischen Veränderungsprozess hin. Ständig warnender Puls der Aura des Steines, signalisierte gnadenlose Überwachung. Gegen diese Veränderungen schien der Stein jedoch, keine Einwendungen haben.

Mit dem Abschluss meiner Modifikation der Gene wurde ich brutal aus dem Kontakt geworfen.

Außerhalb der Bewusstseinsebene des Menschen wurde ich wieder zum Beobachter und sah die beiden schwitzenden Leiber des Mannes und der Frau ineinander verschlungen, in den Zuckungen eines abklingenden Orgasmus.

*

KYRA

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