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3.2. Die Ausdifferenzierung des Niederländischen innerhalb des Germanischen
ОглавлениеAus historisch-ethnografischen Zeugnissen ist zu folgern, dass die Germanen zu Anfang der Zeitrechnung keine geschlossene Einheit bildeten (siehe 2.1.), was die Ausdifferenzierung einzelner Sprachen innerhalb des Germanischen während des ersten Millenniums n.Chr. wohl mit erklärt. Nach der frühen Herausbildung des Gotischen vor dem 4. Jh. (siehe 2.2.2.) erfolgte im frühen Mittelalter die Ausdifferenzierung weiterer Sprachen innerhalb des Germanischen, die dann zur Entstehung der modernen germanischen Sprachen führen sollte. Es sind dies in der Reihenfolge der zwischen Klammern angeführten ablaufenden, grob eingeschätzten Zahlen ihrer Muttersprachler Englisch (340 Millionen), Deutsch (100 Millionen), Niederländisch (24 Millionen), Schwedisch (9 Millionen), Afrikaans (6 Millionen), Dänisch (5,5 Millionen), Norwegisch (Bokmål und Nynorsk 5 Millionen), Friesisch (720.000), Isländisch (300.000) und Färöisch (44.000 – in der Heimat). Die historischen Zusammenhänge (siehe auch 2.2.2.) lassen sich schematisch wie unten darstellen:
Die nächsten Abschnitte handeln von den Anfängen des Niederländischen und seiner Verbreitung. Als wesentlich für eine Darstellung des entstehenden Niederländischen sind neben den sprachimmanenten Entwicklungen, die dem Niederländischen seine Eigenart verliehen (vgl. 3.2.1.), auch äussere Grössen des Niederländischen (vgl. 1.1.2.) zu erwähnen, so den offensichtlichen Bedarf an niederländischen Übersetzungen in frühesten Zeiten, aber auch die Übersetzungsarbeit an sich. Übersetzungen wie die Utrechtse doopbelofte, die Wachtendonckse Psalmen, der Leidener Williram oder die Middelfrankische Rijmbijbel belegen, dass im letzten Viertel des ersten Millenniums im Deltagebiet eine Schreibkultur in der Volkssprache entstanden war, zudem zeugen sie von einem Bedarf an Übersetzungen in die Muttersprache. Dass die Glossen des bayrischen Abtes Williram in das Altniederländische übersetzt wurden, macht zudem klar, dass das Hochdeutsche der Vorlage derart von der Sprache Hollands abwich, dass eine Übersetzung ins Altniederländische ähnlich wie bei lateinischen Vorlagen offenbar nötig war. Der Leidener Williram liefert in diesem Sinne ein frühes Indiz für das Bewusstsein des Bestehens einer Muttersprache, heute Altniederländisch genannt, die sich von benachbarten Sprachen abhob und eine eigene Verschriftung verlangte.
Zuerst werden im Folgenden sprachliche Entwicklungen aufgezählt, die man aus heutiger Sicht als kennzeichnend für das entstehende Niederländische einzustufen hat. Danach steht die Verbreitung des frühesten Niederländischen zur Diskussion. Schliesslich werden altniederländische Quellen und die Anwendungsbereiche des Altniederländischen näher erörtert.