Читать книгу Handbuch Niederländisch - Jelle Stegeman - Страница 60
3.4.2. Syntax und Morphologie
ОглавлениеWahrscheinlich entwickelten sich im Zeitalter der Ausdifferenzierung von germanischen Sprachen wie das Niederländische, das Friesische, das Englische oder das Deutsche Wortfolge-Muster mit spezifischen syntaktischen und morphologischen Merkmalen. Sie werden im Weiteren aus pragmatischen Gründen in Strukturen nominaler beziehungsweise verbaler Gruppen unterteilt.
Indem Glossen wie die Wachtendonckse Psalmen aus fast wortwörtlichen Übersetzungen einer lateinischen Vorlage bestehen, eignen sie sich nur mit Einschränkungen für eine Beschreibung grammatischer Merkmale des frühesten Niederländischen. So ist zu vermuten, dass die Wortfolge dieser altniederländischen Texte in der Regel jene des Ausgangstextes widerspiegelt. Bezeichnenderweise entspricht die Wortfolge Syon berg heilenen in Ik gunnisso gesazt bin kuingnan himo uuer Syon berg heilenen (‚Ich bin jedoch als König über Sion eingesetzt, seinen heiligen Berg‘ WPS fa, 2, 6) dem Vulgata-Text Syon montem sanctum. Ebenso dürfte der Übersetzer in fan hoon himili vgl. Mendida also wrisil te loupom weh, fan hoon himili utgant sin (‚Er freute sich wie ein Held sich auf den Weg zu machen, vom hohen Himmel ging er weg‘ WPS 18, 6) die lateinische Wortfolge übernommen haben, die der Vulgata-Text aufweist in a summo coelo egressio eius, auch wenn die Übersetzung der geläufigen Wortfolge anderer altniederländischer Texte zu entsprechen scheint.
Trotzdem lassen sich in den ältesten Quellen syntaktische und morphologische Merkmale als bezeichnend für das Niederländische einstufen, insbesondere auch wenn der Übersetzer offensichtlich von der Vorlage abgewichen ist. So hat der Verfasser der Wachtendonckse Glossen im Unterschied zur Vorlage Subjektpronomina eingefügt (vgl. 3.4.2.5.), wie bereits De Smet gezeigt hat. Jüngere altniederländische Texte wie der Leidener Williram enthalten Strukturen nominaler und verbaler Gruppen, welche die Merkmale des Altniederländischen wohl zuverlässiger wiedergeben.
Beschreibungen des Altniederländischen verlangen als Darstellungen einer sprachlichen Phase des Niederländischen Verallgemeinerungen, die in der Regel der altniederländischen Schreibpraxis nur zum Teil gerecht werden. Paradigmen, die im Weiteren Daten zu Deklination und Konjugation schematisch wiedergeben, sind somit höchstens als allgemeine Zusammenfassungen zu verstehen, welche die Eigenarten vereinzelter Textstellen ausser Acht lassen. So ist beispielsweise in der Beschreibung der schwachen und starken Flexion des Adjektivs eine Form wie michol (‚gross‘) im Akk. fem. an Stelle des zu erwartenden michola im Satz Thu lithest alliz ana michol arbeid (‚Du erleidest schwere Bürden‘ LWR 120, 3) ebenso wenig zu finden wie die Form heligemo (‚heilig‘) als stark flektiertes Adjektiv Mask. Sing. im Satz in gehorda her mih fan berge heligemo sinimo (‚und er hat auf mich gehört von seinem heiligen Berg‘ WPS fa, 3, 4).
Im Folgenden werden Genus, Kasus und Numerus in Zusammenhang mit Strukturen nominaler Gruppen, Tempus und Modus in Zusammenhang mit Strukturen verbaler Gruppen erörtert. Diese Gliederung, die in diesem Rahmen theoretisch nicht näher begründet wird, dient hier lediglich einer praktischen Einteilung der zu besprechenden grammatikalischen Daten.