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|28|IV. Unvereinbarkeit der Ausgestaltung des Einsatzes der Scannertechnologie als Eigensicherung durch den Flughafenbetreiber mit einem hoheitlichen Charakter der Kontrollmaßnahme

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In Betracht kommt eine Verletzung von Art. 33 Abs. 4 GG als grundrechtsgleiches Recht gemäß § 90 Abs. 1 BVerfGG.

Eine Beleihung darf nur durch oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen. Der Gesetzesvorbehalt betrifft nicht nur das „Ob“ einer Beleihung, sondern umfasst auch deren wesentliche Modalitäten. Art. 33 Abs. 4 GG begründet somit einen sog. Funktionsvorbehalt. Die Wahrnehmung bestimmter hoheitlicher Aufgaben soll „in der Regel“ Personen vorbehalten sein, die Beamte sind, um die Neutralität und Unparteilichkeit bei der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zu gewährleisten. Die inhaltlichen Anforderungen an eine Übertragung auf Private bemessen sich nach dem Entscheidungsgehalt des aufgetragenen Handelns und damit nach der Bedeutung der übertragenen Aufgabe. Je höher also die grundrechtliche Relevanz des amtlichen Handelns ist, umso sorgfältiger muss überprüft werden, ob eine Übertragung auf Private möglich erscheint.

Vom Grundsatz her gebietet Art. 33 Abs. 4 GG eine exklusive staatliche Wahrnehmung für diejenigen hoheitlichen Befugnisse der Eingriffsverwaltung, die mit intensiven Eingriffen in grundrechtliche Schutzbereiche verbunden sind.

Gutachterlich ist eine Auseinandersetzung mit den im Sachverhalt aufgeführten Kritikpunkten erforderlich. Im Ergebnis wird ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 4 GG wohl zu verneinen sein. Die im Luftsicherheitsgesetz vorgesehenen Aufgaben und Befugnisse beim Betrieb der Körperscanner lassen sich noch als Ausnahmen vom Grundsatz des Funktionsvorbehalts einordnen. Solche Ausnahmen sieht Art. 33 Abs. 4 GG selbst durch die Verwendung der Worte „in der Regel“ vor. Der bloße fiskalische Gesichtspunkt, dass eine Aufgabenwahrnehmung durch Private den öffentlichen Haushalt entlasten würde, dürfte nicht ausreichend sein. Ein tragfähiger Sachgesichtspunkt ist jedoch der Routinecharakter des Einsatzes von Körperscannern, der sich auf alle Kontrollfälle erstreckt, nicht nur auf diejenigen, in denen keine am Körper versteckten Gegenstände entdeckt werden. Mit dem Routinecharakter argumentiert auch die Rechtsprechung des BVerwG hinsichtlich der im Luftsicherheitsgesetz vorgesehenen Eigensicherungsmaßnahmen. Hiernach hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum in der Frage, ob er Routineuntersuchungen dem Bereich der staatlichen Gefahrenabwehr oder dem Bereich der Eigensicherung durch Flughafenbetreiber zuordnet.

Die Beleihung Privater darf jedoch nicht zu einer Flucht aus der staatlichen Verantwortung führen. Die Einschätzung des Gesetzgebers, dass dieser Verantwortung unter den gesetzten Rahmenbedingungen ausreichend Rechnung getragen ist, muss sich in der Realität bewahrheiten. Die staatliche Gewährleistungsverantwortung für die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung schließt daher eine entsprechende Beobachtungspflicht ein (BVerfG, Urteil vom 18.01.2012, 2 BvR 133/10).

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