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4. Erkundigungspflichten des Steuerpflichtigen

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Die strafrechtliche Rspr. stellt teilweise hohe Anforderungen an Steuerpflichtige, insb. Geschäftsleiter, was ihre Erkundigungspflichten bzgl. der ihnen obliegenden steuerlichen Pflichten betrifft. Jeder Steuerpflichtige habe sich über diejenigen steuerlichen Pflichten zu unterrichten, die ihn im Rahmen seines Lebenskreises treffen.[698] Erfüllt er diese Erkundigungspflichten nicht, wird daraus auf Leichtfertigkeit geschlossen,[699] wenn nicht sogar auf (bedingt) vorsätzliches Handeln, sofern darin die Gleichgültigkeit des Steuerpflichtigen gegenüber solchen Pflichten gesehen wird.[700] Die Erkundigungspflichten treffen den Steuerpflichtigen in besonderem Maße in Bezug auf die steuerrechtlichen Pflichten, die aus der Ausübung eines Gewerbes oder einer freiberuflichen Tätigkeit erwachsen. Bei einem Kaufmann werden deshalb jedenfalls bei Rechtsgeschäften, die zu seiner kaufmännischen Tätigkeit gehören, höhere Anforderungen an die Erkundigungspflichten gestellt als bei anderen Steuerpflichtigen. In Zweifelsfällen hat er von sachkundiger Seite Rat einzuholen.[701]

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Fraglich ist unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung, wie weit z.B. die Pflichten eines Finanzvorstandes einer größeren Aktiengesellschaft oder eines Konzerns gehen, der, wenn er realistisch ist, allein aufgrund der Vielzahl der steuerlichen Vorgänge im Unternehmen immer davon ausgehen muss, dass die für das Unternehmen abgegebenen Steuererklärungen Fehler enthalten. Ausgehend von der Definition des bedingten Vorsatzes, wonach er die Tatbestandsverwirklichung ernsthaft für möglichhalten[702] und sich damit um des erstrebten Zieles willen (z.B. der rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärung) wenigstens abfinden muss, könnte man auf die Idee kommen, Vorsatz zu bejahen, selbst wenn er keine Kenntnis von konkreten Fehlern der Erklärung hat. Damit würde jedoch sowohl das Wissens- als auch das Wollenselement des Vorsatzes überspannt werden. Das gilt hinsichtlich des Wissenselements, solange der Finanzvorstand keine konkreten Anhaltspunkte für falsche Angaben in der Erklärung hat,[703] weil er die Fehlerhaftigkeit der Erklärung dann noch nicht „ernsthaft“ als möglich erachtet. Außerdem handelt er nicht willentlich, wenn er mit der als möglich erkannten Folge der Steuerverkürzung nicht einverstanden ist sondern auf ihren Nichteintritt vertraut, was für vorsätzliches Handeln nicht genügt.[704] Dass er sich mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet, könnte ihm nur dann unterstellt werden, wenn die Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt, dass er nicht das von ihm zu Erwartende unternommen hat, um die Fehlerhaftigkeit der Erklärung zu vermeiden. Praktisch ist es dem Finanzvorstand aber nicht möglich und ist er auch nicht dazu verpflichtet, jeden Geschäftsvorfall selbst daraufhin zu überprüfen, ob und ggf. inwieweit er steuerlich erheblich ist. Er darf dazu Aufgaben delegieren und muss dann nur noch die ordentliche Auswahl und Überwachung der beauftragten Mitarbeiter verantworten,[705] was insb. durch die Einführung einer funktionierenden „Tax-Compliance“ sicher gestellt werden kann.[706] Entscheidend ist, dass eine regelmäßige Prüfung stattfindet und dabei auffallende Fehler beseitigt werden.

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