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2. Gefährdung der Beschränkungszwecke
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Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung nach Abs 1 S 1 ist, dass keine oder nur unwesentliche Gefährdungen des Beschränkungszwecks zu erwarten sind. Auf den ersten Blick scheint es nahezuliegen, zum Zwecke der Auslegung auf den Gefahrenbegriff des Polizei- und Ordnungsrechts zurückzugreifen.[11] Nach dem Gefahrenbegriff des Polizeirechts liegt eine Gefahr vor, wenn aus der ex-ante-Perspektive eines „besonnenen“ Beamten bei ungehindertem Geschehensablauf eine Schädigung bzgl des Schutzgutes in absehbarer Zukunft hinreichend wahrscheinlich erscheint.[12] Eine Übertragung dieser Definition auf das Außenwirtschaftsrecht ist im Ergebnis allerdings abzulehnen.[13] Zum einen ist der zeitliche Zusammenhang stets ein anderer: Die Genehmigungserteilung selbst ist von der möglichen Störung des Schutzgutes noch recht weit entfernt, sodass das hergebrachte Verständnis der hinreichenden Störungswahrscheinlichkeit überstrapaziert wäre. Zum anderen gilt es im Außenwirtschaftsrecht regelmäßig vielschichtigere Situationen zu bewerten als im Bereich des klassischen Polizeirechts. So sind insbesondere bei Fragen der Tangierung des friedlichen Zusammenlebens der Völker und der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschlands oftmals sehr komplexe Gemengelagen mit einer Vielzahl von zu berücksichtigenden Interessen, Personen und Entwicklungen vorzufinden.[14] Eine auf prognostizierter Kausalität und Wahrscheinlichkeiten basierende Betrachtung scheint daher wenig geeignet, um das außenwirtschaftsrechtliche Gefahrenverständnis auszufüllen.[15] Stattdessen sollte die Gefährdung hier als Abwägungsentscheidung – in deren Rahmen alle relevanten Faktoren zu berücksichtigen, zu bewerten und in ein angemessenes Verhältnis zu setzen sind – verstanden werden.
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Angesichts der Vielschichtigkeit und Komplexität der zu beachtenden Interessen wird der entscheidenden Behörde überwiegend eine weite Einschätzungsprärogative bzw ein Beurteilungsspielraum zugebilligt.[16] Um die Abwägungs- und Prognoseentscheidung fehlerfrei treffen zu können, muss die Behörde stets nach § 24 Abs 1 S 1 VwVfG den Sachverhalt zutreffend ermitteln. Bei der Ermittlung hat der Antragsteller nach § 26 Abs 2 S 1, 3 VwVfG mitzuwirken. Der Antragsteller ist zudem nach § 23 zur Auskunft verpflichtet. Der Antragsteller sollte daher bereits iRd Beantragung der Genehmigung bei der zuständigen Behörde alle relevanten Tatsachen darlegen und Beweismittel vorbringen. Ob die Behörde den Sachverhalt zutreffend festgestellt und die Rechtsbegriffe korrekt ausgelegt hat, können Gerichte aber stets umfassend entscheiden (siehe auch Art 12 Dual-Use-VO Rn 4 f). Das Dogma des Beurteilungsspielraums darf nicht unbotmäßig instrumentalisiert werden, um entgegen dem verfassungsrechtlichen Rechtsschutzanspruch gerichtsfreie Räume zu konstruieren.