Читать книгу Pfandleiherverordnung - Jürgen Damrau - Страница 38
3.Darlehensaufnahmen als Einlagen i. S. d. KWG § 1 Abs. 1 Nr. 1
Оглавление27Eine Darlehensaufnahme unterfällt ferner dann nicht dem § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG, wenn die Annahme des fremden Geldes keine Einlage i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG ist. Um den Begriff der Einlage herrscht seit geraumer Zeit Streit. Es handelt sich um einen wirtschaftlichen Begriff, der freilich von den Gerichten ausgelegt werden muss. Die Auslegung muss sich am Zweck des Gesetzes orientieren. Dieser besteht darin, das Publikum vor Verlusten bei der Anlage seiner Mittel zu bewahren.55 Dieses Erfordernis erfüllen die Pfandleihbetriebe in aller Regel, weil sie das Geld nur gegen Bestellung von Faustpfändern ausleihen, sodass das ausgeliehene Geld zwar nicht banküblich, deshalb aber nicht schlechter gesichert ist.
28a) Bisheriger Einlagenbegriff. Unter Berücksichtigung dieses Hintergrundes wird der Begriff der Einlage sinngemäß durch das BVerwG, dem sich der BGH angeschlossen hat,56 wie folgt definiert: Einlagen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 KWG sind fremde Gelder, die jemand von mehreren Geldgebern, die keine Kreditinstitute i. S. d. § 1 Abs. 1 KWG sind, zur unregelmäßigen Verwahrung, als Darlehen oder in ähnlicher Weise ohne Bestellung banküblicher Sicherheiten und ohne schriftliche Vereinbarung im Einzelfall laufend zur Finanzierung des auf Gewinnerzielung gerichteten Aktivgeschäftes entgegennimmt.57 Über diese Definition hinaus ist zu berücksichtigen, dass das BVerwG58 darauf hingewiesen hat, dass es sich bankwirtschaftlich um eine kontinuierliche Ansammlung liquiden Kapitals handeln muss, denn jede übliche Bank nimmt dauernd Gelder ihrer Kunden entgegen, nicht nur zeitweise. Nach alledem kommt es also darauf an, wie viele Geldgeber der Pfandleiher findet: sind es nur einige wenige Darlehensgeber, so handelt es sich um kein Einlagengeschäft, sind es indes mehrere Darlehensgeber, dann schon unterfällt der Pfandleiher dem KWG, weil er als Kreditinstitut (§ 2 Abs. 3 KWG) zu behandeln ist. Es kommt ferner darauf an, ob der Pfandleiher dauernd neue Darlehen aufnimmt, z. B. wenn er eines zurückzahlt und sogleich ein neues Darlehen aufnimmt. Nur wenn er wenige Darlehensgeber hat und nicht häufiger neue Darlehen aufnimmt, ist er kein Kreditinstitut, weil es sich um kein Einlagengeschäft i. S. d. ersten Alt. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG handelt.
29b) Einlagengeschäft und Annahme anderer Gelder des Publikums. Durch die 6. KWG-Novelle ist neben den alten Begriff der „Einlage“ ein neuer Begriff getreten: die „Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer rückzahlbarer Gelder des Publikums, sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird, …“. Unstreitig dient der Neubegriff als Auffangtatbestand.59 Mit dieser Erweiterung des Begriffs „Einlage“ erfüllt der Gesetzgeber die erste Richtlinie des Rates der EG v. 12.12.1977 mit Änderungen (Abl. Nr. 183 v. 16.7.1985 S. 19). Dort heißt es in Titel 1 Art. 1 „Kreditinstitut: ein Unternehmen, dessen Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren.“ Der auf breitere Basis gestellte Begriff des Einlagengeschäftes soll gerade der in diesem Bereich bis dahin sehr restriktiven Auslegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung entgegenwirken.60 Die Entgegennahme von Darlehen seitens des Pfandleihers erfüllt den Begriff: „rückzahlbarer Gelder“. Nur der Begriff des „Publikum“ ist in diesem Zusammenhang der Auslegung fähig, aber auch auslegungsbedürftig. Der Begriff Publikum wurde gewählt, um nicht die Hereinnahme von rückzahlbaren Geldern von verbundenen Unternehmen als Einlagengeschäft qualifizieren zu müssen; innerhalb eines Konzerns sollte damit die Gelderannahme erlaubnisfrei sein. Weiter war bezweckt, die Annahme rückzahlbarer Gelder von Seiten der Kreditinstitute nicht als Einlage betrachten zu müssen. Geht man über diese Abgrenzung hinaus, so ist der Begriff „Publikum“ i. S. v. „Jedermann“ zu verstehen. Solange der Pfandleiher die Darlehensgeber nicht aus einem bestimmten Kreis auswählt, nimmt er von „Jedermann aus dem Publikum“ Geld aufgrund einer Darlehensgewährung entgegen. Dann erfüllt seine Tätigkeit den Begriff des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG. Der Pfandleiher ist dann Kreditinstitut und braucht zu dessen Betrieb eine Erlaubnis.
30c) Verwaltungspraxis. Das Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht bejahte in lang dauernder Verwaltungspraxis61 das Erfordernis eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs: Bei einem Bestand von mehr als 25 angenommenen Einlagen oder einem Gesamtvolumen von über 12.500,– Euro, das sich aus der Summe aller angenommenen und noch nicht restlos zurückgezahlten Einlagen ergibt. Die Summe von 12.500,– Euro darf nur überschritten werden, wenn sich das Gesamtvolumen aus weniger als sechs einzelnen Einlagen zusammensetzt.