Читать книгу Umgang mit Zwangsmaßnahmen - Judith Scherr - Страница 82
3.8.4 Der einwilligungsunfähige Patient
ОглавлениеAttestiert der behandelnde Arzt dem Patienten eine Einwilligungsunfähigkeit, so ist die Einwilligung eines hierzu Berechtigten einzuholen (§ 630d Abs. 1 S. 2 BGB). Für die Praxis folgt daraus, dass die ärztliche Bewertung der Einwilligung der erste Schritt ist. Je nachdem, wie sie ausfällt, muss in das Procedere, um eine gesetzliche Rechtfertigung für die geplante Maßnahme herstellen zu können, eingestiegen werden.
In medizinischen Eilfällen, in denen die Einwilligung eines Berechtigten aus Zeitgründen nicht abgewartet werden kann, ist der mutmaßliche Wille des Patienten entscheidend. Eine solche Notlage liegt beispielsweise bei bewusstlosen oder Notfallpatienten mit vitaler Indikation oder bei nicht vorhersehbarer, notwendiger Eingriffserweiterung vor. Der mutmaßliche Wille richtet sich nach dem individuellen, hypothetischen Willen des Patienten. Grundsätzlich ist von einem verständigen Patienten auszugehen (Palandt 2020, § 630d, Rn. 4). Die Konstellationen sind häufig ähnlich oder zum Teil identisch zu jenen, welche einer Rechtfertigung durch Notwehr oder Notstand zu Grund liegen.