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Fallbeispiel: Verzicht auf die Genehmigung des Betreuungsgerichts durch eine Vorsorgevollmacht? (angelehnt an BGH, Urt. v. 27.06.2012, Az.: XII ZB 24/12 NJW-RR 2012. 1281 und BVerfG, Beschl .v. 10.06.2015, Az.: 2 BvR 1967/12, NJW-RR 2016, 193)

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Frau B erteilte ihrem Sohn eine notarielle Vorsorgevollmacht mit folgendem Wortlaut:

»Mein Sohn ist bevollmächtigt, mich, soweit gesetzlich zulässig, in allen persönlichen Angelegenheiten, auch soweit sie meine Gesundheit betreffen, sowie in allen sonstigen Rechtsangelegenheiten in jeder denkbaren Hinsicht zu vertreten und Entscheidungen für mich und an meiner Stelle ohne Einschaltung des Betreuungsgerichts zu treffen und diese auszuführen bzw. zu vollziehen (General- und Vorsorgevollmacht).«

Nunmehr soll zum Schutz von Frau B jede Nacht ein Bettgitter angebracht werden.

Hat Frau B durch die Bevollmächtigung ihres Sohnes auf die Genehmigung der Zwangsmaßnahme durch das Betreuungsgericht verzichtet? Kann überhaupt durch eine Bevollmächtigung auf die Genehmigungspflicht einer Zwangsmaßnahme vorgreifend verzichtet werden? Reicht die Vollmacht aus und genügt somit die Einwilligung des Sohns? Oder ist – trotz Vollmacht – das Betreuungsgericht anzurufen?

Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 27.06.2012 (Az.: XII ZB 24/12) mit diesen Fragen auseinandergesetzt und vertritt folgenden Lösungsansatz:

• Die Einwilligung in freiheitsentziehende Maßnahmen ist durch einen Bevollmächtigten grundsätzlich zulässig.

• Die Maßnahme ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig.

• Auf die Überprüfung der Maßnahme durch das Betreuungsgericht kann nicht im Vorfeld verzichtet werden.

Eine Vorsorgevollmacht soll helfen, in völliger geistiger Klarheit über das künftige Wohl und Wehe entscheiden zu können. Dennoch sollen solche einschneidenden Maßnahmen – wie ein Bettgitter – durch das Betreuungsgericht kontrolliert werden.

Das Betreuungsgericht prüft in dem Beispielsfall, ob

• die Vorsorgevollmacht rechtswirksam erteilt worden ist und

• sie auch die Einwilligung in freiheitsentziehende Maßnahmen umfasst und

• nicht zwischenzeitlich widerrufen worden ist und

• ob eine Situation vorliegt, welche die freiheitsentziehende Maßnahme gesetzlich rechtfertigt.

Das Betreuungsgericht überprüft also nicht die Entscheidung über die freiheitsentziehende Maßnahme, sondern nur, ob sich das Handeln des Bevollmächtigten im Rahmen der Vorsorgevollmacht bewegt. Diese Kontrolle dient der Sicherung des Willens des Betroffenen.

Umgang mit Zwangsmaßnahmen

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