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a) Kompetenzkonflikte

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Wenngleich der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die Verfassungskontrolle eine Monopolstellung einnimmt, ist er jedoch natürlich nicht das einzige Gericht, das die Verfassung auslegt. Im Gegenteil: Die ordentlichen Gerichte und auch die Verwaltungsgerichte kommen gar nicht umhin, bei der Ausübung ihrer richterlichen Tätigkeiten die Verfassung zu interpretieren.[284] Ein solcher Zustand ist einer einheitlichen Auslegung der Grundrechte nicht förderlich. Es kann vorkommen, dass der Kassationshof mit einer bestimmten Auslegungsmethode zu einer anderen Auslegung einer Bestimmung der Verfassung gelangt als der Verfassungsgerichtshof. So hat Patricia Popelier mit Bezug auf die Grundrechte darauf hingewiesen, dass der Verfassungsgerichtshof sich eher auf eine systematische Auslegungsmethode stützt, während der Kassationshof Verfassungsbestimmungen eher wörtlich auslegt.[285] Allerdings ist zugleich festzustellen, dass die gemeinsame Ausrichtung des Verfassungsgerichtshofes, des Kassationshofes und des Staatsrates auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu einer gewissen Vereinheitlichung der Rechtsprechung, zumindest in Bezug auf die Grundrechte, beiträgt.[286]

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Hinsichtlich der eigentlichen Kompetenzkonflikte scheint die Aufgabenaufteilung zwischen den verschiedenen rechtsprechenden Ordnungen klar.[287] So „verfügt der Gerichtshof über ein Monopol, um die Übereinstimmung der Gesetzesnormen[[288]] mit der Verfassung zu prüfen;[[289]] (…) legt ein Rechtsprechungsorgan die Verfassung aus, muss es der Auslegung des Gerichtshofes Vorrang einräumen; (…) die auf Nichtigkeitsklagen erlassenen Nichtigkeitsentscheide des Gerichtshofes haben absolute Rechtskraft (…) und seine Ablehnungsentscheide sind für die Gerichte im Hinblick auf die entschiedenen Rechtsfragen verbindlich; (…) die auf eine präjudizielle Frage ergangenen Urteile haben eine relative, aber verstärkte Rechtskraft“.[290] Wenn in den Anfangsjahren noch Zweifel bestanden, ob der ordentliche Richter oder der Verfassungsgerichtshof für die Kontrolle der Konformität der Gesetzesnormen anhand von sowohl verfassungsrechtlich als auch völkerrechtlich garantierten Grundrechten zuständig ist, so wurde dieser Unsicherheit durch die Einführung von § 4 in Art. 26 SGVerfGH im Jahr 2009 ein Ende gesetzt.[291] Seither ist der ordentliche Richter, einschließlich des Kassationshofes, verpflichtet, dem Verfassungsgerichtshof eine präjudizielle Frage zu stellen, wenn eine Partei die Gültigkeit einer Gesetzesnorm anficht mit der Begründung, sie verstoße gegen ein verfassungs- und völkerrechtlich garantiertes Individualrecht.[292] Diese Verpflichtung tritt nur dann nicht ein, wenn der ordentliche Richter feststellt, dass offensichtlich nicht gegen die Verfassung verstoßen wurde[293] oder sonstige Bedingungen von Art. 26 § 4 Abs. 2 SGVerfGH vorliegen. In diesem Fall reicht die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit durch den ordentlichen Richter.[294]

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